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Gastbeitrag: Die Bedeutung der UN-Konfliktprävention

Die Namen und Orte von Gräueltaten, Schandflecken der jüngeren Weltgeschichte, sind uns nur allzu gut bekannt: Gernika, Babi Yar, Sharpeville, Treblinka, Hiroshima, Halabja, Ruanda, Srebrenica und seit Kurzem Aleppo und Jemen – um nur einige wenige zu nennen. So lang die Liste der Namen ist, so schmerzhaft sind die Erinnerungen der Opfer. Anlässlich des Tags der Vereinten Nationen am 14. Oktober fordern die schwedischen Ministerinnen für Außenpolitik Margot Wallström sowie für internationale Entwicklungszusammenarbeit Isabella Lövin in einem Gastbeitrag eine stärkere Rolle der UN in der globalen Konfliktprävention.

Die Namen und Orte von Gräueltaten, Schandflecken der jüngeren Weltgeschichte, sind uns nur allzu gut bekannt: Gernika, Babi Yar, Sharpeville, Treblinka, Hiroshima, Halabja, Ruanda, Srebrenica und seit Kurzem Aleppo und Jemen – um nur einige wenige zu nennen. So lang die Liste der Namen ist, so schmerzhaft sind die Erinnerungen der Opfer.

Nach jedem neuen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sagen wir „Nie wieder!“. Dennoch kommen ständig neue Namen hinzu. Viele Konflikte sind nicht entstanden, weil wir sie nicht haben kommen sehen – allzu deutlich sind die Anzeichen von Exklusion, Marginalisierung, Menschenrechtsverletzungen und politischer, sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit –, sondern weil wir nicht früh genug oder schnell genug auf diese Anzeichen reagiert haben. Es ist traurige Realität, dass die Entscheidungen, die wir treffen oder nicht treffen zu Konflikten und Gewalt führen können. Heute, am Tag der Vereinten Nationen, rufen wir jeden auf, sich dafür einzusetzen, dass keine weiteren Namen hinzukommen.

Wir wenden uns an Sie in einer Zeit, in der Gewalt und Auseinandersetzungen zunehmen. Ein aktueller Bericht der Weltbank und der Vereinten Nationen zeigt, dass im vergangenen Jahr mehr Länder gewaltsame Konflikte erlebt haben als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in den letzten 30 Jahren. Seit 2010 hat sich die Zahl der gewaltsamen Konflikte verdreifacht und die der betroffenen Menschen drastisch erhöht. Die Folgen sind verheerend: Weltweit Hunderttausende von Toten und 65 Millionen Flüchtlinge, von denen die meisten vor gewaltsamen Konflikten fliehen müssen. Im Jahr 2030 könnten mehr als die Hälfte der Ärmsten dieser Welt in Ländern leben, die in hohem Maße von gewalttätigen Auseinandersetzungen betroffen sind. Wenn zukünftige Generationen von den Schrecken von Gewalt, Krieg und Konflikten verschont bleiben sollen, müssen wir jetzt handeln!

Margot Wallström, schwedische Außenministerin
Margot Wallström, schwedische Außenministerin

Unseres Erachtens sollten folgende drei Punkte im Mittelpunkt der Arbeit der Vereinten Nationen stehen, um Gräueltaten zukünftig zu verhindern:

Erstens: Die grundlegenden Ursachen von Konflikten und Gewalt sind zahlreich und komplex. Das gesamte System der Vereinten Nationen muss integrierter zusammenarbeiten, damit Frieden und Entwicklung von Dauer sind. Dazu gehört auch die Einbeziehung der Synergien zwischen Frieden, Sicherheit und Entwicklung und die Berücksichtigung der Auswirkungen von Klimawandel, Migration und Ungleichheit. Wir müssen die Bedeutung von Frauen und jungen Menschen für einen dauerhaften Frieden viel stärker anerkennen.

Zweitens: Auf frühe Warnsignale muss schnell reagiert werden, nicht zuletzt durch den UN-Sicherheitsrat. Gefahrenanalyse, Konfliktprävention und Friedensförderung müssen integrierte Bestandteile der gesamten Arbeit der Vereinten Nationen sein. Verbessern müssen wir unsere Fähigkeiten, die grundlegenden Ursachen von Konflikten und Bedrohungen für Frieden und Sicherheit frühzeitig zu erkennen und auf sie zu reagieren sowie unsere nationalen Kompetenzen, um die uns bevorstehenden Herausforderungen zu bewältigen.

Drittens und von größter Wichtigkeit: Frieden kann nur von den Konfliktparteien erreicht werden. Als internationale Gemeinschaft müssen wir alles tun, um die Anreize für ein friedliches Miteinander zu stärken. Wenn die Konfliktparteien erst einmal den Weg des Friedens eingeschlagen haben, sollten sie ihn nicht allein gehen. Das gilt für jede Phase des Konfliktzyklus. Die regionale Zusammenarbeit spielt hierbei eine entscheidende Rolle.

Die Vereinten Nationen basieren auf der Selbstverpflichtung, „den Weltfrieden und die internationale Sicherheit aufrechtzuerhalten“ und sollten jeden Tag und in jeder Weise danach streben, diesen Worten gerecht zu werden.

Isabella Lovin, Ministerin für internationale Entwicklungszusammenarbeit
Isabella Lovin, Ministerin für internationale Entwicklungszusammenarbeit

Trotz weltweit zunehmender Konflikte und Gewalt verbessern sich die Lebensbedingungen für die meisten Menschen. Zu unseren Lebzeiten wurden Millionen von Menschen aus der Armut befreit. Wir können mehr Krankheiten heilen als je zuvor. Immer mehr Kinder auf dieser Welt gehen zur Schule. Das dürfen wir nicht vergessen! Wir können und dürfen nicht zulassen, dass zunehmende Konflikte und Gewalt unsere enormen Errungenschaften untergraben! Aus diesem Grund muss die Konfliktprävention eine zentrale Rolle in der Arbeit der Vereinten Nationen spielen. Als Mitglied des UN-Sicherheitsrates setzt sich Schweden mit aller Kraft dafür ein.

Durch die Vorbeugung von Konflikten vermeiden wir nicht nur das große Leid, das Kriege in Ländern, Gesellschaften und Familien verursachen, wir schützen auch unsere Entwicklungserfolge, schonen unsere Ressourcen und schaffen die Basis für die friedlichen, gerechten und integrativen Gesellschaften, für die wir uns alle in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung einsetzen. Prävention zahlt sich immer aus. Der Preis des Nichtstuns wäre außerordentlich hoch.  

Lassen Sie uns dafür sorgen, dass keine weiteren Namen zur Liste der schlimmsten Gräueltaten unserer Zeit hinzukommen. Jeder neue Name ist ein Misserfolg. Zukünftige Generationen werden uns danach beurteilen, wie wir diese Herausforderung meistern.

Margot Wallström, Außenministerin, Schweden

Isabella Lövin, Stellvertretende Ministerpräsidentin und Ministerin für internationale Entwicklungszusammenarbeit und Klimafragen, Schweden 


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