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Wir brauchen eine Weltpolitik

75 Jahre nach Gründung der Vereinten Nationen ist die damit verbundene, aus den Lehren zweier verheerender Weltkriege entstandene Idee, ein Gremium zu schaffen, in dem die Staaten gemeinsam versuchen, Weltprobleme zu lösen und Konflikte friedlich beizulegen, wichtiger denn je.

Zugleich wird das Völkerrecht als Basis des gemeinsamen Agierens der Staaten von immer mehr Staaten in Frage gestellt, die auf das Recht des Stärkeren setzen.

Wenn die Vereinten Nationen in 25 Jahren ihr dann 100-jähriges Jubiläum erfolgreich feiern wollen, muss es heute darum gehen, den nationalen Egoismus zu überwinden. Wenn Noch-US-Präsident Trump nicht einmal vor Sanktionen gegen Verbündete zurückschreckt, um die Nordstream 2-Gaspipeline aus wirtschaftlichen Motiven zu verhindern und damit einen Markt für US-Flüssiggas zu eröffnen, das unter ökologisch bedenklichen Umständen gefördert wird, wird ersichtlich, wohin nationaler Egoismus führt.

Die wirklichen Weltprobleme Klimawandel, soziale Ungleichheit, Zugang zu Ressourcen, friedliche Lösung der internationalen Konfliktherde betreffen die ganze Menschheit und lassen sich nicht auf Kosten eines Teils, sondern nur miteinander lösen.

Die Welt rückt gegenwärtig enger zusammen. Konzerne werden zu weltumspannenden Netzwerken. Von überall können sie geleitet werden. Beschäftigte, Ressourcen, Produktions- und Dienstleistungsstätten stehen überall zur Verfügung. Die Wirtschaftsmacht überwindet die Nationalstaatsgrenzen, so dass wir mehr denn je eine Weltpolitik brauchen, die regulierend bei der Weltwirtschaft eingreifen kann. Die Corona-Pandemie führt uns erneut vor Augen, dass die Vereinten Nationen und ihre Organisationen gestärkt werden müssen. Anders als uns die vornehmlich rechtspopulistischen Verfechter des nationalen Egoismus glauben machen wollen, lassen sich auch nationale Interessen ohne internationalen Ausgleich zunehmend weniger umsetzen. So halte ich es für überlegenswert, wenn die Vereinten Nationen neben dem Sicherheitsrat einen Klimarat einrichteten, in dem die besonders vom Klimawandel betroffenen Staaten ein Vetorecht bekämen.

Die Vereinten Nationen haben in den 75 Jahren ihres Bestehens trotz aller regionalen Konflikte dazu beigetragen, dass der Weltfrieden erhalten und Menschenrechte auf der Tagesordnung blieben. Sie können und sollen ein wichtiges Instrument werden, damit die Menschheit auch den aktuellen Herausforderungen begegnen kann.
 

Gregor Gysi ist Rechtsanwalt und Mitglied des Deutschen Bundestags für die Partei Die Linke


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