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Myanmar im Würgegriff der Militärjunta

Trotz der kritischen humanitären Lage in Myanmar bleibt eine multilaterale Antwort bislang aus. Einzelne Staaten haben bereits eigenständig Sanktionen verhängt. Der Sicherheitsrat kann sich jedoch aufgrund von konkurrierenden Interessen auf keine gemeinsamen Maßnahmen einigen.

Geflüchtete stehen in einer Reihe und demonstrieren, ein Mann hält ein Schild auf dem "We want justice" steht.
Geflüchtete Rohingya in Cox's Bazar, Bangladesch. (UN Photo/Caroline Gluck)

Myanmar ist nach wie vor fest im Griff der Militärjunta, die sich im Jahr 2021 an die Macht putschte. Seitdem hat sich die humanitäre Lage im Land stetig verschlechtert. Menschen werden zum Tode verurteilt und mehr als 16 000 Aktivistinnen und Aktivisten sowie Kritikerinnen und Kritiker wurden bereits inhaftiert. Viele von ihnen wurden im Schnellverfahren angeklagt, da ihnen mitunter Terrorismus und Aufwiegelung vorgeworfen wurde.

Doch nicht nur regimekritische Personen sind gefährdet. Auch die breite Bevölkerung bekommt die Auswirkungen des Putsches jeden Tag zu spüren. Neben Todesopfern sowie Verletzten ist die Bevölkerung auch zunehmend mit der Zerstörung von Infrastruktur konfrontiert. Die humanitäre Lage hat sich nicht zuletzt durch den Zyklon Mocha im Mai weiter verschlechtertet, wobei die Unterstützung wie humanitäre Hilfslieferungen der internationalen Gemeinschaft verhindert wird. Völkerrechtlich könnte dies ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Dazu kommen die mittlerweile rund 1,8 Millionen Binnenflüchtlinge in Myanmar, die das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Office for the Coordination of Humanitarian Affairs - OCHA) zählt.

Eine Resolution im Sicherheitsrat

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat das Thema im Dezember 2022 auf die Agenda gesetzt und sich zu der gegebenen Lage, insbesondere im Hinblick auf die Zivilbevölkerung, beraten.

In einer im Dezember verabschiedeten Resolution ruft der Sicherheitsrat die Militärjunta in Myanmar dazu auf, die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung zu stoppen. Die Regierung soll den Spannungen deeskalierend entgegenwirken, auch um die humanitäre Lage im Land zu verbessern. Allerdings fordert die Resolution ebenfalls die Freilassung willkürlicher Gefangener. Darunter befinden sich unter anderem auch der vorherige Präsident Win Myint und die ehemalige Regierungschefin Aung San Suu Kyi.

Russland, China und Indien und enthielten sich bei der Abstimmung. Wirft man einen Blick auf den sogenannten 'Todesdeal', der eine Billion US-Dollar umfasst, sind diese Enthaltungen auch nicht allzu überraschend.

Der 'Todesdeal' über eine Billion US-Dollar 

Im Mai dieses Jahres stellte Thomas Andrews, Sonderberichterstatter über die Menschenrechtssituation in Myanmar, seinen Bericht vor. Der Bericht legt offen, dass seit dem Putsch Waffen und Material für die Herstellung von Waffen im Wert von einer Billion US-Dollar importiert wurden. Der größte Anteil von militärischem Gerät und Materialien kommt laut dem Bericht aus Russland - 28 Lieferanten aus Russland stellen dem Militär Myanmars unter anderem Flugabwehrsysteme, Aufklärungsdrohnen und Jagdflugzeuge in einem Gesamtwert von bislang 406 Millionen US-Dollar zur Verfügung.

China folgt mit einem Exportvolumen von 267 Millionen US-Dollar, Singapur mit 254 Millionen US-Dollar, Indien mit 51 Millionen US-Dollar und Thailand mit 28 Millionen US-Dollar.

