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DGVN trauert um Karl Theodor Paschke

Die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) trauert um ihr Präsidiumsmitglied Karl Theodor Paschke. In dankbarer Erinnerung nehmen wir Abschied von einem engagierten Vertreter des globalen Multilateralismus.

Karl Theodor Paschke (Foto: Raimond Spekking)

Karl Theodor Paschke war der erste Leiter des 1994 neugegründeten Amtes für interne Aufsichtsdienste (Office of Internal Oversight Services – OIOS), das auf US-Initiative von der UN-Generalversammlung mit besonderen Befugnissen eingerichtet wurde. Auf eine Amtszeit von fünf Jahren ohne Wiederwahl ernannt und ausgestattet mit besonderen Prüfungsbefugnissen, begann er eine – auch gegenüber dem Generalsekretär - unabhängige Arbeitseinheit im UN-Sekretariat aufzubauen.

Paschke hatte im Rahmen seiner diplomatischen Karriere bereits vorher als ständiger Vertreter des Leiters im Generalkonsulat in New Orleans von 1964 bis 1968 und als Leiter der Ständigen Vertretung beim Büro der Vereinten Nationen in Wien von 1984 bis 1987 sowie als Leiter des Pressereferats in der Botschaft in Washington, D.C., von 1987 bis 1990 die USA und die UN kennenlernen können.

Die Erwartungen vor allem der Presse waren im Jahr 1994 gegenüber dem Untergeneralsekretär Paschke eindeutig; er sollte Einzelfälle von Missmanagement, Günstlingswirtschaft und Korruption aufdecken sowie einen aufgeblähten Beamtenapparat beseitigen. „Die meisten wollten von mir Enthüllungsstories hören, haarsträubende Details über Verwaltungsmängel, Ressourcenverschwendung, kriminelles Verhalten von Personal, Management-Chaos“. Kritisch vermerkte er die Forderung der USA, die UN solle sich nach Art eines unter Absatzschwierigkeiten leidenden Wirtschaftsunternehmen gesundschrumpfen.

Paschke hingegen baute einen neuen Arbeitsbereich mit vier Schwerpunkten auf: Rechnungsprüfung und Managementberatung, Programmüberwachung und Inspektion, Programmauswertung sowie Disziplinaruntersuchungen. In zwei Artikeln, die 1996 und 1999 in der Zeitschrift VEREINTE NATIONEN erschienen, berichtete er detailreich über seine Bemühungen. Seine Ausgangsprämisse lautete: „In einem derartigen multikulturellen Biotop die stromlinienförmige Managementkultur eines Wirtschaftsunternehmens zu entwickeln, ist ein Ding der Unmöglichkeit“. Paschke bemühte sich von Anfang an, die präventive, proaktive Rolle seines Amtes zu betonen. Ihm ging es darum, die administrativen Leistungen des Managements und der Ressourcennutzung zu optimieren.

Im November 1999 beendete Karl Theodor Paschke seine Tätigkeit in New York. Nach fast dreieinhalb Jahrzehnten im Auswärtigen Dienst bilanzierte er diese fünf Jahre als einen wichtigen und erfüllten Abschnitt in seinem Leben. Sein Amt hat etwa 6000 Einzelempfehlungen ausgesprochen und mindestens 120 Millionen US-Dollar durch seine Prüftätigkeit einsparen können.

Bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2000 war er für das Auswärtige Amt als Sonderinspekteur für die deutschen Botschaften in der Europäischen Union (EU) tätig. Für fünf Jahre war er Vorsitzender des Budget- und Finanzkomitees des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) in Den Haag. Es folgten Vorträge und Lehraufträge an Universitäten und auf internationalen Konferenzen.

Ruhig und besonnen, offen für Kritik, sehr kommunikativ, freundlich-ironisch – so habe ich ihn mehrere Male erlebt. Leider habe ich ihn nur einmal als Jazzmusiker (Altsaxophon) auf einer Sommerparty auf dem Berliner Wannsee erleben dürfen. DER SPIEGEL berichtete 1994, dass der Jurist Paschke auf seinen Auslandsposten Jazzbands mit einheimischen Musikern gründete. Mehr noch: „Paschke kann in jeder Jam Session mit Profi-Musikern mithalten“.

Prof. Dr. Klaus Hüfner, Mitglied im DGVN-Präsidium