DGVN trauert um Benjamin B. Ferencz
Im Alter von nur 27 Jahren wurde der US-amerikanische Jurist Benjamin Berell Ferencz zum Chefankläger im Jahr 1947 im sogenannten „Einsatzgruppenprozess“ ernannt. Der 103-Jährige war der letzte noch lebende Chefankläger der Nürnberger Prozesse, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Beginn des Völkerstrafrechts markieren. Nach seinem beispiellosen Einsatz bei den Nürnberger Prozessen setzte er sich ab den 1970er-Jahren unermüdlich für eine Stärkung des Völkerrechts und den Aufbau eines ständigen internationalen Gerichtshofs zur Ahndung schwerer Straftaten wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ein. Mit dem Inkrafttreten des Römischen Statuts im Jahr 2002 konnte der weltweit erste ständige Gerichtshof – der Internationale Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag – seine Arbeit aufnehmen. Benjamin Ferencz hielt im Jahr 2011, im Alter von 92 Jahren, das Abschlussplädoyer für die Anklagebehörde im ersten Hauptverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof.
Im Jahr 2013 zeichnete die DGVN Ferencz für seinen lebenslangen Einsatz für eine gerechte Welt mit der Dag-Hammarskjöld-Ehrenmedaille aus. Ihm war besonders wichtig, dass nachfolgende Generationen seinen Optimismus, die Welt verändern zu können, teilen und sich ebenfalls für mehr internationale Gerechtigkeit und die Stärke des Rechts einsetzen.
Unser Forschungsratsmitglied Prof. Dr. Hannah Birkenkötter würdigt Benjamin B. Ferencz‘ Lebenswerk: „Wie kein Zweiter hat Benjamin Ferencz Zeit seines Lebens auf die Macht des Rechts vertraut. Auch und gerade angesichts schwerster Verbrechen gegen die Menschlichkeit hat er bis ins hohe Alter dafür geworben, auf rechtsstaatliche Verfahren und Institutionen statt auf Vergeltung zu setzen. Für Benjamin Ferencz war jeder noch so kleine Fortschritt, den Krieg durch das Recht einzuhegen, ein Erfolg – auch wenn er selbst überzeugt war, dass ein Leben, sein Leben, nicht ausreichen würde, um große Fortschritte zu erzielen. Aber: „Niemals aufgeben!“, so lautete sein Motto, denn, „wenn wir aufgeben, sind wir verloren“. Es ist nicht einfach, auf das Völkerrecht und seine Institutionen zu vertrauen. Zu häufig wird es mit Füßen getreten, setzen sich mächtige Akteure über völkerrechtliche Normen hinweg. Und trotzdem ist eine Welt, auch mit einem imperfekten Völkerrecht, einer Welt des Krieges immer vorzuziehen. Dies war Benjamin Ferencz‘ tiefe Überzeugung. Sein unermüdlicher Einsatz für das Völkerrecht und sein unerschütterlicher Glaube daran, dass eine menschlichere Welt möglich ist, werden dieser Welt fehlen.“