Das Militär und somit auch die gegenwärtige Regierung Myanmars verüben zum Teil tödliche Anschläge unter anderem durch Luftangriffe, Artillerie und Brandanschläge auf Dörfer. Durch diese Taten wurden zwischen Februar 2021 und Januar 2023 mindestens 2940 Menschen getötet. Zudem kam es in insgesamt 255 von 330 Gemeinden zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen der Zivilbevölkerung, vor allem aus den Reihen der Widerstandsbewegung, und dem Militär. Die Widerstandsbewegung zersplittert sich in über 300 Gruppen über das Land verteilt und besteht primär aus jungen Menschen. Gemeinsam haben die Gruppen das erklärte Ziel, die Freiheit des Landes zu verteidigen. Die Zusammenstöße zwischen Militär und Widerstand sowie die Angriffe der Militärjunta sind zumindest zum Teil der Tatsache geschuldet, dass es bis zum heutigen Zeitpunkt kein global greifendes Waffenembargo gibt.

Weitere Menschrechtsverletzungen

Auch der Menschenrechtsrat hat sich jüngst der Geschehnisse in Myanmar angenommen und unter anderem die Lage der Rohingya, der staatenlosen religiösen und ethnischen Minderheit, hervorgehoben. Sie sind seit Jahren mit Ausgrenzung und Unterdrückung konfrontiert. Bereits 2020 verpflichtete der Internationale Gerichtshof (International Court of Justice – ICJ) die Regierung Myanmars, die Rohingya vor Völkermord zu schützen.

Gegenwärtig befinden sich über eine Million Rohingya im weltweit größten Flüchtlingslager in Bangladesch. Die Chancen auf eine Rückkehr nach Myanmar sind alleine durch den Fakt, dass den Rohyinga bislang die myanmarische Staatsbürgerschaft stets verwehrt wurde, extrem gering. Andrews betonte zudem, dass viele der Generäle, die jetzt in der Regierung sitzen, federführend an den gewalttätigen Übergriffen beteiligt waren, vor denen hunderttausende Rohingya geflohen sind.

Wo bleiben die Sanktionen der Vereinten Nationen?

Sanktionen sind eine zentrale Zwangsmaßnahme, die auch den UN zur Verfügung stehen. Die Sanktionen der UN sind ein Mittel, um jenseits von Handlungsoptionen militärischer Art auf Bedrohungen zu reagieren, die den internationalen Frieden und die Sicherheit gefährden. Diese Sanktionen können sowohl gegen staatliche als auch nicht-staatliche Akteure verhängt werden.

Dass die Vereinten Nationen im Fall von Myanmar künftig Sanktionen beschließen werden, scheint eher unwahrscheinlich: Sowohl China als auch Russland als zwei Vetomächte sind die beiden größten Zulieferer von Waffen und Rohstoffen und haben wirtschaftliche Interessen in diesem Konflikt, weshalb sie sehr wahrscheinlich nicht für Sanktionen stimmen würden.

Internationale Sanktionen - Von Europa bis nach Australien

Auch wenn Sanktionen im Namen der UN keine Realität werden, ist die internationale Gemeinschaft nicht machtlos. So haben verschiedene Länder seit dem Coup im Jahr 2021 Sanktionen erlassen. Unter anderem die EU hat in den vergangenen Jahren mehrere Sanktionspakete verabschiedet und im Jahr 2023 die sechste Runde von Sanktionsmaßnahmen beschlossen. Hierbei wurden erneut Personen auf die Sanktionsliste gesetzt, wodurch deren Vermögen eingefroren und sie mit Reiseverboten belegt wurden. Darüber hinaus haben sich die EU-Staaten darauf verständigt, dass keine finanziellen Mittel der EU und ihrer Mitgliedsstaaten nach Myanmar fließen. In ähnlicher Art und Weise agiert auch Australien, das neben finanziellen Einschränkungen für die Militärjunta auch ein Waffenembargo verhängt hat. Zudem haben die USA, Großbritannien und Kanada Sanktionen beschlossen. Die Maßnahmen haben die Lage in Myanmar jedoch noch nicht nachhaltig verbessert.

Es bleibt zu hoffen, dass der Sicherheitsrat in naher Zeit eine Lösung findet, um den Frieden in Myanmar wiederherzustellen, denn die Notlage der Bevölkerung fordert dringend internationale Unterstützung.

Fabienne Hofmeister


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