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Better Together? – Die Finanzierung von Friedenseinsätzen der Afrikanischen Union durch die UN

Die Friedenssicherung durch die Afrikanische Union – auch in Kooperation mit den UN - nimmt eine immer wichtigere Rolle auf dem afrikanischen Kontinent ein. Doch neben Zusammenarbeit steht eine strittige Frage im Raum: Wer soll die Einsätze bezahlen?

Eine Polizistin mit blauem Helm schüttelt ein paar Kindern die Hände.
Eine ghanaische Polizistin während des mittlerweile abgeschlossenen Hybriden Einsatzes der Afrikanischen Union und der UN in Darfur, Sudan. (UN Photo/Albert Gonzalez Farran)

Afrikanische Staaten stellen nicht nur einen entscheidenden Anteil des Personals in Friedensmissionen der Vereinten Nationen, sondern führen durch afrikanische subregionale Organisationen wie die Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) oder die Regionalorganisation Afrikanische Union (AU) selbst Friedensmissionen durch. Derzeit sind vier afrikanische unter den zehn Staaten, die am meisten Truppen- und Polizeikräfte für UN-Friedensmissionen stellen.

Die Friedensmissionen der Afrikanischen Union – immer wichtiger

Seit ihrer Gründung im Jahr 2002 hat die AU die Afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur schrittweise eingerichtet. In diesem Rahmen haben die AU und afrikanische subregionale Organisationen bis Ende 2022 insgesamt 27 Friedensmissionen durchgeführt. Diese werden als ‚Friedensunterstützungsmissionen‘ (Peace Support Operations - PSO) bezeichnet. Dazu zählen beispielsweise Friedensdurchsetzung (peace-enforcement), Stabilisierungsinterventionen oder Terrorismusbekämpfung. Beispiele für PSOs sind die African Transition Mission in Somalia (ATMIS) oder die African Union Mission in Burundi (AMIB). Schon alleine die Größe der PSOs der AU zeigt, dass diese einen wichtigen Beitrag zum Frieden und zur Sicherheit auf dem Kontinent leisten. Die Personalstärke von Friedensmissionen der AU und subregionaler Organisationen ist nach den UN mit knapp 44 000 Personen auf dem zweiten Platz verankert. Zum Vergleich: Die EU stellt lediglich 4 000 Einsatzkräfte.

Die Besonderheit der PSOs liegt darin, dass mit ihnen schneller in Krisen interveniert werden kann: Sie verfügen durch die Anbindung an Regionalorganisationen über regionale Expertise und einen geographischen Vorteil. Kein Akteur im Friedens- und Sicherheitsrat der AU hat ein Vetorecht, um Entscheidungen zu blockieren, und Mandate sind oftmals besser auf die Konfliktdynamiken zugeschnitten. Die afrikanischen Friedensunterstützungsmissionen werden bisher weiterhin im Sicherheitsrat der UN mandatiert. Doch vor dem Hintergrund einer abnehmenden Zusammenarbeit zwischen den Großmächten - seit 2014 wurde keine neue militärische UN-Friedensmission etabliert – könnten die PSOs eine Alternative zur Friedenssicherung durch die UN darstellen. Zudem schränkt gerade die Finanzierungsfrage als ewiger Streitpunkt die PSOs in ihrer Effektivität ein. Dagegensprechen könnte, dass AU-Friedensunterstützungsmissionen derzeit noch nicht den Vorgaben der UN-Friedensmissionen entsprechen.

Die Finanzierungsfrage: Planungsunsicherheit schwächt AU-Friedensmissionen

Seit geraumer Zeit fordern die afrikanischen Staaten im UN-Sicherheitsrat finanziellen Beistand für die AU-Friedensunterstützungsmissionen. Zuerst warf Südafrika diese Frage während seiner Sicherheitsratsmitgliedschaft 2007/2008 auf. Acht Berichte, fünf Resolutionen und acht präsidentielle Erklärungen wurden seitdem im Sicherheitsrat zu diesem Themenkomplex verabschiedet. Die rechtliche Grundlage für eine Kooperation zwischen Regionalorganisationen und den UN ist Kapitel VIII der UN-Charta, das sich mit „Regionalen Abmachungen“ beschäftigt.

