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Sechs Jahre Krieg in Syrien: (K)eine Lösung mit den Vereinten Nationen?

Der Krieg in Syrien geht ins siebte Jahr und forderte bereits eine halbe Million Menschenleben. Die vielfältigen Anstrengungen der Vereinten Nationen konnten den Konflikt bisher nicht befrieden. Aktuell wird das Momentum der brüchigen Waffenruhe für die Aushandlung einer politischen Lösung genutzt. Die Vereinten Nationen scheinen dabei jedoch mehr denn je vom Gestaltungswillen ihrer Mitgliedsstaaten abhängig zu sein. Eine Bestandsaufnahme.

Syrien-Gespräche in Genf am 23. Februar
Syrien-Gespräche in Genf am 23. Februar. (UN Photo/Violaine Martin)

Vergangene Woche sprach der UN-Hochkommissar für Menschenrechte Zeid Ra'ad Al Hussein vom Syrienkrieg als der Schlimmsten von Menschen verursachten Katastrophe, die die Welt seit dem Zweiten Weltkrieg gesehen habe. Die vielfältigen Anstrengungen der Vereinten Nationen konnten den Konflikt bisher nicht befrieden. Aktuell wird das Momentum der brüchigen Waffenruhe für die Aushandlung einer politischen Lösung genutzt. Die Vereinten Nationen scheinen dabei jedoch mehr denn je vom Gestaltungswillen ihrer Mitgliedsstaaten abhängig zu sein. Eine Bestandsaufnahme.

Sechs Jahre Bürgerkrieg in Syrien

Wie schon zuvor in anderen Teilen der arabischen Welt, fanden vor sechs Jahren friedliche Proteste in Syrien statt. Schnell eskalierten diese Proteste jedoch zu einem militärisch ausgetragenen, kontinuierlich an Komplexität gewinnenden Konflikt in der unmittelbaren Nähe Europas. Zunächst hatte Machthaber Assad versucht, den sich entwickelnden Bürgerkrieg als einen Konflikt des nationalistischen Regimes in Notwehr gegen aus dem Ausland unterstütze terroristische Gruppierungen darzustellen. Die Opposition betonte zu Beginn der Auseinandersetzungen ihren demokratischen Charakter, um mit dem  Westen zusammenarbeiten zu können und hoffte, dass dieser gegen Assad intervenieren würde. Inzwischen besteht die fragmentierte Opposition aus einer Vielzahl bewaffneter Gruppen, die in einer großen Bandbreite an ideologischen Ausrichtungen koexistieren. Assad hat durch die Unterstützung aus Russland und dem Iran bisher keinen politischen Wandel in Aussicht gestellt. Eine große Herausforderung für die Lösung des Konflikts stellt außerdem die dschihadistische Terrormiliz Islamischer Staat dar, die 2014 ein Kalifat im Osten Syriens ausrief.

Die begrenzte Rolle der Vereinten Nationen im Syrienkrieg

Im Zusammenhang mit dem Syrienkrieg haben sich die Vereinten Nationen sowohl mit humanitären Fragen als auch mit der Gefahr durch terroristische Gruppierungen, der Verwendung von Chemiewaffen sowie mit Menschenrechtsverletzungen beschäftigt.

So machte eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zu Syrien (International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic) in den letzten Monaten mehrfach auf Kriegsverbrechen in Syrien aufmerksam, die sowohl von der Regierung als von der Opposition begangen wurden. Während der Kämpfe um Aleppo im vergangenen Jahr hätten die Zivilisten besonders unter der Grausamkeit beider Seiten, beispielsweise aufgrund von Angriffen auf Krankenhäuser oder andere Gesundheitseinrichtungen und der Unterschlagung von Hilfsgütern gelitten. Der Bericht erläutert unter anderem, dass das syrische Regime Wohngegenden mit Chlorgas bombardiert hat.

Doch im Fall Syriens agieren die Vereinten Nationen vielfach rein reaktiv; häufig bleibt ihnen nichts anderes übrig, als auf die Entwicklungen zu antworten, die ihre Mitglieder außerhalb des Sicherheitsrats vorangetrieben haben. Im Falle Aleppos hatten Ende vergangenen Jahres richtungsweisende Verhandlungen zwischen Frankreich, Großbritannien und Russland im VN-Sicherheitsrat stattgefunden. Nachdem Frankreich und Großbritannien am 13. Dezember eine Dringlichkeitssitzung einberufen hatten, konnte nach langwierigen Verhandlungen mit Russland kurz vor Weihnachten eine gemeinsame Resolution verabschiedet werden, welche Zugang der Vereinten Nationen zur Überwachung der Evakuierungen aus Aleppo forderte. Parallel hatten Russland und die Türkei eine Waffenruhe für Syrien ausgehandelt. Unter Druck Russlands einigten sich die Mitglieder des Sicherheitsrats schließlich am 31. Dezember auf eine gemeinsame Befürwortung eben jenes Waffenstillstands, den Russland und die Türkei zuvor außerhalb der Vereinten Nationen ausgehandelt hatten.

