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Recherchereise nach Ruanda

Die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen besuchte vom 10. bis 18. August 2018 mit einer Gruppe von acht Journalistinnen und Journalisten die Republik Ruanda. Im Zentrum stand dabei die wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung des ostafrikanischen Landes.

In der Hauptstadt Kigali wird in großem Stil gebaut. (Foto: Jan Jessen)

Für die Vereinten Nationen ist Ruanda ein besonderer Partner. Der Völkermord der Hutu an den Tutsi hat das Land und seine Gesellschaft nachhaltig traumatisiert und geprägt. Etwa eine Million Menschen starben, die Infrastruktur wurde fast vollständig zerstört. Vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht hat sich der ostafrikanische Staat in den letzten 24 Jahren jedoch schnell erholt.  Vielfach ist im internationalen Kontext vom Musterbeispiel und der Erfolgsgeschichte Ruandas die Rede.

Die Vereinten Nationen haben den Wiederaufbauprozess des Landes aktiv unterstützt und fördern in enger Zusammenarbeit mit der Regierung ein Wirtschaftswachstum, das Armut reduziert, umweltverträglich und inklusiv ist. Gleichwohl bleibt das historische Versagen in der internationalen Gemeinschaft angesichts des Völkermordes von 1994 auch in Ruanda unvergessen.

Auf unserer Reise trafen wir Vertreter verschiedener UN-Organisationen sowie Expertinnen und Experten aus dem Bereich Entwicklungszusammenarbeit, zivilgesellschaftliche Akteure, Unternehmerinnen und Unternehmer. Die Vereinten Nationen setzen in Ruanda als einem von acht Pilotstaaten die „Delivering as One“-Strategie um. Diese hat zum Ziel, die Wirkung des UN-Systems durch kohärentere Programme und engere Abstimmung unter den Organisationen zu erhöhen. Resident Coordinator Mr Fodé Ndiaye sowie Verantwortliche des UN-Entwicklungsprogramms UNDP und UN Women erläuterten uns in spannenden Gesprächen die Herausforderungen, Ergebnisse und Ziele der UN vor Ort. Besonders deutlich machten sie die selbstbewusste Rolle der ruandischen Regierung  in der Entwicklungszusammenarbeit und deren ambitionierte Umsetzung von Programmen. Eine große Herausforderung besteht aber nach wie vor darin, positive Entwicklungsergebnisse der breiten Bevölkerung zugänglich zu machen. Die Vereinten Nationen fördern deshalb eine Reihe von Projekten in ländlichen, marginalisierten Teilen des Landes. So konnten wir unter anderem sogenannte Green Villages besuchen. Dort werden besonders bedürftige Menschen angesiedelt, erhalten Land und Tiere zur gemeinschaftlichen Bewirtschaftung, sowie landwirtschaftschaftliche Ausbildungsmaßnahmen. Außerdem konzentrieren sich die UN-Organisationen in besonderem Maße auf die Stärkung von Frauen auf dem Land – etwa durch Trainings, Technologie und Kooperativenbildung. Im östlichen Teil des Landes konnten wir eine solche Frauenkooperative besuchen und einiges über die Erfolge ihres Gewächshauses erfahren.

Bei Treffen mit Unternehmerinnen und Unternehmern gewannen wir auch Einblicke, welche konkreten Geschichten sich hinter dem viel beschworenen Wirtschaftsboom verstecken. Wir lernten junge Start-Up Gründer kennen, die mit ihrer Mobilitätsapp den Verkehr Kigalis sicher und modern machen möchten. Frauen, die mit einem hippen Café die lokale Vermarktung von ruandischem Kaffee voranbringen und junge Studentinnen, die in selbstorganisierten TalentHubs technische Erfindungen präsentieren.  Wir besuchten eine chinesische Textilfabrik und erfuhren mehr über den Investitionsboom Chinas in Ostafrika. In einer Montagehalle von Volkswagen konnten wir das erste ruandische VW-Auto begutachten.

Ruanda hielt eine Vielzahl spannender aber auch widersprüchlicher Eindrücke bereit. Gespräche und Besuche vermittelten uns das Bild eines Landes im Aufbruch; das Bild einer hochmotivierten jungen Generation, die Ruanda nach vorne bringen will. Auf der anderen Seite wurde immer wieder deutlich, dass eine offene, kritische Auseinandersetzung mit der autokratischen Kagame-Regierung und mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen in Ruanda weitgehend tabuisiert ist.

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