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COVID-19 – Wir müssen vereint handeln!

Die derzeitige COVID-19 Pandemie ist sowohl von ihrem Ausmaß als auch von ihren Auswirkungen her beispiellos. Unsere Regierungen, internationale Organisationen und das globale Gesundheitssystems werden auf die Probe gestellt - mit nicht rundherum zufriedenstellenden Ergebnissen.

Die COVID-19 Pandemie, die uns in diesen Tagen heimsucht, ist sowohl von ihrem Ausmaß als auch von ihren Auswirkungen her beispiellos. Wie der Ausbruch zeigt, haben weder unsere Bereitschafts- noch unsere Reaktionsmechanismen so funktioniert wie eigentlich vorgesehen. Innerhalb von drei Monaten hat sich die Pandemie weltweit auf alle Kontinente ausgebreitet. Dies ist der Moment, an dem die Stärke unserer Regierungen, der internationalen Organisationen und des Gesundheitssystems auf die Probe gestellt wird, mit einer nicht rundherum zufriedenstellenden Ergebnislage.

Mit Stand vom 22. Juni 2020 waren weltweit fast 8,85 Millionen Infizierte und etwa 465.000 Todesfälle zu verzeichnen. An der hohen Zahl derjenigen, die an COVID-19 erkrankt und gestorben sind, zeigt sich, dass die Welt aus früheren Epidemien nichts gelernt hat. Der Global Health Monitoring Board (Globaler Rat für Gesundheitsmonitoring) und der Global Health Security Index (Globaler Index für Gesundheitssicherheit) gaben weit im Vorfeld der COVID-19-Katastrophe einschlägige Warnungen ab. Die Weltgemeinschaft war nicht vorbereitet auf eine durch ein virulentes Atemwegspathogen verursachte, sich rasch ausbreitende Pandemie, die zu „tragisch hohen Sterblichkeitsraten führen, Panik auslösen, die nationale Sicherheit destabilisieren und die Weltwirtschaft und den Welthandel ernsthaft beeinträchtigen" würde (Bericht des Global Preparedness Monitoring Board (Globaler Rat zur Überwachung der Katastrophenbereitschaft), 2019).

Bei der Größenordnung der akuten Pandemie ist kein Land in der Lage, sie eigenständig zu bewältigen. Daher müssen unsere Regierungen die bestehende multilaterale Ordnung überdenken und die internationale Zusammenarbeit wirksamer erweitern.
 

Globale Gesundheitsmaßnahmen sicherstellen

Als gewählte politische Führung unserer Länder stehen wir im Hinblick auf Pandemiebereitschaft gegenüber der Welt in der Pflicht; entsprechende Verantwortung tragen wir jedoch auch im eigenen Land. Alle Staaten haben die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV, 2005) angenommen. Ziel der IGV ist es, die Reaktionsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitswesens auf die internationale Ausbreitung von Krankheiten zu stärken.

Der COVID-19-Ausbruch hat jedoch erhebliche Lücken und Mängel innerhalb dieser Vorschriften deutlich werden lassen. Zahlreiche Hindernisse stehen der vollen Wirksamkeit der IGV nach wie vor im Weg, wenngleich mit ihrer Umsetzung in mehreren Ländern gewisse Fortschritte erzielt worden sind. Während die meisten Länder mit hohem und mittlerem Einkommen über die Kernkapazitäten verfügen, um die Anforderungen der IGV in Bezug auf Überwachung, Diagnose und Eindämmung zu erfüllen, ist dies in vielen Niedrigeinkommensländern nicht der Fall. Sie verfügen nicht über die personellen und finanziellen Ressourcen sowie das technische Know-how, die für die Umsetzung der IGV erforderlich sind, was der globalen Umsetzung der Vorschriften weitere Grenzen setzt. Es sind daher multilaterale und bilaterale Partnerschaften erforderlich, um diese Länder durch den Aufbau von IGV-Kernkapazitäten zu unterstützen. Seitens der Geberländer müssen verstärkte Mittelzusagen abgegeben werden, da die Mitgliedstaaten die Verantwortung haben, neben ihren eigenen Bürgerinnen und Bürgern auch das Wohl der anderen Staaten zu schützen. Die Einrichtung eines Treuhandfonds bei der WHO könnte ein möglicher Finanzierungsmechanismus sein, der Anreize für Entwicklungsländer schaffen würde, freiwillige gemeinsame externe Evaluierungen in Übereinstimmung mit den IGV durchzuführen.
 

