Petersberger Klimadialog: Impulse für Umsetzung des Klimaabkommens von Paris
„Es geht darum, Wohlstand zu schaffen und zu sichern – und dies nicht auf Kosten unserer Lebensgrundlagen, sondern auf einem nachhaltigen Weg. Es ist nicht übertrieben zu sagen: Klimaschutz ist nicht mehr und nicht weniger als eine Frage des Überlebens. Lassen Sie uns deshalb das Klimaabkommen mit Leben erfüllen.“ So hat Bundeskanzlerin Angela Merkel den Weg beschrieben, der nach dem Abschluss des internationalen Klimaabkommens von Paris im letzten Dezember beschritten werden muss.
Sie äußerte dies in einer Rede beim siebten Petersberger Klimadialog, der am 4. und 5. Juli 2016 in Berlin stattfand. Zum jährlichen informellen Treffen waren dieses Mal 35 Umweltministerinnen und –minister oder andere hohe Regierungsvertreter eingeladen worden.
Der Klimadialog fand erstmals 2010 im Gästehaus Petersberg bei Bonn statt und war ein Versuch der Bundesregierung, die verhärteten politischen Fronten nach dem Scheitern der UN-Klimakonferenz im Dezember 2009 in Kopenhagen aufzubrechen und einen neuen konstruktiven Geist und eine neue Dynamik in die Klimaverhandlungen zu bringen.
Beim siebten Petersberger Klimadialog konnte auf dem erfolgreichen Abschluss des internationalen Klimaabkommens im letzten Dezember aufgebaut werden. Dieses Mal stand deshalb die ambitionierte und zügige Umsetzung des Abkommens im Mittelpunkt der Gespräche.
Der Dialog diente auf diese Weise auch der Vorbereitung der nächsten UN-Klimakonferenz vom 7.-18. Dezember 2016 in Marrakesch/Marokko. Das erklärt, warum in diesem Jahr Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und der marokkanischen Regierung gemeinsam zu dem Treffen einluden.
Bundeskanzlerin bezieht Position für die Eindämmung des Klimawandels
In ihrer viel beachteten Rede erinnerte Bundeskanzlerin Angela Merkel an die Bedeutung des Klimaabkommens: „In Paris hat sich zum ersten Mal die gesamte Weltgemeinschaft dazu verpflichtet, den Klimawandel einzudämmen. Alle Staaten haben sich zu dem Ziel bekannt, die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten und sie möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Alle Staaten haben sich bereiterklärt, dazu ihren Beitrag zu leisten.“
Nun komme es darauf an, die eingegangenen Verpflichtungen auch einzulösen. Die Bundesregierung befinde sich im Prozess der Abstimmung über den deutschen Klimaschutzplan.
Die Bundeskanzlerin kündigte außerdem an, dass die Bundesregierung versuchen will, den Ratifizierungsprozess des Klimaabkommens vor der nächsten UN-Klimakonferenz in Marrakesch abzuschließen. Die Ratifikationsurkunde soll zusammen mit der Europäischen Union und den anderen Mitgliedstaaten übermittelt werden. Damit soll das klare Signal gesendet werden, dass Europa die Ergebnisse von Paris umsetzt und beim Klimaschutz an einem Strang zieht.
