Gleiche Rechte - gleiche Freiheit? Das Diskriminierungsverbot auf dem Prüfstand

Das Diskriminierungsverbot ist ein zentraler Bestandteil des internationalen Menschenrechtsregimes und der demokratischen Grundordnung der BRD: „(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. […] (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und
Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ (Art. 3 GG, siehe auch Art. 2 und 7 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte).
Ungleiche Rechte und Freiheiten sowie Diskriminierungen aufgrund der benannten Merkmale bleiben national und international jedoch gegenwärtig. Gemeinsam mit dem Forum Menschenrechte, dem Arbeitskreis Menschenrechte der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW) und der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN) lädt die Schader-Stiftung zu einer Tagung ein, die sich mit verschiedenen Themen rund um das Diskriminierungsverbot auseinandersetzt.
Diskriminierung tritt in verschiedenen Formen auf, bei alltäglichen Begegnungen, strukturell oder auch institutionell. Menschen können aufgrund ihrer individuellen Merkmale in mehrfacher Weise von Diskriminierung betroffen sein. Dabei erfasst das eingangs zitierte Diskriminierungsverbot nicht all diese Faktoren und Dimensionen. Kann Art. 3 GG der Diversität von Menschen und Diskriminierungsformen gerecht werden? Welche Diskriminierungsformen, welche diskriminierenden Strukturen sind hier ‚blinde Flecken‘?
Das Bildungssystem ist ein institutionelles Beispiel, an dem sich diskriminierende Strukturen nachvollziehen lassen, vom Kindergarten bis in die Universitäten. Welche Diskriminierungsformen sind im deutschen Schulsystem vorzufinden? Welche Handlungsansätze und Maßnahmen gegen Diskriminierung sind zielführend? Wie kann diskriminierungskritische Schulentwicklung aussehen?
Das zitierte Gleichheits- und Gleichberechtigungsgebot bezieht sich zuvorderst auf das Verhältnis zwischen Staat und Individuum. Diskriminierung kann in allen Lebensbereichen auftreten, innerhalb staatlicher Institutionen wie der Polizei, bei der Jobsuche bis hin zum Familienleben. Wer ist hier für die Achtung und Durchsetzung des Diskriminierungsverbotes zuständig? Inwiefern darf und muss der Staat auf gesellschaftliche und private Räume einwirken, um Gleichberechtigung zu realisieren? Muss rechtliche Gleichheit mit gleichen Freiheitsrechten zusammenfallen, oder können ungleiche Rechte zur Gleichberechtigung beitragen? Beispiele sind die Arbeitswelt oder das Internet, wo technologische Entwicklungen wie der Einsatz von Algorithmen auf diskriminierende Aspekte hin untersucht werden müssen.
Auf regionaler und internationaler Ebene ist das Diskriminierungsverbot in Menschenrechtskonventionen und den entsprechenden Überprüfungsmechanismen fest verankert. Doch wie steht es um den Schutz vor Diskriminierung, wenn Staaten im Bereich Frieden und Sicherheit zusammenarbeiten, etwa im UN-Sicherheitsrat?
Alle Interessierten sind herzlich zur Fachtagung eingeladen, um die genannten und anschließende Themen gemeinsam mit den Referierenden zu diskutieren. Geplant ist eine hybride Veranstaltung, so dass eine Teilnahme sowohl vor Ort als auch online möglich ist.
Programm
10:00-10:15 Uhr Begrüßung
Alexander Gemeinhardt, Schader-Stiftung
10:15-11:15 Uhr Diskriminierung trotz Diskriminierungsverbot
„Juristisch ist und bleibt er ein Mann“ – wie heteronormative Vorstellungen Menschen heutzutage
immer noch diskriminieren
Florence Colliard, Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg im Breisgau
Klassismus und soziale Ungleichheiten im Kontext der UN-Kinderrechtskonvention. Ein
praxisnaher Blick auf eine wiederentdeckte Diskriminierungsform
Maike Simla und Till Mischko, Deutsches Kinderhilfswerk e.V., Berlin
11:15-11:30 Uhr Pause
11:30-12:30 Uhr Vielfalt und Diskriminierung an Schulen
Diskriminierungskritische Schulentwicklung
Mytree Delfs, Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V., Berlin
Diskriminierung in der Schule: Befunde und Handlungsansätze
Aliyeh Yegane, Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen (ADAS)/
LIFE e.V., Berlin
12:30-13:00 Uhr Hat der VN-Sicherheitsrat eine Gleichberechtigungs-Agenda?
Dr. Wiebke Rückert, Auswärtiges Amt, Berlin, derzeit Kollegforschungsgruppe
„The International Rule of Law – Rise or Decline?“
13:00-14:00 Uhr Mittagessen
14:00-15:00 Uhr Herausforderungen für das Diskriminierungsverbot: Filter und Profiling als Prüfsteine
Künstliche Intelligenz als Herausforderung für das Diskriminierungsverbot
Michael Puntschuh, Beyond AI Collective e.V., Oslo
Die Anwendung von Diskriminierungsverboten zur Bekämpfung von Racial Profiling durch
öffentliche Stellen in Frankreich, Deutschland und in internationalen Menschenrechtsvorschriften
Claire Lops, Rechtsanwältin, Berlin
Dr. Mathias Möschel, Central European University Wien
15:00-15:15 Uhr Pause
15:15-16:45 Uhr Gleiche Freiheit – ungleiche Rechte?
Diskriminierungsverbot – und manchmal doch ein Diskriminierungsgebot? Eine Annäherung
aus personalwirtschaftlicher Sicht
Prof. Dr. Steffen Hillebrecht, Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-
Schweinfurt
Privilegierte Gläubige – diskriminierte Atheisten? Zur Zulassung und Beschränkung (nicht-)
religiöser Veranstaltungen in der Pandemie
Prof. Dr. Sebastian Wolf, Medical School Berlin
Würde oder Gleichheit? – Warum das Antidiskriminierungsrecht die Freiheitsrechte braucht
Nils Weinberg, Humboldt-Universität zu Berlin
16:45 Uhr Ende der Veranstaltung
Weitere Informationen und Anmeldung bis zum 8. Dezember 2022 unter: www.schader-stiftung.de/GleicheRechte
Veranstalter
Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN)
Forum Menschenrechte
Arbeitskreis Menschenrechte der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW)
Schader-Stiftung
Veranstaltungsadresse
Schader-Forum
Goethestraße 2
64285 Darmstadt