Stärkung der WHO

Die Mechanismen der WHO zur Koordinierung und Veranstaltung von Begegnungen sind bis an ihre Leistungsgrenzen ausgelastet. Die Organisation braucht systematische Unterstützung in dem Umfang, wie es ein gestärktes Mandat erfordert, auf dessen Grundlage ihre Führung Entscheidungs- und Kontrollstrukturen für künftige globale Gesundheitskrisen, die keine Grenzen kennen, gewährleisten kann. Zur Stärkung der Führungsrolle der WHO sollten wir uns daher für schnellere Entscheidungsabläufe innerhalb der WHO einsetzen und die Länderbeiträge erhöhen. Nur ein angemessen finanziertes internationales Gesundheitsorgan mit der entsprechenden Autonomie und Autorität kann die nächste Pandemie wirksam verhindern.

Dies alles kann nur erreicht werden, wenn auf höchster Ebene ein politischer Konsens zustande kommt, Gesundheit mit der gleichen Aufmerksamkeit zu behandeln wie andere schwere Bedrohungen, die sich den Ländern stellen. Entscheidungen, die Finanzierung der WHO zu senken, sind im Hinblick auf die Stärkung dieser Organisation eindeutig nicht zielführend. Sie fügen dem weltweit wichtigsten Akteur auf dem Gebiet der globalen Gesundheit erheblichen Schaden zu und beeinträchtigen sein Ansehen und seine Glaubwürdigkeit, was die internationale Zusammenarbeit in der gegenwärtigen Krise noch weiter erschwert. Vor dem Hintergrund der Pandemie sah sich die WHO mit mancherlei Kritik konfrontiert. Eingebettet zwischen Rhetorik und realer Bewertung finden sich kritische Auffassungen, die es wert sind, analysiert zu werden. Die WHO hat viel internationale Kritik auf sich gezogen. Diese bedarf einer weiteren Aufarbeitung und selbst einer kritischen Überprüfung. Diese wichtige Institution zerstören zu wollen, kann für unsere globale Ordnung jedoch schlimme Folgen mit sich bringen. Eine transparente und unabhängige Bewertung der globalen Reaktion auf die COVID-19-Krise und eine Überprüfung der Funktionsfähigkeit der WHO zum frühestmöglichen Zeitpunkt sind sicherlich notwendig und gerechtfertigt. Die von den 194 Mitgliedstaaten der WHO auf der 73. Weltgesundheitsversammlung einstimmig angenommene Resolution ist ein wichtiger Schritt zur Unterstützung der Führungsrolle der WHO.
 

Wirtschaftliche Resilienz

Die COVID-19-Pandemie wird 2020 ein Schrumpfen der Weltwirtschaft um 5,2% nach sich ziehen, dem jüngsten Weltbankbericht zufolge die tiefste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg. Doch kann dieser wirtschaftliche Notstand erst dann angegangen werden, wenn die Gesundheitskrise effektiv bewältigt ist; und bestehende Mechanismen für Hilfeleistung an die bedürftigsten Länder sind inaktiv.

