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Nachhaltigkeitsziele durch Forschung erreichen

Ohne die Grundlagenforschung stünde die Welt schlechter bei der Pandemie-Bekämpfung da. Nun soll die Basisforschung dazu beitragen, die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Die UN haben 2022 zum „Internationalen Jahr der Grundlagenforschung für nachhaltige Entwicklung“ erklärt.

Ein Mann in einem weißen Laborkitel führt in einem Labor Untersuchungen durch
Stammzelllenforschung an der Yonsei-Universität in Seoul, Korea. (Foto: UN Photo/Kibae Park)

Zwei Jahre ist es her: Am letzten Tag des Jahres 2019 meldeten die chinesischen Gesundheitsbehörden dem Länderbüro der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass mehrere Fälle von Lungenentzündung mit unbekannter Ursache aufgetreten seien – als Auslöser wurde ein neuartiges Corona-Virus identifiziert.

Am gleichen Tag berichtet die DPA in einer knappen Meldung über den Ausbruch einer mysteriösen Lungenkrankheit in Zentralchina. In Deutschland kommt das Thema erst bei der breiten Öffentlichkeit an, als die ersten Fälle Ende Januar 2020 in München registriert werden – zu einem Zeitpunkt, als das Virus noch nicht einmal einen Namen hatte. Die WHO wird das neuartige Virus wenige Tage später Sars-CoV-2 nennen. Die Lungenerkrankung, die das Virus auslöst, erhält den Namen Covid-19.

Die Pandemie, die nun bald zwei Jahre andauert, hat viele Menschen das Leben gekostet: Mehr als 5,44 Millionen Menschen starben infolge einer Covid-19-Infektion. 289 Millionen Menschen erkrankten daran. Wie viele Menschen unter den langfristigen Folgen der Krankheit, wie etwa Kurzatmigkeit oder chronischer Erschöpfung leiden, ist unklar.

Grundlagenforschung zentral für die Bekämpfung der Pandemie

Ohne wissenschaftliche Erkenntnisse der Grundlagenforschung wäre die weltweite Situation schlimmer. Nur durch jahrhundertelange Forschung wissen wir beispielsweise, dass eine Infektion durch ein Virus verursacht wird und wie dieses Virus und seine Gensequenzen aussehen.

Auch Tests, Behandlungen und Impfstoffe, die jetzt bei der Bekämpfung der Pandemie helfen, haben ihre Wurzeln in der Grundlagenforschung. So auch die sogenannten mRNA-basierten Impfstoffe (mRNA = Messenger-Ribonukleinsäure), bei denen der Körper lediglich einen Teil des genetischen Bauplans für das Antigen zum Virus geliefert bekommt und das Antigen selbst bilden, wenn es zu einem späteren Kontakt mit dem Virus kommt.

Der erste in der EU zugelassene Impfstoff gegen Corona basiert auf der mRNA-Technologie. Ermöglicht wurden die extrem schnelle Entwicklung, Herstellung und Zulassung des Impfstoffs durch jahrelange Grundlagenforschung. Um die Jahrtausendwende forschten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Universität Mainz, wie sich Krebstumore bekämpfen lassen. „Diese frühen Arbeiten gehörten zur Grundsteinlegung für die Entwicklung unseres Impfstoffs“, sagt der Mediziner Uğur Şahin, der zum Entwicklungsteam des Impfstoffs gegen Corona gehört. Ohne vorausgehende Forschungsarbeiten wäre es nicht möglich gewesen, so schnell funktionierende Impfstoffe zu entwickeln.

