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Klimawandel bedroht das Leben von Kindern

Obwohl Heranwachsende kaum zum Klimawandel beitragen, sind rund eine Milliarde Kinder durch dessen Folgen „extrem stark gefährdet". Das zeigt der erste „Klima-Risiko-Index für Kinder“ des UN-Kinderhilfswerks UNICEF.

Zwei Kinder laufen über eine staubige Straße und tragen leere Wasserkanister.
Der Süden Madagaskars ist häufig von verschiedenen Klimawandelfolgen wie Dürre betroffen. (Foto: UNICEF/Raoelison)

Beinahe jedes zweite Kind auf der Welt ist extrem hohen Risiken infolge der Klimakrise ausgesetzt. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF vorgelegt hat. Demnach ist fast die Hälfte der weltweit 2,2 Milliarden Mädchen und Jungen durch die Auswirkungen der Klimakrise und durch Umweltverschmutzung „extrem stark gefährdet“.

Schon heute ist nahezu jedes Kind auf der Welt von mindestens einer der Auswirkungen der Klimakrise bedroht, wie etwa Hitzewellen, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Krankheiten, Dürre und Luftverschmutzung. Kinder zählen damit zu den Haupt-Leidtragenden des Klimawandels. „Der Klimawandel ist zutiefst ungerecht. Obwohl Kinder für den Anstieg der globalen Temperaturen nicht verantwortlich sind, werden sie den höchsten Preis dafür zahlen“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore.

Kinder im Globalen Süden stärker betroffen

Rund eine Milliarde der Kinder weltweit sind sogar drei oder vier Klimarisiken gleichzeitig ausgesetzt. Sie leben in Ländern wie Indien, Nigeria oder den Philippinen; auch in vielen Ländern südlich der Sahara sind Kinder in der Regel mit mehreren Risiken konfrontiert. Damit dokumentiert der Bericht ein Missverhältnis zwischen den Ländern, die den Großteil der Treibhausgasemissionen erzeugen, und solchen Ländern, in denen Kinder von den stärksten klima- und umweltbedingten Auswirkungen betroffen sind. 33 Länder, in denen das Leben und Aufwachsen für Kinder aufgrund der Klimawandelfolgen „extrem risikoreich“ sind, verursachen nur neun Prozent der weltweiten CO2-Emissionen.

Weltweit leiden schon heute 820 Millionen Kinder unter Hitzewellen. Etwa 400 Millionen Mädchen und Jungen sind laut UNICEF durch Wirbelstürme bedroht. 330 Millionen Kinder sind Überschwemmungen durch Flüsse ausgesetzt, jeder zehnte Heranwachsende beziehungsweise 240 Millionen Kinder sind von Überflutungen in Küstenregion betroffen.

Risiken nehmen mit fortschreitendem Klimawandel zu

Dazu kommen schleichend einsetzende Veränderungen: Bereits heute leiden mehr als ein Drittel der Kinder weltweit unter Wasserknappheit. Dieses lebensbedrohende Risiko wird sich künftig noch verschärfen, weil der Klimawandel die Häufigkeit und Schwere von Dürren sowie die Variabilität von Regenfällen verändert. Mehr als 600 Millionen Kinder sind derzeit von Infektionskrankheiten wie Malaria oder Dengue bedroht, die durch Mücken oder andere Krankheitserreger übertragen werden – und in Folge der Klimakrise zunehmen werden.

Ziel des Risiko-Index ist es, das Ausmaß von Klimarisiken auf Kinder und ihre besondere Verletzlichkeit besser zu verstehen. Dazu wurden Daten zur Exposition von Kindern gegenüber klima- und umweltbedingten Gefahren, Schocks und Belastungen analysiert, auch die Verletzlichkeit von Kinder gegenüber diesen Gefahren wurde untersucht.

Insgesamt wertete UNICEF aktuelle Daten aus 163 Ländern aus. Deutschland landete bei dem Index der am stärksten betroffenen Länder auf Rang 142. Auch in Deutschland können klima- und umweltbedingte Schocks oder Belastungen Kinder treffen, aber der Zugang zu grundlegenden Angeboten wie Bildung wird dadurch kaum nachhaltig beeinträchtigt.

Klimawandel schwächt Kinderrechte

Anders ist das im Globalen Süden. Klima- und Umweltzerstörung können den Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen, Gesundheitsversorgung und Bildung erschweren. Diese Bedrohungen haben das Potential erzielte Fortschritte beim Lebensstandard, bei der Gesundheit und der Bildung zu untergraben.

Kinder brauchen aber eine saubere und intakte Umwelt, um heranwachsen zu können und sich gesund entwickeln zu können. In vielen Teilen der Welt hat der Klimawandel schon heute verheerende Auswirkungen auf das Wohlergehen von Kindern. Die Klimakrise gefährdet damit die Rechte von Kindern, wie sie in der UN-Kinderrechtskonvention verankert sind.

Die Ergebnisse sollen dabei helfen, Maßnahmen gegen den Klimawandel gezielter auf die am stärksten gefährdeten Gruppen auszurichten. „Wenn wir den Zugang von Kindern zur Grundversorgung verbessern, zur Gesundheitsversorgung und Bildung, kann sich auch ihre Fähigkeit, Klimagefahren zu überleben, erheblich verbessern“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. „UNICEF fordert Regierungen und Unternehmen nachdrücklich dazu auf, Kindern zuzuhören und Maßnahmen zu priorisieren, die Kinder vor den Auswirkungen des Klimawandels schützen, und gleichzeitig die Anstrengungen zur drastischen Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu beschleunigen.“

Regierungen sollen CO2-Ausstoß schnell verringern

Auf der Grundlage des Berichts ruft das UN-Kinderhilfswerk die Regierungen dazu auf, dringend mehr zu tun, um den Klimawandel und seine Auswirkungen zu bekämpfen und insbesondere die Treibhausgasemissionen zu verringern. Gleichzeitig soll mehr in Maßnahmen zur Klimaanpassung und die Bildung im Bereich Klima- und Umweltschutz junger Menschen investiert werden.

Junge Menschen sollen außerdem in alle nationalen, regionalen und internationalen Klimaverhandlungen und -entscheidungen einbezogen werden, auch auf der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow in diesem Herbst.

Der Bericht wurde gemeinsam mit Fridays for Future zum dritten Jahrestag der globalen Klimastreikbewegung veröffentlicht. Im August 2018 begann die schwedische Schülerin Greta Thunberg einen Schulstreik und setzte sich vor das schwedische Parlament, um die Politikerinnen und Politiker zu Klimaschutz zu bewegen. Damit inspirierte sie Kinder und Jugendliche weltweit und löste die Entstehung der Jugendbewegung Fridays for Future aus, die für ambitionierte Maßnahmen gegen die Klimakrise protestiert.

Sandra Kirchner


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