Im Gefolge der Ebola-Epidemie wurde von der WHO und der Weltbank die Pandemie-Notfinanzierungsfazilität (Pandemic Emergency Financing Facility - PEF) ins Leben gerufen, um den ärmsten Ländern der Welt zusätzliche Finanzmittel zur Bekämpfung eines Krankheitsausbruchs zur Verfügung zu stellen. Die PEF existiert, um durch gemeinsames Handeln des privaten und öffentlichen Sektors rasch finanzielle Impulse setzen zu können. Allerdings haben sich die komplizierten Aktivierungskriterien und die konkurrierenden Interessen der beiden Sektoren in der komplexen Situation der COVID-19-Pandemie als unzulänglich erwiesen. Obwohl COVID-19 am 30. Januar zu einem Internationalen Gesundheitsnotstand und am 11. März zu einer Pandemie erklärt wurde, hat die PEF bisher noch keinen einzigen Dollar ausgezahlt.

Der neu eingerichtete COVID-19-Solidaritätsfonds der WHO und die damit verbundenen Kampagnenelemente sowie der Fonds der WHO für Rückstellungen dämmen den Gesundheitsnotstand so weit ein, dass er nicht außer Kontrolle gerät. Es muss jedoch über weitere finanzielle Unterstützung durch den IWF diskutiert werden, um Ländern unter die Arme zu greifen, die bereits jetzt über weniger Ressourcen zur Bekämpfung der Pandemie verfügen. Wenn wir keine neuen Wege zur Finanzierung der globalen Gesundheit finden, besteht Gefahr für die Welt.  
 

Beschleunigte Umsetzung des Aktionsplans für die SDGs

Ohne starke Gesundheitssysteme können wir die globale Gesundheitssicherheit nicht verbessern. Es ist dringend notwendig, die Umsetzung des Aktionsplans der Vereinten Nationen für die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu beschleunigen, um eine Grundlage für Gesundheit, Sicherheit und Stabilität zu schaffen. Hauptziel ist ein umfassendes, bedarfsgerechtes Gesundheitssystem, das leicht zugänglich ist und die Menschen im Krankheitsfall nicht in eine schwere finanzielle Katastrophe stürzt. Die Handlungsfähigkeit der Organisationen, die diesen Plan unterzeichnet haben, muss sichergestellt werden, da sie in Anbetracht der Krise schwere Rückschläge bei ihrer Arbeit hinnehmen müssen. Darüber hinaus werden sich die Unterbrechungen infolge der COVID-19-Pandemie aller Voraussicht nach verheerend auf die Impfprogramme in den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt auswirken. Unmittelbare Verzögerungen bei Impfkampagnen und routinemäßigen Anwendungen bewirken, dass mindestens 13,5 Millionen Menschen in 14 der am wenigsten entwickelten Ländern der Welt vor Krankheiten wie Masern, Polio und dem humanen Papillomavirus (HPV) ungeschützt bleiben. In der Zukunft könnte diese Situation die Ausbringung eines neu entwickelten SARS-CoV-2-Impfstoffs schwer beeinträchtigen.
 

Fazit

Die COVID-19-Pandemie erinnert uns mit aller Macht daran, dass Infektionskrankheiten keine Grenzen anerkennen. Die damit verbundene Krise gibt uns die Chance, einen Weg zur Entwicklung besserer Plattformen und Systeme aufzuzeigen. Es ist daher an der Zeit, dass politische Führungspersonen eine deutlichere Rolle in den weltweiten Gesundheitsstrukturen übernehmen. Wir erkennen an, dass diese Krise uns eine einmalige Gelegenheit bietet, die internationale Zusammenarbeit zu stärken und neue Wege der Finanzierung zu erschließen. Dafür ist die Zeit jetzt gekommen. Wir brauchen Führungsstärke und die Bereitschaft, vereint zu handeln, um Menschenleben und unsere Wirtschaft zu retten. Dies ist das eindringliche Anliegen der in UNITE zusammengeschlossenen Parlamentarierinnen und Parlamentarier.

Prof. Dr. Andrew Ullmann  MdB  (UNITE Europa)  und Dr. Ricardo Baptiste Leite  (UNITE Gründer und Präsident). UNITE ist ein Parlamentarier-Netzwerk, das sich für die Beseitigung aller übertragbaren Krankheiten bis 2030 einsetzt.


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