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Die Bundeswehr als Großorganisation in der Klimakrise

Als Großorganisation hat die Bundeswehr einen erheblichen CO2-Ausstoß. Richtige Entscheidungen können diesen signifikant verringern. Die Pariser Klimaziele liegen auch im wesentlichen Sicherheitsinteresse der Bundeswehr. Die Bundeswehr muss zur Erreichung der Ziele beitragen!

Deutsches Militärflugzeug bringt für den Kampf gegen Ebola (UNMEER) Hilfsgüter nach Ghana (UN Photo/Aaron Buckley)

Die Klimakrise und ihre Folgen stellen eine erhebliche Bedrohung für die Menschheit dar. Überall auf der Welt machen sich die daraus resultierenden Probleme immer drastischer bemerkbar. Das Zeitfenster, in dem noch effektiv gegengesteuert werden kann, droht sich zu schließen. Die vom Menschen gemachte Klimakrise wird zur Klimakatastrophe, wenn wir den Ausstoß von Treibhausgasen nicht drastisch reduzieren. Eine Herausforderung dieser Größe lässt sich nur gemeinsam, gesamtstaatlich und multinational bewältigen. Alle Ressorts der Bundesregierung sind dringend zum Handeln aufgefordert und müssen ihren Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise leisten. 

Die Bundeswehr als Großorganisation

Die Bundeswehr hat als Großorganisation einen erheblichen CO2-Ausstoß. Richtige Entscheidungen können ihren CO2-Fußabdruck signifikant reduzieren. Bei der Beschaffung von Ausrüstung und Material von Streitkräften werden der Schutz der Soldatinnen und Soldaten und die Leistung bzw. Wirkung zurecht priorisiert. Im Rahmen dieser Auswahlentscheidung müssen die Faktoren CO2-Ausstoß oder Umweltbelastung jedoch ebenso mitbedacht werden. In Sachen Klimaschutz ist die Bundeswehr alles andere als gut aufgestellt. Viel zu häufig werden bei der Bundeswehr mit dem Argument der äußeren Sicherheit andere Aspekte ausgeblendet. 

Ausbildung und Übung 

Nach Raketen-Tests im Auftrag der Bundeswehr brannte am 3. September 2018 das Moor im niedersächsischen Meppen. Auf rund 1.000 Hektar militärischem Übungsgelände schwelte über einen Monat lang Feuer mit negativen Auswirkungen auf das Klima. Bis heute ist der Umfang der durch den Moorbrand in Meppen verursachten Treibhausgasemissionen nicht genau bekannt. Das trockene Frühjahr 2020 macht deutlich, dass die Gefahren für einen unkontrollierbaren Moorbrand wie 2018 weiterhin auf dem Truppenübungsplatz in Meppen bestehen. Waffen und Munitionstests sollten nicht in der Nähe sensibler und klimarelevanter Ökosysteme durchgeführt werden. 

Auch in der Ausbildung und der Übungspraxis kann und muss mehr getan werden. Bei der Luftwaffe werden beispielsweise Übungsmöglichkeiten für Pilotinnen und Piloten am Simulator regelmäßig nicht vollumfänglich genutzt. Es ist unstrittig, dass Flugstunden im Simulator nicht vollständig mit Flugstunden in der Luft gleichgesetzt werden können. Der Mehrwert von Flugstunden im Simulator in der Ausbildung bzw. für den Erhalt von Fluglizenzen ist jedoch ebenso unzweifelhaft. Dabei steht einer Flugstunde im Simulator im Vergleich zu einer Flugstunde im Eurofighter neben einer deutlichen CO2-Einsparung, einer Reduktion der Lärmbelästigung für Mensch und Natur auch ein großes finanzielles Einsparpotential gegenüber.

