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21. März: Welttag der Gletscher

Die Alarmglocken könnten lauter kaum läuten: Die Gletscher der Welt schrumpfen rasant. Nun haben die UN alle Register gezogen, um auf die wichtige Rolle von Gletschern im Klimasystem aufmerksam zu machen. Denn verschwinden sie, steht auch das Leben von Mensch und Natur weltweit auf dem Spiel.

Eine große Gruppe von Pinguinen befindet sich auf einer Eisscholle.
Auch Pinguine wie hier in der Antarktis sind vom Schmelzen von Gletschern und Eisflächen betroffen (UN Photo/Mark Garten)

Erstmals begehen die Vereinten Nationen am 21. März den Welttag der Gletscher, mit einer hochrangigen Veranstaltung in Paris und New York. Zu diesem Anlass soll auch der neue Weltwasserentwicklungsbericht (World Water Development Report) 2025 mit dem Titel "High Mountains and Glaciers" veröffentlicht werden. Der Weltgletschertag wird künftig regelmäßig stattfinden – am Vortag des Weltwassertags, der dieses Jahr ebenfalls im Zeichen der Gletscher steht. Und damit nicht genug: Das ganze Jahr 2025 wurde von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Erhaltung der Gletscher erklärt.

Nicht zuletzt ist 2025 auch der Auftakt zur UN-Aktionsdekade für Kryosphärenwissenschaften (2025-2034). Die Dekade soll die internationale Zusammenarbeit in der Forschung zur Bewältigung der Auswirkungen der Veränderungen in der Kryosphäre fördern. Unter der Kryosphäre versteht man die Gesamtheit der Vorkommen von Wasser in festem Aggregatzustand, also Schnee, Hagel oder Eis, auf einem Himmels­körper. Sie spielt für das Klima­system eine zentrale Rolle, da Schnee und Eis aufgrund ihres hohen Rück­strahl­vermögens einen erheblichen Teil der Sonnen­energie zurück­werfen. Dieser Effekt funktioniert bei sauberem Neuschnee auf Gletschern und Eisschilden gut, deutlich schlechter aber bei verschmutzten Flächen.

Die Glet­scher­schmel­ze ist kaum noch auf­zu­hal­ten

Laut einem vom Zwischen­staatlichen Ausschuss für Klima­änderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change - IPCC) 2019 veröffentlichten Sonderbericht über die Ozean- und Kryosphäre in einem sich ändernden Klima (SROCC) könnte bis zum Ende dieses Jahrhunderts bis zu einem Drittel der weltweiten Gletscher verschwinden. Denn mit steigenden Temperaturen wird das Gleichgewicht zwischen Gletscher­schmelze im Sommer und der Neubildung von Gletschereis im Winter gestört. Um nicht zu schrumpfen, darf ein Gletscher nur so viel schmelzen, wie durch Schneefall und den Druck auf darunter liegende Schichten sich an neuem Eis bildet. Seit den 1990er Jahren geschieht das Abschmelzen der Gletscher in dramatischem Tempo und seit 2010 hat sich der Verlust noch einmal deutlich beschleunigt. Nach dem Bericht „State of Global Water Resources 2023“ verzeichnen einige Regionen sogar einen doppelt so hohen Rückgang wie vorhergesagt.

Gefähr­deter Süß­was­ser­vorrat

Dies hat fatale Auswirkungen auf das Klima, die Umwelt sowie auf das Wohlergehen und die Gesundheit von circa 1,9 Milliarden Menschen. Insbesondere trifft es flussabwärts gelegene Gemeinden und Ökosysteme an Flüssen, die vor allem aus den Gletschern der Hochgebirge gespeist werden. Etwa 70 Prozent des globalen Süßwassers sind in Gletschern und Eisschildern gespeichert. Damit sind die Gletscher der wichtigste Süßwasserspeicher der Erde. Die Gletscher des Himalayas speisen beispielsweise wichtige Flüsse wie den Ganges, oder den Indus, während die Andengletscher in Lateinamerika unter anderem Zuflüsse des Amazonas, Orinoko und des Río Rimac versorgen.

