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Bonner Erklärung „Für starke Vereinte Nationen in einer zerklüfteten Welt – Die Zeit zum Handeln ist jetzt“

„Bonner Erklärung“ der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN) aus Anlass der Sitzungen des geschäftsführenden Vorstands und des Präsidiums der DGVN am 23. Juni 2025 in Bonn.

Am 26. Juni 2025 sind 80 Jahre vergangen, seit die Charta der Vereinten Nationen auf der Gründungs­konferenz in San Francisco verabschiedet wurde. Darin haben die Staaten der Welt ihre Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg gezogen und ein kollektives Sicherheitssystem vereinbart, das auf den drei Säulen Frieden und Sicherheit, Entwicklung und Menschenrechte gegründet ist. Aus diesem historischen Kontext erwächst Deutschland eine besondere Verantwortung für die Vereinten Nationen als unverzichtbare Plattform für globale Kooperation. 

Heute steht die Welt erneut an einem historischen Wendepunkt. Zunehmende Machtpolitik, die Erosion des internationalen Rechts und der Rückzug aus multilateralen Vereinbarungen schwächen die in der Charta der Vereinten Nationen von allen Mitgliedsstaaten bekräftigten Ziele und Grundsätze. Der Klimawandel erfordert eine gemeinsame Anstrengung, sich mit der Nachhaltigkeit in allen drei Säulen als zentrale Herausforderung zu befassen. Deswegen braucht die Weltorganisa­tion einen neuen Aufbruch, eine frische Verpflichtung zur multilateralen Bewältigung gemeinsamer Aufgaben und tatkräftiges Handeln. 

Die zunehmenden geopolitischen Spannungen zwischen China, Russland und den USA, eine sich verschärfende Finanz- und Liquiditätskrise, die auch die Vereinten Nationen betrifft, die dramatische Zunahme weltweiter Krisen – von Naturkatastrophen über Pandemien bis hin zu bewaffneten Konflikten und systematischen Menschenrechtsverletzungen – verdeutlichen, dass die internationalen Herausforderungen an Komplexität und Dringlichkeit zunehmen, während die Handlungsfähigkeit der Vereinten Nationen zu schwinden droht. Die angekündigten Sparmaßnahmen im Rahmen der „UN80“-Initiative des UN-Generalsekretärs sind keine ausreichende strategische Antwort auf diese Herausforderungen.

Eine handlungsfähige und finanziell solide ausgestattete Weltorganisation ist für die gemeinsame Bewältigung der globalen Krisen unerlässlich. Stattdessen drohen die Vereinten Nationen unter dem Druck struktureller Unterfinanzierung und mangels strategischer Reformen zentrale Programme nicht weiter bedienen zu können. Dies stellt nicht nur die Wirksamkeit der Vereinten Nationen in ihren Kernfunktionen infrage, sondern untergräbt das Vertrauen in multilaterale Lösungen allgemein.

Die DGVN ruft daher Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland mit Nachdruck zur Unterstützung der Vereinten Nationen auf:


1. Globale Krisen gemeinsam anpacken

Friedenssicherung, nachhaltige Entwicklung und der Schutz der Menschenrechte erfordern gemeinsame Lösungen. Die Vereinten Nationen sind das einzige Forum, das alle Staaten gleichberechtigt an einen Tisch bringen kann. Deutschlands Partnerschaften mit Ländern des sog. Globalen Südens können frische Impulse für das UN-System erzeugen und neue Koalitionen schmieden helfen.


2. Multilateralismus gegen Blockaden verteidigen

Die Vereinten Nationen müssen wieder zum Ort konstruktiver Diplomatie werden. Die globalen Herausforderungen können nur mit- nicht gegeneinander gelöst werden. Deutschland sollte mit strategischen Partnern pragmatische Lösungen jenseits ideologischer Positionen entwickeln. Jüngste Vereinbarungen im Rahmen der Vereinten Nationen, zum Beispiel zum Schutz der Biodiversität und im Meeres­schutz, das internationale Pandemieabkommen, der UN-Zukunftspakt sowie Beschlüsse zur Reform der UN-Friedenssicherung zeigen das Potenzial eines konstruktiven Multilateralismus.


3. Eine völkerrechtsbasierte internationale Ordnung stützen

Deutschland muss sich aktiv durch seine Handlungen für die Geltung des internationalen Rechts einsetzen und national seine völkerrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere im Bereich des Menschenrechtsschutzes, konsequent umsetzen. Dazu gehören die konkrete Ausgestaltung des zukünftigen deutschen Beitrags zur internationalen Schutzverantwortung sowie Respekt für den Status und die Entscheidungen unabhängiger internationaler Gerichte als Grundlage seiner internationalen Glaubwürdigkeit


4. Zivilgesellschaft und Jugend einbinden

Die Zukunft des Multilateralismus lebt vom Engagement der Menschen. Deutschland sollte zivilgesellschaftliche Beteiligung an UN-Prozessen fördern und insbesondere junge Menschen in multilaterale Entscheidungsprozesse vermehrt einbinden. Darüber hinaus ist eine jährliche Debatte des Bundestages und ein regelmäßiger und strukturierter Dialog der Regierung mit der Zivilgesellschaft über die aktuellen Themen der UN-Politik erforderlich.


5. Finanzielle Handlungsfähigkeit sicherstellen

Deutschland sollte seine Rolle als verlässlicher Partner ausbauen, freiwillige Beiträge entsprechend seiner strategischen Interessen, insbes­ondere Beiträge ohne Zweckbindung, erhöhen und sich international für eine nachhaltige und verlässliche Finanzierung des UN-Systems einsetzen. Gerade angesichts des Rückzugs anderer Geber ist Deutschland gefordert, gemeinsam mit weiteren Mitgliedstaaten zusätzliche Beiträge zu leisten, um die Handlungsfähigkeit des UN-Systems zu bewahren. 


Der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung sind aufgerufen, sich klar und aktiv zu den Vereinten Nationen als zentralem Akteur der multilateralen Weltordnung zu bekennen, sich für handlungsfähige Vereinte Nationen und für die Durchsetzung internationalen Rechts einzusetzen. Eine vorausschauende Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik braucht handlungsfähige Vereinte Nationen. 

In dieser herausfordernden Zeit erwarten wir von der Bundesregierung angesichts der erneuten Bewerbung Deutschlands für einen Sitz im UN-Sicherheitsrat (2027-2028) eine deutliche politische und finanzielle Stärkung der Vereinten Nationen. 

Wer heute die Vereinten Nationen schwächt, fördert eine Welt der Machtpolitik ohne gemeinsame Regeln von morgen. Wer sie stärkt, investiert in eine gemeinsame Zukunft.

Für den Bundesvorstand und das Präsidium der DGVN

Dr. Ekkehard Griep
Vorsitzender 

Die Bonner Erklärung im PDF-Format


Aufruf zur Rückbesinnung“ an die Werte der UN-Charta, den ehemalige hochrangige UN-Beamten und internationale Beamten aus gleichem Anlass veröffentlicht haben


Charta der Vereinten Nationen

Die Charta der Vereinten Nationen ist der Gründungs­vertrag der Vereinten Nationen (United Nations). Ihre universellen Ziele und Grundsätze bilden die Ver­fassung der Staaten­gemeinschaft, zu der sich alle inzwischen 193 Mitglied­staaten bekennen.

Die Charta der Vereinten Nationen mit dem Statut des Inter­nationalen Gerichts­hofs wird von der DGVN in deutscher Über­setzung herausgegeben. Sie kann als pdf-Dokument heruntergeladen oder als Broschüre bestellt werden.


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