Beschaffung und Ausrüstung 

Die Beschaffung bei der Bundeswehr läuft seit Jahren schleppend. Beim Beschaffungsamt der Bundeswehr, dem BAAINBw in Koblenz, sind seit Jahren mehrere tausend Stellen unbesetzt, gleichzeitig läuft derzeit zum wiederholten Male eine Reorganisation. Im Rahmen der Berateraffäre haben der Bundesrechnungshof und der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zahlreiche Vergaberechtsverstöße im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung aufgedeckt. Doch neben den zeitlichen Verzögerungen und finanziellen Mehrkosten gibt es ein weiteres, meist weniger beachtetes Problem beim Beschaffungswesen. Der Natur- und Artenschutz spielt bei der Beschaffung oftmals keine oder eine viel zu geringe Rolle. Das Segelschulschiff der Marine, die Gorch Fock, ist hierfür ein trauriges Beispiel. Bei der scheinbar endlosen Sanierung des Schiffs ist der Einsatz von Teak-Holz aus dem Urwald Myanmars für das Deck geplant. Für das Holz liegt kein Nachweis der Legalität vor. Mit derartigen Vorgängen werden die deutschen Bemühungen für den internationalen Schutz von Urwäldern konterkariert.

Bislang gibt es nicht einmal eine konsequente Erfassung der durch die Bundeswehr verursachten Treibhausgasemissionen. Dabei ist spätestens seit den 1990er Jahren klar, welche verheerenden Konsequenzen der Ausstoß von Treibhausgasen für den Planeten hat. Bei sämtlichen Beschaffungsentscheidungen muss der CO2- Ausstoß daher stärker gewichtet werden. 

Über 300 Bundeswehrstandorte 

Der Gebäudebereich der Bundeswehr hat einen signifikanten Einfluss auf den Klimaschutz. Angesichts des bestehenden Sanierungs- und Modernisierungsstaus in den Bundeswehrstandorten hat die Bundeswehr hier Nachholbedarf. Mit nachhaltigen, klimaschonenden Baustoffen, Effizienzsteigerung und der Nutzung von erneuerbaren Energien können sogar Null- oder Plusenergiehausstandards erreicht werden. So könnte die Bundeswehr eine Vorbildfunktion einnehmen. Insbesondere in diesem Bereich besteht ein erhebliches Einsparpotenzial für Treibhausgasemissionen.

Schritt in die richtige Richtung

Zu Beginn ihrer Amtszeit hat Frau Kramp-Karrenbauer mit ihrer Forderung für kostenlose Bahnfahrten für Soldatinnen und Soldaten in Uniform teilweise Spott geerntet. Dass sich mit der Deutschen Bahn und dem Verteidigungsministerium zwei staatliche Stellen öffentlich gestritten haben, war auch alles andere als optimal. Die Bundeswehr ist eine Pendlerarmee und bei den kostenfreien Bahnfahrten in Uniform geht es in aller Regel um Fahrten von und zum Dienst. Eine Regelung, die dazu führt, dass insbesondere Wochenendpendlerinnen und –pendler häufiger vom Auto auf die Bahn umsteigen ist daher begrüßenswert. 

Die Bundeswehr kann profitieren

Innerhalb des Bundesministeriums der Verteidigung und der Bundeswehr ist nach wie vor ein Umdenken erforderlich. Beim gemeinsamen Kampf gegen die Klimakrise und dem Beitrag, den alle Ressorts leisten müssen, geht es nicht darum die Bundeswehr zu schwächen oder handlungsunfähig zu machen. Beiträge zum Klimaschutz, wie Einsparmaßnahmen beim Treibstoffverbrauch sind auch im Eigeninteresse der Bundeswehr. Ein geringerer Treibstoffverbrauch oder alternative Antriebstechnologien führen beispielsweise zu einem geringeren Versorgungsaufwand und verringern so die Abhängigkeit von der Brennstoffversorgung. Größere taktische Mobilität und Flexibilität sind der Vorteil. 

Die Bundeswehr muss alle ihr möglichen Schritte gehen und ihren Beitrag leisten, um zur Einhaltung der Pariser Klimaziele beizutragen. Zur Bewältigung der Klimakrise muss die Bundesregierung sich stärker im internationalen Rahmen, wie innerhalb der NATO oder der Vereinten Nationen, für eine generelle Reduktion des CO2-Ausstoßes aller Streitkräfte einsetzen.


Dr. Tobias Lindner, Mitglied des Deutschen Bundestages, Sprecher für Sicherheitspolitik der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN


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