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Neuer Schwung für den Artenschutz

Im Durchschnitt verschwindet alle zehn Minuten eine Art – und die Klimakrise beschleunigt diese Entwicklung noch. Bis 2030 soll der dramatische Verlust der Artenvielfalt aber gestoppt werden. Der Grundstein dafür wurde jetzt im chinesischen Kunming gelegt.

Eine Eukalyptuspflanze wurzelt auf einer Düne
Eine Eukalyptuspflanze wurzelt auf einer Düne in der senegalesischen Wüste von Lompoul. (UN Photo/John Isaac)

Auf der Weltnaturschutzkonferenz (Convention on Biological Diversity, COP-15) haben die 196 Vertragsstaaten der UN-Konvention zur biologischen Vielfalt (CBD) über ein neues Rahmenabkommen zum Artenschutz beraten. Noch ist das Abkommen nicht unter Dach und Fach, aber die Tagung, die in der zweiten Oktoberwoche dieses Jahres stattfand, brachte die Verhandlungen über das geplante Abkommen voran.

„Mit dem Abschluss des ersten Teils der COP-15 haben wir einen entscheidenden Schritt getan, um ein neues Kapitel für unseren Planeten und für unsere Gesellschaften zu schreiben,“ sagte Elizabeth Maruma Mrema, Exekutivsekretärin des CBD. „Die Verabschiedung der Erklärung von Kunming und die starke politische Orientierung, die von vielen Ministern gegeben wurde, haben uns fest auf den Weg zur Verabschiedung eines wirksamen globalen Rahmens für die biologische Vielfalt nach 2020 gebracht“.

Artenverlust bedroht Lebensgrundlagen

Viele Länder fordern, 30 Prozent der Flächen und Meere bis 2030 unter Schutz zu stellen, heißt es in der „Erklärung von Kunming“. Auch die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass dieses Ziel in das geplante Rahmenabkommen aufgenommen wird.

Damit bekunden die Staaten ihren Willen, den Verlust der Arten zu bremsen. In der Erklärung warnen sie vor den Gefahren für die Lebensgrundlagen der Menschen. Es wird die „große Sorge" ausgedrückt, dass die Krise des Verlusts der Artenvielfalt, des Klimawandels, der Landzerstörung und Wüstenbildung, der Schädigung der Meere und Umweltverschmutzung „die Gefahren für die menschliche Gesundheit, die Nahrungssicherheit und den Planeten verstärkt“.

Fast 3.000 Delegierte nahmen an Gesprächen in Kunming teil, fast 2.500 Delegierte schalteten sich zudem online ein. Die Konferenz ist das wichtigste Treffen dieser Art seit Jahren. Schon 2020 wollte die Staatengemeinschaft ein Nachfolgeabkommen zum Artenschutz schließen. Aber aufgrund der Corona-Pandemie hat Gastgeberland China das Treffen mehrfach verschoben. Ein erster Teil fand nun in Kunming sowie online statt. Weitere Verhandlungen sollen im Januar in Genf stattfinden, bevor die Delegierten im April nächsten Jahres in Kunming dem Abkommen für die Zeit nach 2020 den letzten Schliff geben wollen.

Arten sterben immer schneller aus

Eine entsprechende Übereinkunft ist überfällig. In den vergangenen Jahrzehnten hat der Verlust von Arten und Lebensräumen dramatisch zugenommen. Rund eine Million von geschätzten acht Millionen Tier- und Pflanzenarten sind akut vom Aussterben bedroht, in der Folge nehmen die Leistungen der Ökosysteme massiv ab. Genetische Ressourcen und Nutzungsmöglichkeiten gehen damit unwiderruflich verloren. Insgesamt sind bereits 75 Prozent der Landökosysteme und 40 Prozent der Meeresökosysteme durch den Menschen verändert.

„Wir sind dabei, unseren selbstmörderischen Krieg gegen die Natur zu verlieren“, sagte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, in einer Videobotschaft zum Treffen. Die Einmischung der Menschheit in die Natur werde dauerhafte Folgen haben. „Der Zusammenbruch der Ökosysteme könnte bis 2030 jährlich fast drei Billionen US-Dollar kosten. Die größten Auswirkungen werden einige der ärmsten und am höchsten verschuldeten Länder zu spüren bekommen“, sagte Guterres weiter. Die Weltnaturschutzkonferenz sei eine Chance, den Waffenstillstand auszurufen.

Arbeit am neuen Abkommen

Im bisherigen Entwurf für das globale Abkommen, das im kommenden Frühling in Kunming verabschiedet werden soll, wollen sich die Länder verpflichten, bis 2050 „im Einklang mit der Natur zu leben“. 21 „Ziele für dringende Maßnahmen“ werden darin formuliert. So sollen die Ausgaben für Artenschutz innerhalb eines Jahrzehnts auf umgerechnet 173 Milliarden Euro jährlich steigen. Subventionen, die den Verlust der Arten noch beschleunigen, sollen beseitigt werden.

Um seinen Willen zum Artenschutz zu bekräftigen, hat China angekündigt, rund 200 Millionen Euro in den Artenschutz in ärmeren Ländern investieren zu wollen. Dazu soll ein entsprechender Fonds eingerichtet werden. Die Europäische Union erklärte, sie wolle ihre Mittel für die biologische Vielfalt verdoppeln. Auch Frankreich und Großbritannien versprachen, einen größeren Teil ihrer Klimabudgets für den Schutz der biologischen Vielfalt einzusetzen.

2010 hatten die Vertragsstaaten der UN-Konvention zur biologischen Vielfalt einen „strategischen Plan“ zum Erhalt der biologischen Vielfalt beschlossen. Dieser galt bis 2020 und besteht aus 20 konkreten Kernzielen zum Artenschutz, den sogenannten „Aichi-Targets“. Demnach sollten etwa die Schutzgebiete zu Land auf 17 Prozent der Oberfläche und auf 10 Prozent auf See ausgeweitet werden. Auch der Verlust natürlicher Lebensräume sollte nahe null gehen.

Allerdings wurde keines der Aichi-Ziele erreicht. Das belegt der globale Bericht zum Zustand der Biodiversität, der im September 2020 veröffentlicht wurde. Seit drei Jahren arbeitet die Weltgemeinschaft an einem neuen Abkommen. Neben Zielen braucht es dabei auch konkrete Vorhaben, die den Artenverlust stoppen.

Sandra Kirchner


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