Auf Kurs Nachhaltigkeit? Wir befragen die Generalsekretäre
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Die Vereinten Nationen rufen eindringlich zu einem „Jahrzehnt des Handelns“ auf: Wenn die Bemühung nicht enorm verstärkt und die internationale Zusammenarbeit nicht verbessert werden, sei es illusorisch, bis 2030 die Ziele für eine weltweite nachhaltige Entwicklung, wie die Überwindung von extremer Armut und Hunger, zu erreichen und im Kampf gegen den Klimawandel und die Corona-Pandemie voranzukommen.
Vor der Bundestagswahl fragen wir: Nachhaltige Entwicklung oder "business as usual?"
In diesem Jahr stehen die Bundestagswahl und mehrere Landtagswahlen an. Wie stellen sich die Parteien, die für eine Regierungsbeteiligung in Frage kommen, hinsichtlich der globalen Herausforderungen auf? Welchen Stellenwert geben sie der internationalen Zusammenarbeit und der Agenda 2030 in ihren Wahlprogrammen?
Brot für die Welt, MISEREOR und die DGVN haben am 3. März 2021 die Generalsekretäre und Vertreterinnen der Parteien Paul Ziemiak (CDU), Lars Klingbeil (SPD), Nicola Beer (stellvertretende Vorsitzende der FDP), Jörg Schindler (Die Linke), Michael Kellner (Bündnis 90/ Die Grünen) und Markus Blume (CSU) befragt.
Hier sind die spannendsten Antworten:
Wie viel Platz ist für Entwicklungspolitik?
“Deutschland kann die Probleme nicht alleine lösen, aber wir haben nicht nur durch unsere wirtschaftliche Stärke eine große Verantwortung, sondern, weil man uns vertraut. Wenn wir uns dieser Dimension bewusst sind, können wir viel erreichen.”
“Ich glaube an eine Welt ohne Hunger. Das ist kein Hirngespinst, das ist nicht utopisch. […] Wenn wir zusammenarbeiten, können wir eine Welt ohne Hunger schaffen.”
Paul Ziemiak, Generalsekretär der CDU
Welchen Stellenwert hat die internationale Zusammenarbeit?
"Wir müssen eine Mentalität entwickeln, dass wir globale Probleme auf Augenhöhe angehen. Es geht nicht darum, dass wir als reiches Industrieland den anderen etwas Gutes tun, es geht um neue Formen der Kooperation. Wir sehen gerade in der Corona-Zeit, dass wir globale Probleme global bekämpfen müssen. Das geht nur auf Augenhöhe und partnerschaftlich. Nicht nur zwischen Staaten, sondern auch mit der Zivilgesellschaft und NGOS.”
Lars Klingbeil ist überzeugt: “Diese Zeit führt uns vor Augen, dass wir besser werden müssen in der globalen Kooperation”. Deshalb will die SPD an der Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit festhalten und hat das in ihrem Wahlprogramm festgeschrieben.
Lars Klingbeil, Generalsekretär der SPD
Wie steht es um Klima und Menschenrechte?
"Was ich mir wünschen würde als konkretes Projekt für die nächste Legislaturperiode wäre tatsächlich ein Menschenrechts-TÜV für den internationalen Handel. Also zu überprüfen, welchen Beitrag Deutschland zur Stärkung der Menschenrechte leistet. [...]
Zusätzlich zur ODA-Quote (die öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit) brauchen wir mehr Mittel für die Klimafinanzierung. Da schlagen wir 800 Millionen zusätzlich im Jahr vor, das soll oben drauf kommen. Weil wir die großen globalen Anstrengungen nur gelöst kriegen, wenn wir die sozial-ökologische Transformation vorantreiben.”
Michael Kellner, Bundesgeschäftsführer von Bündnis 90/ Die Grünen
...und wie um soziale Gerechtigkeit?
“Soziale Gerechtigkeit ist eine Frage, die sich weltweit stellt. Insbesondere werden wir in der Bundesrepublik keine nationale Gerechtigkeit herstellen können, wenn wir das nicht auch in einen internationalen Kontext stellen und Standards schaffen, die über unsere nationalen Grenzen hinaus wirken. Das gilt für die Frage der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, für die Frage von Lieferketten, Handelsbeziehungen, Kooperations- statt Freihandelsabkommen, Sozialstandards und natürlich auch für eine friedliche Entwicklung.”
"Wir schlagen einen Green New Deal vor, der auf die Frage der sozialen Sicherheit abzielen muss” betont Jörg Schindler. “Wenn wir die ökologische Veränderung, die notwendig ist und die wir brauchen, als Bedrohung zelebrieren, wird sie abgelehnt werden in der Bevölkerung.” Foto: Hermann Bredehorst
Jörg Schindler, Bundesgeschäftsführer Die Linke
Wie sollen kohärente Strategien aussehen?
“Wir müssten sowohl in Deutschland als auch in Europa die Entwicklungsarbeit noch viel stärker kohärent nach vorne treiben. Wenn ich sehe, dass wir alleine in Deutschland in der Bundesregierung 15 Ressorts beteiligt haben, jeder mit einzelnen Projekten, würde ich mir wünschen, dass wir das stärker bündeln und eine kohärente Strategie haben, die wir in eine ambitioniertere Zusammenarbeit auf der europäischen Ebene einbringen können. Wir haben sogar das Ziel, 3 Prozent auszugeben für eine vernetzte Politik von Entwicklungszusammenarbeit, Diplomatie und Sicherheitspolitik - das würde uns letztlich mehr Durchschlagskraft bringen, für das was wir letztlich weltweit vorantreiben wollen.”
Nicola Beer, Stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP
Wie schaffen wir Impfgerechtigkeit?
“Die Welt nach Corona wird eine andere sein. Corona wird in der entwickelten Welt vielleicht schon hinter uns sein, aber in anderen Teilen der Welt noch nicht. Das heißt, wir müssen Corona weltweit bekämpfen. Wir brauchen eine Impfallianz. Deutschland hat gerade 1,5 Milliarden zugesagt für diese Impfallianz. Wir wissen aber, dass wir einen zweistelligen Milliardenbetrag dafür brauchen.”
In Sachen Impfstoffproduktion zieht Markus Blume eine positive Bilanz: “Ein flammendes Plädoyer für die Marktwirtschaft! Es ist ein gigantischer Erfolg, dass wir innerhalb von 12 Monaten eine solche Auswahl an Impfstoffen zur Verfügung haben.“
Markus Blume, Generalsekretär der CSU
Dr. Nina Brodbeck und Alexa Knapp