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Burundi – ein „Sorgenkind“ der Vereinten Nationen?

Burundi befindet sich auf Abschottungskurs gegenüber der internationalen Gemeinschaft. Während die politischen Entwicklungen Demokratie und Menschenrechte im Land gefährden, wird es für die Weltgemeinschaft zunehmend schwieriger einen konstruktiven Dialog mit der Regierung zu führen.

Fensterspiegelung beim Besuch des früheren UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon in Burundi im Jahr 2016 (© UN Photo/Eskinder Debebe)
Fensterspiegelung beim Besuch des früheren UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon in Burundi 2016 (UN Photo/Eskinder Debebe)

Im Inneren des ostafrikanischen Staates untergraben die politische Unterdrückung der Opposition und diverse Menschenrechtsverletzungen die mühsam aufgebauten demokratischen Grundpfeiler. Währenddessen wird es für die Weltgemeinschaft zunehmend schwieriger einen konstruktiven Dialog mit der Regierung zu führen. Nachdem diese Burundi als ersten Staat aus dem Internationalen Strafgericht zurückzog, ordnete sie nun die Schließung des UN-Menschenrechtsbüros in dem Land an. Der Fall Burundi zeigt: Der Handlungsspielraum der UN-Institutionen ist begrenzt, wenn ein Staat keinen Willen zur Kooperation zeigt.

Hintergrund: Ein Staat zwischen Gewalt und Hoffnung

Nach jahrzehntelanger politischer Instabilität und anhaltender Gewalt weckte der Vertrag von Arusha Anfang des Jahrhunderts Hoffnung auf Frieden und Demokratie in Burundi. Mit der Wahl von Pierre Nkurunziza zum Präsidenten und der Verabschiedung einer neuen Verfassung im Jahr 2005, sollten die Grundsteine für eine neue politische Ordnung und anhaltenden Frieden gelegt werden. Doch spätestens 2015 wurden diese Hoffnungen im Rahmen der verfassungswidrigen Kandidatur Nkurunzizas für eine dritte Amtszeit zerschlagen. Durch eine von der Opposition boykottierte Wahl wurde Nkurunziza im Amt bestätigt. Seither rücken besorgniserregende Meldungen über Menschenrechtsverletzungen und politische Unterdrückung das Land in den Fokus der internationalen Aufmerksamkeit. Human Rights Watch berichtet über politisch motivierte Ermordungen, Vergewaltigungen, Folter; besonders betroffen seien Oppositionelle, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten.

Angesichts der Präsidentschaftswahlen 2020 in Burundi scheinen sich die innenpolitischen Spannungen erneut zu verschärfen. Ein Referendum, welches die potentielle Amtszeit Nkurunzizas um weitere 16 Jahre verlängern soll, löste im Mai 2018 Protest und Empörung bei der Opposition aus. Obwohl Nkurunziza kurz nach dem Referendum verkündete nicht zu kandidieren, bleibt die Frage offen, inwieweit der Präsident gewillt ist seine Macht abzugeben. Darüber hinaus erreichte die zunehmende Einschränkung der Pressefreiheit letztes Jahr einen traurigen Höhepunkt, als die Regierung ausländische Reporter, darunter Journalisten des BBC, aus dem Land verbannte. Neben der politisch angespannten Lage kämpft das Land seit Jahrzehnten mit wirtschaftlichen und humanitären Problemen. Auf dem Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index, HDI) des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) belegte Burundi 2017 Platz 185 von 189. Laut UNHCR befinden sich rund 370.000 Burundier auf der Flucht vor politischer Gewalt und der humanitären Krise im Land. Die Belastung der umliegenden Staaten durch die problematische Versorgung der Geflüchteten trägt zu politischen Spannungen in der Region insbesondere zwischen Ruanda und Burundi bei. Die Gefahr einer Eskalation des burundischen Konflikts über nationale Grenzen hinaus schwebt seit 2015 wie ein Damoklesschwert über der ohnehin instabilen Region der afrikanischen Großen Seen.

Wie reagiert die internationale Gemeinschaft?

Internationale Kritik, Sanktionen und die Kürzung finanzieller Hilfen sollten die burundische Regierung zum Einlenken bewegen. Die Maßnahmen hatten bisher allerdings eher einen gegenteiligen Effekt. Nkurunzizas Regierung weicht jeglicher Kritik aus und schottet sich immer weiter von internationalen Institutionen ab. Seit insbesondere westliche Staaten mit Kürzungen der finanziellen Hilfen für Burundi auf die politische Krise 2015 reagierten, übernehmen primär China und Russland die Rolle der finanziellen Unterstützer. Mittlerweile scheint das Misstrauen von Nkurunzizas Regierung gegenüber internationalen Akteuren sogar den dringenden Bedarf an humanitärer Hilfe zu überwiegen. So wurden im September 2018 fast alle internationalen NGOs für mindestens drei Monate des Landes verwiesen, mit der Begründung, dass sie nicht die in der neuen Gesetzgebung geforderten Dokumente eingereicht hätten. Auch die Kooperation mit dem Hochkommissariat für Menschenrechte in Burundi ist seit einiger Zeit eingestellt und im Dezember 2018 veranlasste der Präsident die Schließung des UN-Menschenrechtsbüros.