In ihrer Rede ging Angela Merkel auf die Notwendigkeit einer Energiewende ein und fügte hinzu: „Aber wir brauchen nicht nur im Bereich Energie Fortschritte, sondern in allen Sektoren: in der Wirtschaft, im Verkehr, in Privathaushalten. Dabei sind aus meiner Sicht drei Aspekte des Pariser Klimaabkommens besonders wichtig: Wir müssen langfristige Strategien erarbeiten, wir müssen die Klimabeiträge regelmäßig weiterentwickeln und wir müssen schlüssige Antworten auf Fragen der Finanzierung und Anreizsetzung geben.“
Im Blick auf das Klimaengagement der einzelnen Länder stellte die Bundeskanzlerin fest: „Es ist sehr erfreulich, dass alle Staaten freiwillige Klimabeiträge geboten haben. (…) Diese reichen aber in der Summe noch nicht aus, um die Zwei-Grad-Obergrenze einzuhalten. Deshalb haben wir sehr darauf gesetzt, dass es alle fünf Jahre eine Revision gibt.“
Sie erinnerte daran, dass die EU sich das Ziel gesetzt hat, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. „Das haben wir als Mindestziel formuliert. Wir lassen also durchaus offen, dass wir nach weiteren Überprüfungen diesen Beitrag nochmals ändern.“
Industrieländer sind verpflichtet, ihre Zusagen einhalten
Angela Merkel stellte heraus, dass für die Umsetzung der Klimaziele eine „vernünftige Finanzierung“ erforderlich ist: „Das Abkommen nimmt uns in die Pflicht, Finanzflüsse mit einer emissionsarmen, klimaschonenden Entwicklung in Einklang zu bringen.“
Die Bundeskanzlerin erinnerte an die Zusage der Industrieländer, aus öffentlichen und privaten Quellen von 2020 an jährlich 100 Milliarden US-Dollar für ärmere Staaten bereitzustellen. Eine „Roadmap“ zur Umsetzung dieses Ziels werde derzeit in einer Arbeitsgruppe der Industrieländer erarbeitet. „Mit zahlreichen Finanzzusagen und Initiativen sind die Industriestaaten bereits auf einem guten Weg. Auch die G7 spielt dabei eine vernünftige Rolle.“
In ihrer Rede verteidigte die Bundeskanzlerin den multilateralen Ansatz in der Klimapolitik: „Es hat sich gelohnt, dass wir auch nach der enttäuschenden Kopenhagener Konferenz 2009 am multilateralen Ansatz festgehalten haben. Klimaschutz ist eine globale Aufgabe, die sich eben nur global bewältigen lässt. Dabei ist uns natürlich bewusst, dass wir in unterschiedlichem Maße für den Klimawandel verantwortlich sind, dass seine Folgen uns unterschiedlich treffen und dass wir unterschiedliche Möglichkeiten haben, dieser Herausforderung zu begegnen.“
Christiana Figueres, die scheidende Exekutivsekretärin des Sekretariats der Klimarahmenkonvention UNFCCC, wurde unter Mitwirkung von Angela Merkel beim Klimadialog verabschiedet. Die Bundeskanzlerin dankte ihr für die geleistete Arbeit und wies bei dieser Gelegenheit auf den großen Beitrag von Frauen zum Gelingen des Klimaschutzes hin.
Schritte zur Umsetzung des internationalen Klimaabkommens
Die marokkanische Umweltministerin Hakima El Haite verkündete optimistisch in Berlin: „Auf der ganzen Welt sehen wir immer mehr konkrete und greifbare Zeichen unseres Willens zum Handeln, Hand in Hand für unsere globale nachhaltige Entwicklung. Wir bauen damit die Grundlage einer neuen Welt, die solidarisch und vertrauensvoll zusammenhält. Als Präsidentschaft der COP 22 sehen wir die Herausforderung für uns alle, Solidarität und Vertrauen zu erhalten. Die nächste Klimakonferenz wird die Konferenz der Umsetzung und der Unterstützung."
Einigkeit bestand unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Klimadialogs darin, dass die in Paris vereinbarten Klimaziele möglichst schnell in konkrete Politik umgesetzt werden müssen. Es wurde deutlich, dass viele Staaten bereits mit großem Elan Klimaschutzpläne mit einem Zeithorizont bis 2050 entwickeln.
Die in Berlin Versammelten äußerten die Hoffnung auf eine Umlenkung der globalen Finanzflüsse im Sinne des Klimaschutzes, wie dies im Pariser Abkommens vorgesehen ist. Bereits heute zögen viele Investoren ihr Geld aus fossilen Brennstoffen ab. Demgegenüber werde mehr privates Kapital in erneuerbare Energien und Klimaschutz investiert.
Bei der Umsetzung des Paris-Abkommens sollen nach Überzeugung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Klimadialogs die Armutsbekämpfung und die Bekämpfung des Klimawandels zusammen erreicht werden. Das stellt auch neue Anforderungen an die Entwicklungszusammenarbeit.
Neue Partnerschaft soll Entwicklungsländern bei der Umsetzung des Pariser Abkommens helfen
Mit dem Pariser Abkommen haben sich zahlreiche Entwicklungsländer zum ersten Mal zur Einhaltung von Klimazielen verpflichtet. Eine neue Umsetzungs-Partnerschaft soll ihnen nun dabei helfen, ihre Ziele zu erreichen. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und Bundesentwicklungsminister Gerd Müller stellten die Initiative beim Petersberger Klimadialog vor.