Auch Deutsch­land ist betrof­fen

In Deutschland werden Flüsse wie der Rhein, die Donau, die Isar und der Lech unter anderem durch Schmelzwasser der Gletscher in den Alpen gespeist. Die Flüsse als Lebensraum, aber auch die Schifffahrt und Industrien, beispielsweise Kraft­werke, entlang der Flüsse, können durch Veränderungen der Gletscher stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Alpengletscher sind aufgrund ihrer niedrigen Lage, relativ geringen Größe und der gestiegenen Lufttemperatur besonders gefährdet. Von den letzten bayerischen Gletschern könnten bereits in den 2030er Jahren nur noch kleine Reste übrig sein, warnt der Bayerische Gletscher­bericht.

Erst Über­schwem­mungen, dann Was­ser­man­gel

Durch die Gletscher­schmelze steigt zunächst die Wasser­menge in den Flüssen und kann somit zu Überschwem­mungen und Erdrutschen führen. Darüber hinaus bildet das Schmelz­wasser Gletscherseen. Ein Felssturz in einen solchen Gletschersee mit Millionen Kubik­metern Wasser kann Flutwellen oder Überschwem­mungen auslösen, die ganze Dörfer mit sich reißen. Etwa 15 Millionen Menschen sind davon bedroht, vor allem in den asiatischen Hoch­gebirgen wie dem Himalaya, Karakorum oder Tien Shan, aber auch in den Anden. Mit steigenden Temperaturen in Permafrost-Gebieten werden Felsstürze im Hochgebirge in Zukunft immer wahrscheinlicher.

Je kleiner die abschmelzenden Gletscher werden, desto weniger Wasser wird im Laufe der Zeit beispielsweise Flüssen zur Verfügung stehen. Bei gleichzeitiger Trockenheit kann das die Land­wirtschaft stark beeinträchtigen.

Stei­gende Meeres­spiegel

Gletscherwasser ist Süßwasser und damit trinkbar sowie für die Land­wirtschaft nutzbar. Wenn es ins Meer gelangt, mischt es sich mit Salzwasser und geht als Trink­wasser­vorrat verloren. In der Arktis, Grönland und der Antarktis brechen Gletscher und Eis­schilder an den Rändern ab und schmelzen im Meer. Je stärker sich dieser Prozess beschleunigt, desto rascher steigen die Meeres­spiegel und bedrohen Lebensräume entlang niedrig gelegener Küsten. Insgesamt gilt das Ab­schmelzen der Gletscher neben der Erwärmung der Ozeane als größter Treiber des Anstiegs der Meeres­spiegel.

Klima­schutz ist Glet­scher­schutz

Der Verlust an Gletschermasse steht laut den Ergebnissen einer in der Zeitschrift Science 2023 veröffentlichten Studie in linearem Zusammen­hang zum Temperatur­anstieg. Entsprechend würde eine Verringerung des Temperatur­anstiegs den Verlust der Gletscher­masse senken. Die wirksame Eindämmung der Erder­wärmung, vor allem durch einen deutlich geringeren Verbrauch fossiler Brenn­stoffe, trägt somit zum weltweiten Schutz der Gletscher bei.

Auch die Verringerung der Luftver­schmutzung ist eine wichtige Maßnahme. Ruß, der durch die Verbren­nung fossiler Brennstoffe entsteht, setzt sich auf Schnee und Eis ab. Durch Ruß oder Staub verschmutzte Schnee- und Eisflächen absorbieren mehr Sonnen­strahlung, was zu einer stärkeren Erwärmung führt und Schnee und Eis schneller schmelzen lässt. 

An­pas­sung an den Glet­scher­ver­lust

Neben dem Erhalt der Gletscher durch Klima- und Umweltschutz brauchen Gebiete, die von schrumpfenden Gletschern betroffen sind, dringend lokale, regionale und grenzüber­schreitende Anpassungs­strategien. Wasser muss effizienter genutzt werden, beispielsweise in der Land­wirtschaft, und es müssen alternative Wasser­quellen erschlossen werden. In begrenztem Maße lässt sich die Funktion von Hochgebirgs­gletschern durch den Bau von Staudämmen ersetzen, denn dadurch können Schmelz- und Regen­wasser gespeichert werden. Staudämme sind jedoch ein enormer Eingriff in die Natur und ihr Bau führt oft zu Umweltzerstörung, der Vertreibung von Menschen und dem Verlust von Lebens­grundlagen. Der Erhalt der Gletscher bleibt damit das dringendste und zentrale Anliegen, um Umwelt, Klima und Mensch zu schützen.

Christina Kamp


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