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3,6 Milliarden Menschen noch immer „offline“

Immer mehr Menschen weltweit nutzen das Internet. Doch es bestehen große regionale Unterschiede und auch die digitale Kluft zwischen Männern und Frauen ist gewachsen, insbesondere in den ärmsten Ländern.

In einem Flüchtlingslager im Südsudan erhalten Geflüchtete Unterricht im Umgang mit Computern und dem Internet.
In einem Flüchtlingslager im Südsudan erhalten Geflüchtete Unterricht im Umgang mit Computern und dem Internet. (UN Photo/JC McIlwaine)

Das zeigen die neusten Daten der Internationalen Fernmeldeunion (ITU), veröffentlicht unter dem Titel „Measuring digital development. Facts and figures 2019“.

Insgesamt haben mittlerweile 4,1 Milliarden Menschen weltweit Zugang zum Internet. Das sind 53,6 Prozent der Weltbevölkerung. Doch zugleich sind geschätzte 3,6 Milliarden Menschen weiterhin „offline“. Der größte Teil von ihnen lebt in den am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs). Dort haben im Schnitt nur zwei von zehn Personen Zugang zum Internet – und damit zu Informationen und Anwendungen, die ihnen helfen könnten, ihren Lebensstandard zu verbessern.

Vergleicht man die aktuellen Zahlen mit denen von 2005, so hat es enorme Fortschritte gegeben. Damals waren erst 16,8 Prozent der Weltbevölkerung „online“. Heute erreicht die Internetnutzung in den Industrieländern schon fast die Sättigungsgrenze: Fast 87 Prozent der Bevölkerung sind hier inzwischen „im Netz“.

Auch in Entwicklungsländern sind Smartphones inzwischen so verbreitet, dass sie vielen Menschen selbst ohne Computer Internetanwendungen ermöglichen. Die neuen ITU-Daten zeigen, dass inzwischen 97 Prozent der Weltbevölkerung in Reichweite eines Mobilfunksignals und 93 Prozent in Reichweite mindestens eines 3G-Netzes leben. Sogar in Afrika, wo die Netzabdeckung am geringsten ist, sind es 79 Prozent.

 

Zugangsprobleme überwinden

Dennoch nutzen in Afrika im Durchschnitt erst 28,2 Prozent der Bevölkerung das Internet. Denn auch bei bestehender Netzabdeckung ist der Zugang zum Internet mit Kosten verbunden, die nicht alle Menschen aufbringen können. Und nicht alle verfügen über die entsprechenden Fähigkeiten und Fertigkeiten. In 40 von 84 Ländern, für die der ITU Daten vorliegen, fehlen mehr als der Hälfte der Bevölkerung wesentliche Grundkenntnisse, zum Beispiel zum Kopieren von Dateien oder dem Versenden von E-Mails mit Anhang.

Daher brauche es dringend wirksamere Maßnahmen, um solche Hindernisse zu überwinden – insbesondere für Frauen, sagt Doreen Bogdan-Martin, Direktorin des Bereichs Entwicklung bei der ITU. Die ITU ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf. Neben einer Vielzahl technischer Aufgaben und der Festlegung von Standards bemüht sie sich um einen gerechten, nachhaltigen und erschwinglichen Zugang der Menschen zu Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT).

Als Teil des UN-Systems ist die ITU den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) verpflichtet und darunter insbe­sondere SDG 9 – dem Aufbau einer widerstandsfähigen Infrastruktur. Informations- und Kommunikationstech­nologien können dabei helfen, auch viele andere Entwicklungsziele voranzubringen. Bäuerinnen und Bauern erhalten Zugriff auf Informationen zu organischem Anbau, Steigerungen der Ernteerträge oder Marktentwicklungen. Telemedizin eröffnet Chancen für eine breitere Gesundheitsversorgung, E-learning verschafft neue Zugänge zu Bildungsangeboten. Um allen Menschen und vor allem den Ärmsten und besonders benachteiligten Gruppen Zugang zu solchen Möglich­keiten zu verschaffen, bieten die ITU-Zahlen eine wichtige Datengrundlage und zeigen, wo Handlungsbedarf besteht.

 

Geschlechtergerechtigkeit noch nicht erreicht

Vor diesem Hintergrund hat die ITU nicht nur regionale Unterschiede im Blick, sondern auch gesellschaftlich bedingte Ungleichheiten, zum Beispiel zwischen Mann und Frau. Geschlechtergerechtigkeit – eines der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) – ist in Bezug auf den Zugang zum Internet noch nicht erreicht. In den meisten Ländern profitieren Frauen bislang weit weniger als Männer von der transformativen Kraft digitaler Technologien, stellt die ITU fest. Der Anteil der Frauen weltweit, die das Internet nutzen, liegt bei 48 Prozent, im Vergleich zu 58 Prozent der Männer. Am geringsten ist die Kluft in Amerika. In Europa und den GUS-Staaten hat sie sich verringert, doch in Afrika, in den arabischen Staaten und in der Region Asien-Pazifik ist sie sogar gewachsen.

Die ITU-Daten zeigen einen Zusammenhang zwischen Unterschieden beim Handybesitz und beim Internetzugang: In Ländern, wo deutlich weniger Frauen als Männer Handys besitzen, haben auch deutlich weniger Frauen Zugang zum Internet. Da Smartphones am häufigsten genutzt werden, um auf das Internet zuzugreifen, könne sich die geschlechts­bedingte Kluft bei Internetzugang verringern lassen, wenn mehr Frauen über Handys verfügten, heißt es bei der ITU.

Christina Kamp

 

Weitere Informationen: International Telecommunications Union. Measuring digital development. Facts and figures 2019


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