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Kehren die USA in die UNESCO zurück?

Seit Ende Dezember 2022 wurde in Washington, D.C., diskutiert, wann und unter welchen Bedingungen die USA wieder Mitglied der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) werden können.

Audrey Azoulay, UNESCO-Generaldirektorin, spricht anlässlich des 30. Jahrestages des Welttages der Pressefreiheit am 2. Mai 2023 in New York. (UN Photo/Eskinder Debebe)

Kürzlich erhielt die Generaldirektorin, Audrey Azoulay, einen Brief des stellvertretenen US-Außenministers mit konkreten Vorschlägen. Sie verlas dieses Schreiben am 12. Juni vor den Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedstaaten und begrüßte den Inhalt als Ausdruck des Vertrauens in die Arbeit der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization – UNESCO). Die Reaktion der anwesenden Mitgliedstaaten war ebenfalls mehrheitlich positiv. Lediglich China und Russland erinnerten an die Einhaltung internationaler Regeln, die sich vor allem auf die pünktliche Zahlung der Pflichtbeiträge zum jährlichen Haushalt beziehen.

In dem Brief der USA wurden zunächst der UNESCO Fortschritte bei den Management- und Verwaltungsreformen sowie bei der erfolgreichen Entpolitisierung in Nahost-Angelegenheiten bescheinigt. Nicht erwähnt, aber bereits in den USA intensiv diskutiert, wurde als Argument für die Rückkehr, dass China als gegenwärtig größter Beitragszahler einen sehr hohen Einfluss in der Organisation habe. Die USA wolle dabei sein, wenn es zum Beispiel um die Entwicklung von Regeln, Normen und Standards für künstliche Intelligenz geht.

Die UNESCO-Generalkonferenz entscheidet

Die Entscheidung über die Aufnahme eines Mitglieds trifft die UNESCO-Generalkonferenz, die alle zwei Jahre tagt. Die nächste Generalkonferenz findet vom 7. bis 22. November 2023 in Paris statt. Um eine angestrebte volle Mitgliedschaft der USA zu ermöglichen, bedarf es einer vorherigen Klärung, unter welchen Bedingungen die USA ihre Stimmrechte in den Entscheidungsgremien Exekutivrat und Generalkonferenz wahrnehmen können. Grundsätzlich heißt es in der Verfassung der UNESCO, dass ein Mitgliedstaat in der Generalkonferenz kein Stimmrecht hat, „wenn der Gesamtbetrag seiner rückständigen Beiträge den Gesamtbetrag der von ihm für das laufende Jahr und das vorhergegangene Kalenderjahr zu zahlenden Beiträge überschreitet“. Eine ähnliche Regelung gilt auch für die Wahl und das Stimmrecht im Exekutivrat, die nach dem Austritt der USA von der 40. Generalkonferenz im Jahr 2019 verabschiedet wurde. Weiterhin heißt es, dass die Generalkonferenz das Stimmrecht erteilen kann, wenn „der Zahlungsverzug durch Umstände verursacht wurde, die der betreffende Mitgliedstaat nicht zu vertreten hat“.

Der Schuldenberg, den die USA in der UNESCO hinterlassen haben, ist enorm hoch. Denn beginnend im Jahr 2011 stellten die USA aus Protest gegen die von der Generalkonferenz beschlossene Mitgliedschaft Palästinas die Zahlung ihrer Pflichtbeiträge zum ordentlichen Haushalt der UNESCO bis zu ihrem Austritt Ende des Jahres 2018 ein. Dadurch fehlten der Organisation jährlich 22 Prozent des ordentlichen Haushalts. Insgesamt sind es 611,77 Millionen US-Dollar, die noch zu zahlen sind.

Finanzierungsvorschlag der USA

Der Vorschlag der USA sieht wie folgt aus:

  1. Für die zweite Hälfte des Jahres 2023: 50 Prozent von 75 Millionen US-Dollar (= 37,5 Millionen US-Dollar) plus eine freiwillige Zahlung von 10 Millionen US-Dollar für ausgewählte Programme (Holocaust-Bildung, Journalisten-Sicherheit, Schutzmaßnahmen des Kulturerbe in der Ukraine, MINT-Bildung in Afrika).
  2. Für das Jahr 2024: 150 Millionen US-Dollar, je zur Hälfte für den Pflichtbeitrag und den Schuldendienst.
  3. Für die folgenden Jahre soll der US-Kongress wie unter 2. jeweils 150 Millionen US-Dollar bewilligen, bis die Schulden beglichen sind.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sich bei den 10 Millionen US-Dollar um freiwillige, für fünf Programmbereiche zweckbestimmte Beiträge handelt. Offen ist die Frage, ob die USA auch beim Schuldendienst Zweckbestimmungen einführen. Dies sollte auf jeden Fall verhindert werden, damit die UNESCO-Generalkonferenz frei über die Verteilung der gezahlten Finanzmittel entscheiden kann.

Der vorgeschlagene Schuldendienst beginnt im Jahr 2024 und läuft mindestens über acht Jahre bis 2031. Die USA verweisen auf gegenwärtige nationale Budgetbeschränkungen, die eine Zahlung des gesamten Betrages angeblich nicht ermöglichen. Auf Zinszahlungen wird an keiner Stelle eingegangen. Um diesen Schuldendienst zu akzeptieren, bedarf es einer Außerordentlichen Generalkonferenz, die Ende Juni 2023 stattfinden wird. Offen bleibt, ob mit der Akzeptanz des US-Zahlungsplans die oben genannten Verstöße gegen die Vorschriften der UNESCO-Verfassung rechtlich begründet werden können. Zu klären wäre unter anderem, ob die Schuldentilgung zumindest verkürzt werden kann. Auch eine Tilgung der gesamten Schulden durch eine private US-Initiative wäre denkbar.

Nur schrittweise Rückkehr

Das Verhalten der USA in den Jahren 2011 bis 2018 ist ohne Zweifel ein schwerer Verstoß gegen die Vorschriften der UNESCO-Verfassung gewesen. Mit einer Aufnahme der USA unter den Bedingungen der vorgeschlagenen Zahlungstermine würde die Organisation bereits erfolgte Rechtsverletzungen nachträglich sanktionieren.

Die bisherigen Reaktionen waren trotz der Verletzungen der Vorschriften der UNESCO-Verfassung positiv. Dies ist politisch durchaus zu begrüßen und entspricht den Intentionen multilateraler Zusammenarbeit. Aber ohne einen Kompromiss, der auch eine vollständige – staatliche oder private – Begleichung der Schulden enthält, ist nicht zu erwarten, dass bis Ende Juni 2023 die Außerordentliche Generalkonferenz die notwendigen Beschlüsse fasst, welche die Rückkehr der USA mit allen Rechten ermöglichen.

Prof. Dr. Klaus Hüfner, Mitglied im DGVN-Präsidium


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