Hoher Stellenwert der Grundlagenwissenschaft für nachhaltige Entwicklung

Die Corona-Pandemie verdeutlicht, wie sehr die Menschheit auf Grundlagenwissenschaft angewiesen ist. Dem möchten auch die Vereinten Nationen mehr Gewicht verleihen. Auf ihrer Generalversammlung haben sie im vergangenen Dezember das Jahr 2022 zum „Internationalen Jahr der Grundlagenforschung für nachhaltige Entwicklung“ erklärt. Dazu wurde von der Generalversammlung eine entsprechende Resolution verabschiedet, die von Honduras vorgeschlagen und von 36 weiteren Ländern mitgetragen wurde. Die UN folgen damit einer Empfehlung der Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO). Diese hatte 2019 empfohlen, die Bedeutung der Grundlagenforschung durch ein Internationales Jahr zu ehren.

In dem Beschluss betonten die UN, dass „Anwendungen der Grundlagenwissenschaften für Fortschritte in Medizin, Industrie, Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Energieplanung, Umwelt, Kommunikation und Kultur von entscheidender Bedeutung sind“. Außerdem sei die Grundlagenforschung von zentraler Bedeutung zur Erreichung der Agenda 2030, die 2015 von den Mitgliedsstaaten der UN in New York verabschiedet wurde.

Ziel der Agenda 2030 ist es, die Entwicklung in den kommenden Jahren ausgewogen und nachhaltig zu gestalten. Herzstück der Agenda sind 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die SDGs. Sie sollen die Welt bis 2030 „zum Besseren transformieren“, versprach der damalige UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bei der Verabschiedung der Ziele.

Grundlagenforschung braucht mehr Aufmerksamkeit

Dabei geht es um die Beendigung von Armut und Hunger auf der Erde, einen sicheren Energiezugang für alle und die Lösung des Klimawandel-Problems; außerdem um Frieden, Wirtschaftswachstum und ein Ende aller Ungleichheiten – und das alles bis 2030, in nur noch acht Jahren. Damit die Ziele erreichbar werden, soll die Grundlagenforschung entscheidendes Wissen liefern.

Die UN begründete ihre Resolution zum Internationalen Jahr 2022 mit dem „hohen Wert der Grundlagenwissenschaften für die Menschheit" und mit der Tatsache, dass „ein verstärktes globales Bewusstsein für die Grundlagenwissenschaften und eine verstärkte Ausbildung in diesen Wissenschaften von entscheidender Bedeutung sind, um eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen und die Lebensqualität der Menschen überall auf der Welt zu verbessern“.

Die Grundlagenwissenschaften können einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Ziele leisten. Aus Sicht der UN liefert die Basisforschung das Wissen, um Herausforderungen wie den Zugang zu Nahrungsmitteln, Energie, Gesundheitsversorgung und Kommunikationstechnologien zu bewältigen. Außerdem helfe die Forschung dabei, die Auswirkungen von derzeit fast acht Milliarden Menschen auf den Planeten zu verstehen und Maßnahmen zu ergreifen, um diese Auswirkungen zu begrenzen oder zu verringern. So war es etwa beim Abbau der Ozonschicht notwendig – und so muss es beim Klimawandel, dem Sterben der Arten oder der Ausbeute natürlicher Ressourcen dringend geleistet werden.

Ein Jahr lang Veranstaltungen und Aktivitäten weltweit

Doch noch immer fließt nicht genug Geld in die Grundlagenforschung. Der UNESCO zufolge unterscheiden sich die inländischen Forschungsausgaben für Basisforschung von Land zu Land erheblich. Während manche Länder mehr als 30 Prozent ihrer Forschungsausgaben in Grundlagenwissenschaften stecken, sind es in anderen weniger als zehn Prozent. Industrie- und Entwicklungsländer sollen die Kapazitäten für Grundlagenforschung weiter ausbauen, um den Lebensstandard ihrer Bevölkerung zu erhöhen und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.

Offiziell soll das Internationale Jahr der Grundlagenwissenschaften für nachhaltige Entwicklung mit einer Konferenz vom 30. Juni bis 1. Juli 2022 in Paris eröffnet werden. Ein Jahr lang soll es Veranstaltungen und Aktivitäten auf der ganzen Welt geben, um die Verbindung zwischen Grundlagenwissenschaften und den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung aufzuzeigen und zu verbessern.

Sandra Kirchner


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