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Kinder haben das Recht auf saubere Umwelt

Umweltkatastrophen und der Klimawandel gefährden die Rechte von Kindern auf Leben und Entwicklung. Eine Allgemeine Bemerkung des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes stellt jetzt klar: Regierungen sollen bei der Umsetzung der Kinderrechte auch eine gesunde Umgebung gewährleisten.

Kinder spielen auf einem Baum.
Kinder sind besonders verletzlich gegenüber Klimawandelfolgen. (UN Photo/JC McIlwaine)

Kinder haben das Recht auf eine saubere Umwelt. Das besagen neue Leitlinien, die der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes (Committee on the Rights of the Child - CRC) Ende August veröffentlicht hat. Die Allgemeine Bemerkung (General Comment) Nr. 26 zu Kinderrechten, Umwelt und Klimawandel betont die Notwendigkeit, die negativen Auswirkungen der Umweltzerstörung und des Klimawandels auf die Rechten von Kindern zu beschränken.

„Der Allgemeine Kommentar 26 ist das Ergebnis langer, aber lohnenswerter multilateraler Bemühungen und ein riesiger Schritt für alle Kinder weltweit – besonders für die Kinder, die von Umweltzerstörung und Klimawandel schon heute mit voller Wucht getroffen werden“, sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. Allgemeine Bemerkungen erläutern und interpretieren das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (Convention on the Rights of the Child; Kinderrechtskonvention), können aber auch Lebensbereiche von Kindern thematisieren, die in der Konvention nicht direkt erwähnt werden.

Nur eine saubere Umwelt gewährt die Einhaltung der Kinderrechte

Die Allgemeine Bemerkung Nr. 26 erklärt, wie Kinderrechte mit Umwelt und Klima zusammenhängen. Laut Artikel 6 der Kinderrechtskonvention hat jedes Kind von Geburt an ein Recht auf Leben. Alle Länder müssen deshalb dafür sorgen, dass Kinder gut leben, aufwachsen und sich entwickeln können. Und das in einer gesunden, sicheren Umgebung, wie die Allgemeine Bemerkung jetzt ergänzt. Das Leben der Kinder sollte nicht durch Umweltschäden gefährdet sein.

Alle Kinder haben laut Artikel 13 des Übereinkommens das Recht auf freie Meinungsäußerung. Sie haben die Freiheit, sich Informationen zu beschaffen und sie weiterzugeben. Die Regierungen sollten deshalb dafür sorgen, dass Kinder Zugang zu klaren und genauen Umwelt- und Klima-Informationen haben – das schließt auch Maßnahmen ein, die Kinder selbst ergreifen können. Die Informationen sollten auf unterschiedliche Weise weitergegeben werden, damit Kinder jeglichen Alters und mit unterschiedlichem Hintergrund sie verstehen können.

Staaten müssen Kinderrechte bei neuen Umweltgesetzen beachten

Die Kinderrechte müssen – so schreibt es das Dokument vor – bei allen umweltbezogenen Gesetzen und politischen Beschlüssen geprüft und sichergestellt werden muss. Die Staaten sind verpflichtet, dem CRC in regelmäßigen Abständen über die Fortschritte zu berichten, die sie beim Schutz der Umweltrechte von Kindern gemacht haben.

Auch müssen die Ansichten von Kindern bei umweltpolitischen Entscheidungen berücksichtigt werden. Die Staaten sollen Kinder darauf vorbereiten, dass sie sich aktiv für ihre Belange einsetzen und sich vor Umweltschäden schützen können.

Anders als die meisten Menschenrechtsverträgen thematisiert die Kinderrechtskonvention, die 1989 von der Generalversammlung angenommen wurde, Umweltfragen, wie etwa im Artikel 24 zur Gesundheit oder im Artikel 29 zur Bildung. Aber ein unmittelbares Kinderrecht auf eine gesunde Umwelt fehlte bislang. Das thematisiert die Allgemeine Bemerkung nun.

Die Ergänzung der Kinderrechtskonvention verpflichtet die Staaten dazu, die Rechte von Kindern vor unmittelbaren Schäden zu schützen. Auch vorhersehbare Rechteverletzungen in der Zukunft sind damit gemeint. Die Staaten sollen deshalb die Bedrohung des Klimawandels abmildern und die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen ernst nehmen. Neben der Umstellung auf erneuerbare Energien werden auch die Verbesserung der Luftqualität, das Sichern des Zugangs zu sauberem Wasser sowie eine gesunde und nachhaltige Nahrungsmittelproduktion gefordert.

Kinder haben an der Entwicklung der Allgemeinen Bemerkung mitgearbeitet

Bislang sind Kinder und Jugendliche nach wie vor in umweltpolitischen Entscheidungsprozessen unterrepräsentiert. Bei der Entwicklung der neuen Leitlinien sollten deshalb Kinder eingebunden werden. In Online-Konsultationen, die von der Menschenrechtsorganisation Terre des Hommes organisiert wurde, haben über 16 000 Kinder aus 121 Ländern Ideen beigesteuert, Forderungen formulierten und Rückmeldungen gegeben. Zudem unterstützte ein Beratungsgremium von 13 Kindern im Alter von elf bis 17 Jahren den Ausschuss bei der Formulierung der Allgemeinen Bemerkung. Ihre Entwicklung ist eine der größten Prozesse in der Geschichte der Vereinten Nationen, an denen Kinder teilhaben konnten.

„Für mich bedeutet der Allgemeine Kommentar einen weltweiten Wandel, der notwendig ist, um bei der Bekämpfung von Umweltproblemen voranzukommen und globale Maßnahmen zum Schutz unseres Planeten für unsere Generation und die kommenden Generationen zu ergreifen“, sagte die Klima- und Kinderrechtsaktivistin Āniva von den Pazifischen Inseln. Er gebe Kindern eine stärkere Basis, um ihre Rechte auf eine gesunde Umwelt durchzusetzen.

Kinder sind besonders verletzlich gegenüber Klimawandelfolgen

Kinder gehören zu denjenigen, die besonders verletzlich gegenüber dem Klimawandel sind. Schon heute sind eine Milliarde Kinder weltweit durch die Auswirkungen des Klimawandels „extrem stark gefährdet“. Das ist fast die Hälfte aller 2,2 Milliarden Mädchen und Jungen weltweit. Diese Kinder sind einer Vielzahl von klima- und umweltbedingten Gefahren und Belastungen ausgesetzt. Am stärksten sind Kinder in der Zentralafrikanischen Republik, in Tschad, Nigeria, Guinea und Guinea-Bissau durch die Auswirkungen des Klimawandels gefährdet. Das zeigte der Klima-Risiko-Index für Kinder, den das UN-Kinderhilfswerk (UNICEF) vor zwei Jahren erstmals gemeinsam mit Fridays for Future vorgelegt hatte.

Von den analysierten 163 Ländern belegt Deutschland den 142. Platz. Hierzulande sind Kinder im Weltvergleich weniger stark durch klima- und umweltbedingte Gefahren und Belastungen betroffen. Damit spiegelt der Bericht das Missverhältnis zwischen den Ländern, in denen der Treibhausgasausstoß besonders hoch ist, und jenen, in denen Kindern am stärksten unter klimabedingten Auswirkungen leiden, wider. Die 33 „extrem risikoreichen“ Länder verursachen zusammen nur neun Prozent der weltweiten CO2-Emissionen.

Sandra Kirchner


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