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Debatte: Die UN-Resolution muss Folgen haben

Am 2. März 2022 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine historische Resolution zur russischen Aggression gegen die Ukraine. Doch sie erfordert auch historische Folgemaßnahmen – seitens des UN-Generalsekretärs. Ein Meinungsbeitrag.

Ein Mann hält eine ukrainische Flagge in der Hand, im Hintergrund sieht man das UN-Hauptquartier in New York.
Friedensprotest vor dem UN-Hauptquartier in New York. (UN Photo/Manuel Elías)

Die Mehrheit der Welt will Frieden. Das ist mittlerweile klar. Denken Sie nur an die vielen großen Antikriegsdemonstrationen, die auf der ganzen Welt stattfinden; an die Welle der Solidarität und Unterstützung für die Menschen in der Ukraine und die hunderttausenden Ukrainer, die aus ihrem Land geflohen sind.

Oder denken Sie an die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNGA) am 2. März 2022 verabschiedete Resolution, die nicht nur die Entscheidung der Russischen Föderation verurteilt, die Ukraine mit einer Militäroffensive anzugreifen, sondern auch die Entscheidung des Präsidenten, die Nuklearstreitkräfte in hohe Alarmbereitschaft zu versetzen.

Diese Aktionen verstoßen eindeutig gegen die UN-Charta. Innerhalb von wenigen Tagen haben sie erneut gezeigt, welche unerträglichen Schmerzen und Zerstörungen die Kriegsparteien auf beiden Seiten direkt und indirekt auch für die ganze Welt verursachen. Doch vor allem wurde an und für sich versäumt, die zugrunde liegenden Ursachen des Konfliktes zu lösen.

Die Resolution der UN-Generalversammlung vom 1. März ist von historischer Bedeutung, da sie von141 der insgesamt 193 UN-Mitgliedstaaten unterstützt wird. Doch welche historischen Schritte zu ihrer Umsetzung sind geplant?

Für mich klingen die operativen Absätze der Entschließung zu sehr wie „business as usual“. Beispielsweise fordert der Entschluss in Absatz 7 „die Russische Föderation auf, sich an die in der Charta sowie in der Erklärung über freundschaftliche Beziehungen niedergelegten Grundsätze zu halten“; und in Absatz 14 fordert sie „die sofortige friedliche Lösung des Konflikts … durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und andere friedliche Mittel“.

Aber wer soll die Spirale der Gewalt durchbrechen? Darüber schweigt die Entschließung. Eine Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen von historischer Bedeutung verlangt auch ebenso historische Folgemaßnahmen.

Deshalb, Herr Generalsekretär, tun Sie bitte, was Sie in Ihrem Tweet nach der Abstimmung der Generalversammlung über die Ukraine erklärt haben. Sie sagten: „Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um zu einer sofortigen Einstellung der Feindseligkeiten und zu den drängenden Friedensverhandlungen beizutragen.“ Aus meiner Sicht sind Sie die Person, die die Beteiligten wieder an einen Tisch bringen könnte, um miteinander ins Gespräch zu kommen und gemeinsam Wege zu finden, die Waffen zum Schweigen zu bringen und den Frieden wiederherzustellen. Ihre Führung ist dringend erforderlich!

Denn Frieden ist ein globales öffentliches Gut (GPG). Wenn es Frieden gibt, wenn auch nur in einer bestimmten Region, ist er für alle, für die ganze Welt ein wichtiger Beitrag zum globalen Frieden. Wie viele andere öffentliche Güter wird auch das GPG „Frieden“ wahrscheinlich unter dem Problem kollektiver Aktion leiden.

Jede der betroffenen Parteien wartet darauf, dass die anderen Parteien vorangehen und Initiative zur Veränderung ergreifen. Herr Generalsekretär, Sie könnten derjenige sein, der den ersten Schritt tut! Ich würde sogar sagen, Sie müssen den ersten Schritt ergreifen. Ein Grundprinzip der UN-Charta wurde schwer verletzt; und eine große Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten will die Beendigung der Militäroperationen (der Kriegsgewalt?).

Die Angelegenheit ist zu ernst, um abzuwarten, ob der eine oder andere Mitgliedstaat oder eine Gruppe von Mitgliedstaaten eine „Stop the War“-Initiative starten wird. Sie sind die legitimste Person, um diese Rolle zu spielen.

Außerdem haben Sie vor einiger Zeit die internationale Gemeinschaft daran erinnert: wenn es einen Krieg zu führen gilt, dann ist es der ‚Krieg‘ gegen die globale Erwärmung. Man kann an weitere ‚Kämpfe‘denken, die wir alle gemeinsam – mit friedlichen Mitteln –ausfechten und gewinnen müssen, wie den Kampf gegen COVID-19. Wir haben keine Zeit zu verlieren.

Daher, Herr Generalsekretär, meine Bitte an Sie ist, die folgenden Schritte zu erwägen:

  • Ankündigen, dass Sie so bald wie möglich ein hochrangiges Treffen in Genf organisieren werden mit dem Hauptziel, die Militäroperationen in der Ukraine zu beenden und Wege der Rückkehr zum Frieden zu finden;
  • Alle betroffenen Parteien zur Eröffnungssitzung einladen, einschließlich der Russischen Föderation und der Ukraine, aber auch Mitglieder der NATO, Vertreter der EU, des Vereinigten Königreichs, Australiens, Japans und möglicherweise weitere;
  • Beim ersten Treffen eine Einigung über Folgetreffen erzielen, die zur Festigung des wieder zu gewinnenden Friedens erforderlich sind;
  • Zwei oder drei herausragenden Persönlichkeiten ernennen, die Sie in diesem Friedensverhandlungsprozess unterstützen;
  • Veröffentlichen Sie einen offenen Brief in ausgewählten westlichen und russischen Zeitungen sowie auf den wichtigsten Nachrichten-Websites und Blogs der Welt, in dem russische Geschäftsoligarchen ersucht werden, einen Beitrag zu einem speziellen ukrainischen Friedensfonds zu leisten, den Sie, Herr Generalsekretär, zu diesem Zweck einrichten würden. So könnten rund 100 Milliarden US-Dollar mobilisiert werden für die Finanzierung der humanitären Hilfe, der Friedenskonsolidierung und der Wiederaufbaubemühungen in der Ukraine. Außerdem könnten die Nachbarländer der Ukraine für zusätzliche Belastungen entschädigt werden, die ihnen durch den Krieg entstanden sind.

Herr Generalsekretär, unabhängig davon, ob Sie die oben genannten und/oder andere Schritte unternehmen, bitte stellen Sie sicher, dass es ein historisches Follow-up zu dem historischen Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 2. März 2022 geben wird. Die Welt wartet darauf.

Dr. Inge Kaul, Senior Fellow, Hertie School of Governance, Berlin und Präsidiumsmitglied der DGVN


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