Die Finanzierung von PSOs ist stark abhängig von externen Geldern: Zwei Drittel des 295 Millionen US-Dollar umfassenden AU-Friedensfonds und 100 Prozent des PSO-Budgets (279 Mio. US-Dollar) stammen aus externen Quellen. Da diese zumeist unregelmäßige Finanzierungen wie Finanzhilfepakete und internationale Geberkonferenzen umfassen, sind PSOs von Planungsunsicherheit gekennzeichnet. So steht beispielsweise ATMIS aufgrund von Budgetkürzungen durch externe Partner finanziellen Schwierigkeiten gegenüber. Deswegen ist die AU bestrebt, für die Umsetzungs- und Planungssicherheit ihrer Missionen verlässliche Finanzierungsmechanismen zu etablieren. Vor allem die Vetomächte USA und Großbritannien sehen jedoch eine Finanzierung durch die UN kritisch und berufen sich auf fehlende UN-Standards bei AU-Friedenseinsätzen. Auch Transparenzprobleme und mangelhaftes Management werden häufig als Gründe aufgeführt.

In seinem Bericht aus dem Jahr 2017 präsentierte der Generalsekretär vier Optionen für eine geregelte Finanzierung:

  1. Ad-hoc-Zuschüsse der UN in Not- oder Ausnahmesituationen, bei denen die verfügbaren Mittel aus dem Friedensfonds, dem Hauptfinanzierunginstrument der AU für Friedenseinsätze, und anderen Quellen nicht ausreichen.
  2. Eine geteilte Finanzierung eines gemeinsam entwickelten Missionsbudgets, das von der AU verwaltet wird.
  3. Die Errichtung eines UN-Unterstützungsbüros, das durch Beiträge finanziert wird, um bestimmte, vom Sicherheitsrat festgelegte Aufgaben für die Unterstützung einer PSO wahrzunehmen.
  4. Eine gemeinsame Finanzierung einer hybriden UN-AU-Mission, die von den UN verwaltet wird, bei der jedoch die AU einen Teil der Kosten im Einklang mit ihrer Verpflichtung übernimmt, einen Teil des Finanzbedarfs ihrer eigenen PSOs zu decken.

Entsendungen und Finanzierung würden vom Sicherheitsrat von Fall zu Fall entschieden werden. Wenn finanzielle Unterstützung bewilligt würde, ginge dies wiederum im Rahmen des Haushaltsverfahrens an die Generalversammlung, die über Höhe der Mittel und die Art und Weise der Aufteilung entscheidet.

Aktuelle Entwicklungen und ausstehende Probleme

Mit der Wahl von Biden als neuer US-Präsident und der russischen Aggression in der Ukraine haben sich die Dynamiken im Sicherheitsrat stark verändert, wodurch neuer Wind in die Segel der Finanzierungsfrage geblasen wurde. Im August 2022 veröffentlichte der Sicherheitsrat eine präsidentielle Erklärung. Darin wurde Generalsekretär Guterres beauftragt, bis Ende April 2023 einen Bericht über die Fortschritte bei den in Resolution 2320 (2016) und 2378 (2017) festgelegten Verpflichtungen und Empfehlungen zum weiteren Vorgehen im Rahmen der Finanzierungsfrage vorzulegen.

Der neue Bericht erkennt unter anderem an, dass die AU bereits Schritte unternommen hat, um auf ihre Finanzdefizite zu reagieren, die Operationalisierung des Friedensfond voranzutreiben und ihre Menschenrechtsstandards zu verbessern. Nichtsdestotrotz sind sensible Themenbereiche weiterhin die finanzielle Lastenteilung, Rechenschaftspflicht und Aufsicht sowie Fragen, welche die Prinzipien der UN-Friedenssicherung betreffen. Die Optionen, die Guterres in seinem Bericht von 2017 vorlegte, werden auch im aktuellen Bericht erneut bekräftigt. Die dort genannten Optionen 1 und 3 werden im Bericht von 2022 jedoch als kaum umsetzbar dargestellt.

Insgesamt gibt es einen breiten Konsens im Sicherheitsrat darüber, dass die UN für PSOs „angemessene, nachhaltige und vorhersehbare Finanzierung“ bereitstellen sollten. Uneinigkeit besteht jedoch noch immer vor allem hinsichtlich der Umsetzung. In greifbarer Nähe scheint eine Lösung nicht zu liegen.

Adrian Steube


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