Dennoch gelangen Berichte über massive Menschenrechtsverletzungen nach außen. Doch auch gegen die Verfolgung und Sanktionierung einzelner burundischer Straftäter und Gruppierungen auf internationaler Ebene wehrt sich die Regierung. So trat Burundi 2017 als erster Staat aus dem Internationalen Strafgericht (ICC) aus, nachdem dieses 2016 Untersuchungen im Hinblick auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Burundi aufnahm. Auch mit dem UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) befindet sich der ostafrikanische Staat auf Kriegsfuß. Seit 2016 soll eine Untersuchungskommission des UNHRC Menschenrechtsverletzungen in Burundi aufdecken, doch die Regierung weist jegliche Anschuldigungen des Gremiums zurück. So beschuldigte der burundische Botschafter Shingiro die Kommission im Oktober 2018, dass sie sein Land mit ihren verzerrten Berichten destabilisieren wollten. Für Aufruhr sorgte vor allem sein persönlicher Angriff auf den Vorsitzenden der Kommission, Doudou Diène aus dem Senegal. Mithilfe einer Anspielung auf den Sklavenhandel während der Kolonialzeit, warf Shingiro Diène vor, mit seiner Arbeit in der Kommission andere afrikanische Länder zu verraten bzw. zu „verkaufen“ und forderte ihn zum Rücktritt auf. Zuvor hatte die Regierung Nkurunzizas die Kommissionsmitglieder bereits zu Personae non gratae erklärt.

Der UN-Sicherheitsrat als letzte Hoffnung?

Auch sicherheitspolitisch scheint ein konstruktiver Dialog mit der burundischen Regierung schwierig. Bereits 2015 wehrte sich Burundi erfolgreich gegen den Vorschlag des Friedens- und Sicherheitsrats der Afrikanischen Union, eine Friedenstruppe in das Land zu entsenden. Seither lagen die Hoffnungen größtenteils auf der East African Community und dem von ihnen geführten Inter-Burundi Dialogue. Mit dem Fernbleiben der Regierung zur fünften Runde des Dialogforums im Oktober 2018 wurden allerdings auch diese Hoffnungen geschmälert. Im Sicherheitsrat und der Generalversammlung der UN betont Burundi immer wieder, dass die 2015 ausgelöste Krise überwunden sei und es keinerlei Grund gäbe, weshalb das Land auf der Agenda des Sicherheitsrates stehen sollte. Obwohl der Generalsekretär in seinen Berichten zur Lage in Burundi immer wieder Besorgnis zum Ausdruck bringt, erfährt die Haltung der burundischen Regierung unter anderem Unterstützung von China und Russland. Angesichts des Veto-Rechts der Länder scheinen dem Sicherheitsrat die Hände gebunden zu sein.

Ein Hoffnungsträger für die Aufrechterhaltung des Dialogs zwischen den UN und Burundi ist die Kommission für Friedenskonsolidierung (Peacebuilding Commission, PBC). Die PBC ist ein beratendes Gremium der UN, welches sich aus Vertretern des Sicherheitsrates, der Generalversammlung, des Wirtschafts- und Sozialrates und den größten UN-Truppenstellern und -Beitragszahlern (darunter auch Deutschland) zusammensetzt. Ihre Arbeit bedarf der Zustimmung des Staates, mit dem sie sich auseinandersetzt. Der Anreiz, Mittel aus dem Friedenskonsolidierungsfond (Peacebuilding Fund) zu erhalten, scheint genug Anreiz für Burundi zu sein, den Dialog dort aufrechtzuhalten. So berichtet die Kommission unter anderem an den Sicherheitsrat und könnte eine entscheidende Rolle als Vermittler zwischen den UN und dem ostafrikanischen Land spielen. Inwieweit sie ihren Fokus von sozioökonomischen Themen auf humanitäre und sicherheitspolitische Belange ausweiten kann und will bleibt jedoch abzuwarten. Bis dahin scheint die internationale Gemeinschaft in New York gezwungen zu sein, dabei zuzusehen, wie sich Burundi weiter abschottet und der Demokratie den Rücken kehrt.

Lena Cornelis


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