Das siebte Veto zu Syrien im UN-Sicherheitsrat

Auch in anderen Fragen im Zusammenhang mit der Lösung der Syrienkonflikts blieb der Sicherheitsrat wiederholt handlungsunfähig, insgesamt sieben Resolutionen wurden bis dato von Russland und China blockiert. Das bislang siebte Veto erfolgte am 28. Februar, als Russland und China gegen eine von den USA, Frankreich und Großbritannien eingebrachte Resolution stimmten, welche Sanktionen gegen Einzelpersonen und Gruppierungen verhängt hätte, die an der Herstellung oder Verwendung von chemischen Waffen in Syrien beteiligt waren. Die Sanktionen sollten das Einfrieren von Vermögen, Reiseverbote und Embargos auf bestimmte Materialien wie Chlor und andere Komponenten chemischer Waffen beinhalten. Durch das chinesisch-russische Veto im VN-Sicherheitsrat wurden erforderliche Strafmaßnahmen gegen das syrische Regime verhindert und erneut der Anschein erweckt, der Rückgriff des syrischen Regimes auf Chemiewaffen bleibe international ungestraft. 

Der russische Repräsentant im Sicherheitsrat stimmt am 28. Februar zum siebten Mal im Rahmen des Syrienkriegs gegen eine Resolution.
Der russische Repräsentant im Sicherheitsrat stimmt am 28. Februar zum siebten Mal im Rahmen des Syrienkriegs gegen eine Resolution. (UN Photo/Manuel Elias)

Parallele Verhandlungsformate: Die Syrien-Gespräche in Genf und Astana

Seit 2012 haben die Vereinten Nationen bereits drei Gespräche in Genf organisiert, um die unterschiedlichen Parteien in die Erarbeitung einer politischen Lösung für den Syrienkonflikt einzubeziehen. Ende Februar fand nun die vierte Konferenz dieser Art in Genf statt. Darin zeigten sich Opposition und Regierung einigt, dass Resolution 2254 Basis für eine politische Lösung darstellen sollte. Nun sollen Gespräche über eine Übergangsregierung, eine neue Verfassung sowie Neuwahlen unter VN-Beobachtung geführt werden. Ein weiterer Gesprächspunkt sollen Verhandlungen über Vertrauensbildende Maßnahmen sowie zur Terrorismusbekämpfung sein.

Die jüngste russisch-türkisch-iranische Initiative, Syrien-Gespräche in der kasachischen Hauptstadt Astana abzuhalten, stärkt die Verhandlungsposition der Vereinten Nationen jedoch nicht unbedingt. Inzwischen wurden drei solcher Gesprächsrunden organisiert, wobei es um den Waffenstillstand und humanitäre Fragen ging. Vertreter der Vereinten Nationen nahmen immerhin als Beobachter teil.

Es bleibt jedoch wichtig, immer wieder zu unterstreichen, dass die brüchige Waffenruhe ohne die Verhandlung einer politischen Lösung keine Chance haben wird. Daher sollte Russlands Druck auf das syrische Regime erhöht werden, damit es in der schon für Ende März geplanten nächsten Verhandlungsrunde in Genf möglichen politischen Vereinbarungen zustimmt. Auch sollten die Astana-Gespräche immer nur in Abstimmung mit den Vereinten Nationen stattfinden, damit keine Parallelstrukturen kreiert werden.

Nächste Schritte

Nach mehr als 6 Jahren Krieg in Syrien erscheint eine multilaterale Lösung immer dringlicher. Es bleibt zu hoffen, dass die Vereinten Nationen mit ihren Verhandlungen Ende März in Genf Erfolg haben und sowohl syrische Regierung als auch Oppositionsparteien den politischen Verhandlungsergebnissen zustimmen.

Auch die EU will Syrien bei einer politischen Lösung unterstützen und erarbeitet aktuell eine neue Syrien-Strategie. Am 05.April soll in Brüssel eine gemeinsame Syrien-Konferenz der EU mit Vertretern der Vereinten Nationen stattfinden.

Die oben zitierte Resolution 2254 stellt eine überzeugende Grundlage für einen von den Vereinten Nationen begleiteten politischen Prozess dar, auf die nun aufgebaut werden könnte. Die Resolution forderte einen “Prozess unter syrischer Führung, durch den innerhalb von sechs Monaten ein glaubhaftes, alle Seiten einschließendes und säkulares Regierungssystem geschaffen und ein Verfahren samt Zeitplan für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung festgelegt werden soll“ und würde „freie und faire Wahlen nach der neuen Verfassung“ unterstützen, „die innerhalb von 18 Monaten unter der Aufsicht der Vereinten Nationen, zur Zufriedenheit des Regierungsorgans und gemäß den höchsten internationalen Standards für Transparenz und Rechenschaft durchgeführt werden und an denen sich alle Syrer, einschließlich der Diaspora, beteiligen dürfen“.

Da die Opposition jedoch eine Übergangsregierung fordert, während Assad an seiner Regierungsmacht festhält, bleibt abzuwarten, wie nachhaltig die Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen die unterschiedlichen Positionen zusammenbringen und Differenzen überbrücken können. Sollten die Gespräche Ende März scheitern oder die Waffenruhe würde von einer Seite aufgekündigt, dann rückt der Frieden in Syrien in noch weitere Ferne.

Artikel von Inger-Luise Heilmann
Der Artikel spiegelt die persönliche Sichtweise der Autorin wider. 


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