Initiiert wurde die Umsetzungs-Partnerschaft gemeinsam von den beiden Bundesministerien und dem World Resources Institute (WRI). Sie soll Entwicklungsländer dabei unterstützen, ihre Klimaschutzpläne zu konkretisieren und zu verwirklichen. Sie soll zudem dabei helfen, bestehende Klima- und Entwicklungsziele zusammenzuführen und die unterschiedlichen Geberprogramme besser aufeinander abzustimmen. Offiziell starten soll die Partnerschaft auf der Klimakonferenz in Marrakesch im November.
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller sagte zur Bedeutung der Initiative: "Der Klimawandel treibt Millionen Menschen aus den Dürreregionen Afrikas und den Küstengebieten Asiens in die Flucht. Nur wenn wir alle gemeinsam wirksam den Klimaschutz voranbringen, können wir eine Welt ohne Hunger und Armut schaffen. Das ist eine zentrale Herausforderung der Staatengemeinschaft im 21. Jahrhundert und die Voraussetzung für Frieden und eine gerechte und faire Globalisierung."
Die Partnerschaft wird aus Entwicklungsländern, Geberländern, institutionellen Partnern und Nichtregierungsorganisationen bestehen. Die Mitgliedschaft steht allen Ländern offen. Um den Aufbau der Partnerschaft zu unterstützen, werden die beiden Bundesministerien den Aufbau eines Sekretariats in Washington und Bonn finanzieren. Beide Ministerien werden zudem ihre Klimaschutzprojekte noch stärker an der Umsetzung der Pariser Klimaschutzbeiträge ausrichten.
Zu den konkreten Aufgaben der Umsetzungs-Partnerschaft gehört es, den schnellen Zugang zu maßgeschneiderter Beratung von Entwicklungsländern zu organisieren. Die Partnerschaft wird dabei auf dem Wissen und der Arbeit zahlreicher Organisationen, Initiativen und Plattformen aufbauen. Außerdem soll die Partnerschaft dafür sorgen, dass die verschiedenen Geber in den Ländern bei der Umsetzung des Klimaabkommens Hand in Hand arbeiten.
Bewertungen der Ergebnisse des Klimadialogs
Bundesumweltministerin Hendricks zog eine positive Bilanz des diesjährigen Klimadialogs: "Der Petersberger Klimadialog hat erneut vor Augen geführt, dass Deutschland mit seiner ambitionierten Klimapolitik in guter Gesellschaft ist. Nach dem Erfolg von Paris beginnt jetzt die Phase der Umsetzung. Weltweit ergreifen Regierungen Maßnahmen für den Klimaschutz. Wir können viel voneinander lernen und so die Dynamik im internationalen Klimaschutz weiter beschleunigen."
Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, begrüßte es, dass die Bundeskanzlerin in ihrer Rede angekündigt hatte, dass sie die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens zu einem wichtigen Thema des Hamburger G20-Gipfels im nächsten Jahr machen wird: "Wir freuen uns, dass der G20-Gipfel im kommenden Jahr intensiv für die Paris-Umsetzung genutzt werden soll und mit der neuen Partnerschaftsinitiative zusätzlicher Schwung entsteht."
Auch die Ankündigung der Kanzlerin, dass Deutschland noch in diesem Jahr das Pariser Abkommen ratifizieren wird, begrüßt Germanwatch. "Aber der Erfolg dieser Initiativen ist fraglich, solange Deutschland selber kein glaubwürdiger internationaler Partner ist - ohne einen starken Klimaschutzplan 2050 und einen Ausstiegsbeschluss aus der Kohle bis spätestens 2035."
Der Ertrag des diesjährigen Petersberger Klimadialogs wird sich daran erweisen, in welchem Maße Länder wie Deutschland zügig eine entschlossene Klimaschutzpolitik beschließen und umsetzen. Ebenso wird es wichtig sein, diese nationalen Initiativen bei der kommenden UN-Klimakonferenz zu bündeln und gemeinsam das Abkommen von Paris mit Leben zu füllen.
(Frank Kürschner-Pelkmann)