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UN-Klimaverhandlungen in Dubai: Nahostkonflikt in Dubai spürbar Thema

Die Klimakonferenz ist beendet. Während die Delegierten über den Texten und Formulierungen brüten, beeinflusste auch die aktuelle Weltlage die Gespräche – und ist Hauptthema bei Protestaktionen vor Ort. Was bedeutet das für die Verhandlungen?

Mit Protestaktionen auf der Klimakonferenz in Dubai fordern Aktivistinnen und Aktivisten das Ende der fossilen Energien – aber auch eine Feuerpause im Nahostkonflikt. Jule Zentek

Wassermelonen – auf T-Shirts, als Ohrringe oder aufgemalt auf Karton. Sie sieht man auf dem Expo-Gelände in Dubai, auf dem die 28. UN-Klimakonferenz stattfand, häufig. Sie ist nicht erst seit der Eskalation im Nahostkonflikt, nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober, zu einem Symbol geworden. Für die einen ist die grün-rot-schwarze Frucht, die somit die Farben der palästinensischen Flagge widerspiegeln soll, schon lange zum Zeichen der Solidarität mit Palästinenserinnen und Palästinensern geworden. Für andere stellt sie ein politisch aufgeladenes und antisemitisches Zeichen dar.

In den vergangenen Tagen der Klimakonferenz fand sich die Wassermelone bei zahlreichen Demonstrationen und Protestaktionen von aktivistischen Teilnehmenden und Gruppen. Häufig im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Feuerpause – einem „Ceasefire“ – teilweise jedoch auch mit weiteren, antisemitischen Äußerungen. Nicht selten traf man auf dem Gelände Menschen, die ihren COP-Ausweis an einem Band in den Farben der palästinensischen Flagge trugen – auch unter den Delegierten.

Bei der täglich stattfindenden Vergabe des „Fossil of the day“-Award – der vom weltgrößten Klimaschutznetzwerk Climate Action Network (CAN) seit Jahren auf ironische Art an Staaten vergeben wird, die in den Verhandlungen bremsen – wurde Israel zweimal zum „Fossil des Tages“ gekürt. Nicht etwa, weil das Land in den Verhandlungen als Bremser auftrat, sondern weil Israel die „Absicht des Völkermordes“ habe, begründete CAN die Wahl schriftlich. Von den Angriffen und Geiselnahmen der Hamas ist keine Rede, stattdessen heißt es Israel „behaupte, sich zu verteidigen“.

Zugleich betonten die Initiatorinnen und Initiatoren, man wolle an „die Verflechtung von Klimagerechtigkeit, Menschenrechten und der Notwendigkeit eines globalen Engagements für Frieden und Nachhaltigkeit“ erinnern.

Nahostkonflikt auf der COP: Abspaltung der deutschen Klimabewegung deutlich

CAN ist der weltweite Dachverband von umweltpolitischen Nichtregierungsorganisationen. Die deutschen NGOs distanzierten sich von der Aktion und positionieren sich gemeinsam anders, sagte Christoph Bals von der NGO Germanwatch. Man wolle außerdem die Klimaverhandlungen ins Zentrum der Arbeit vor Ort stellen. Ähnliches ist auch von der deutschen Gruppe Fridays for Future zu hören, die sich nach anti-israelischen Postings der internationalen Fridays for Future-Gruppe auf Social Media und Äußerungen von Greta Thunberg zum Nahostkonflikt, ebenfalls distanzierten und die Zusammenarbeit ruhen ließen.

Dennoch appellierte Luisa Neubauer auf der Klimakonferenz, dass das eigentliche gemeinsame Ziel darunter nicht leiden dürfe. „Wir müssen dafür kämpfen, uns dafür einsetzen, dass wir eine Grundlage finden, auf der wir zusammenarbeiten. Das ist unsere oberste Priorität auf dieser Klimakonferenz.“ Line Niedeggen, die zur internationalen Fridays-Gruppe gehört, sieht das anders. Es gebe aktuell kein Vertrauen und daher auch keine Zusammenarbeit. Auch innerhalb der deutschlandweiten Bewegungen sei man gespalten.

Konflikt beschäftigt auch Verhandelnde

Doch nicht nur auf den Protestaktionen spielt die Eskalation im Nahostkonflikt zwischen Israel und der Terrorgruppe Hamas im Gazastreifen eine Rolle. Noch vor Beginn des High-Level-Events am zweiten Tag, an dem traditionell die Staatschefinnen und -chefs teilnehmen und sich in kurzen Statements zum internationalen Klimaschutz und mit Blick auf die folgenden Verhandlungstage positionieren, verließ die iranische Delegation um den Energieminister Ali Akbar Mehrabian die COP und nannte zur Begründung die Anwesenheit Israels.

An dem High-Level-Event selbst nahm Staatspräsident Isaac Herzog für Israel teil. Herzog nutzte seinen Besuch auf der UN-Konferenz, um weitere Gespräche mit anwesenden Staaten zu führen, unter anderem mit dem Präsidenten des Gastgeberlandes Vereinigte Arabische Emirate, Scheich Mohamed bin Zayed Al Nahyan. Auf der Plattform „X“ schrieb Herzog, er habe bei seinen Kolleginnen und Kollegen „immer wieder die Forderung wiederholt, die Freilassung der Geiseln ganz oben auf die Tagesordnung der internationalen Gemeinschaft zu setzen, neben der Achtung des Rechts des Staates Israel, sich zu verteidigen.“.

Auch Teilnehmende und Delegierte anderer Länder bestätigten, dass der geopolitische Konflikt sich auf die Konferenz und die Verhandlungen auswirke. Vollkommen ausblenden lässt sich die aktuelle Weltlage auf einer Konferenz, an der fast alle Staaten der Welt beteiligt sind und über die Zukunft aller Länder weltweit verhandeln, sicher nicht. Gerade solche Zeiten können auch ein Zeichen setzen, dass internationale Zusammenarbeit dennoch möglich ist. Schließlich verfolgen die Vereinten Nationen mit ihrer gemeinsamen Charta das Ziel, den Frieden und kollektive Sicherheit zu erhalten – insbesondere durch ihre internationale Zusammenarbeit.

China, USA, Russland – geopolitische Weltlage kann beim Klimaschutz bremsen 

Nicht vergessen werden, dürfen in diesem Zusammenhang weitere, aktuelle geopolitische Konflikte. Das sind zum einen die anhaltenden Spannungen zwischen China und den USA. Zum anderen aber natürlich auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Präsident Wladimir Putin nahm nicht am High-Level-Event teil, landete aber wenige Tage später in der Nachbarstadt Abu Dhabi, was von der EU als Affront wahrgenommen wurde.

Im kommenden Jahr soll die UN-Klimakonferenz in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, stattfinden. Ein Öl-Land, das zudem stark unter russischem Einfluss steht. In Dubai befürchten manche Beobachtende, Russland könnte sich bei den Verhandlungen noch gegen einen dann gefundenen Kompromiss stellen – wie in der Vergangenheit schon geschehen. Denn die anhaltenden Konflikte und Spannungen können konstruktive Ergebnisfindungen ausbremsen. Im besten Fall kann die internationale Zusammenarbeit von Staaten, sie im Rahmen der UN-Klimakonferenz dennoch Allianzen, Brücken und Kompromisse für den Klimaschutz finden lassen. Eine gemeinsame Grundlage, die nicht immer, aber in manchen Fällen auch Einfluss auf andere Bereiche haben kann.

Von Jule Zentek