Welche Beiträge leisten die Mitgliedstaaten?
Bei der Finanzierung des UN-Systems wird die stark unterschiedliche Finanzkraft der Mitgliedstaaten - unter welchen sich die reichsten sowie die ärmsten Länder der Welt befinden - berücksichtigt. Es gilt das Prinzip: Reichere Staaten zahlen mehr, ärmere Staaten zahlen weniger.
Wege der UN-Finanzierung
Die UN vereinen derzeit 193 Mitgliedstaaten, darunter befinden sich sowohl die reichsten als auch die ärmsten Länder der Welt. Bei der Finanzierung des Systems der Vereinten Nationen wird die stark unterschiedliche Finanzkraft der Mitgliedstaaten berücksichtigt. Es gilt das Prinzip: Reichere Staaten zahlen mehr, ärmere Staaten zahlen weniger. Das gilt insbesondere für die Pflichtbeiträge.
Berechnet werden die Beitragssätze der Staaten mithilfe eines Beitragsschlüssels, der alle drei Jahre neu festgelegt wird. Dieser Schlüssel orientiert sich insbesondere an der relativen Zahlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten, als dessen Maßstab vor allem die Bruttonationaleinkommen der Staaten herangezogen werden. Zudem erhalten Staaten mit hoher Auslandsverschuldung und/oder niedrigem Pro-Kopf-Einkommen zusätzliche Nachlässe auf den Beitragssatz, die bei den Industrieländern zu entsprechenden Zuschlägen auf den Beitragssatz führen. Der maximale Beitragssatz (den einzig die USA zahlen) liegt für den ordentlichen Haushalt bei 22 Prozent. Der minimale Beitragsssatz für die ärmsten oder kleinsten Länder liegt bei 0,001 Prozent.
Der Pflichtbeitrag gilt zunächst nur für den ordentlichen Haushalt und - mit prozentualen Aufschlägen für die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats - für die Friedensmissionen. Die UN-Sonderorganisationen, wie beispielsweise die Internationale Arbeitsorganisationen (ILO), die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) oder die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO), übernehmen diesen Schlüssel dann entweder für die Berechnung ihrer eigenen Pflichtbeiträge oder verwenden eigene Berechnungsgrundlagen.
Ungleiche Verteilung der Pflichtbeiträge
Die Kopplung der Pflichtbeitragssätze an die Finanzkraft der Länder führt dazu, dass wenige Staaten einen großen Teil des ordentlichen UN-Haushalts beisteuern: Allein die vier größten Pflichtbeitragszahler - die USA (22 Prozent), China (15,3 Prozent), Japan (8 Prozent) und Deutschland (6,1 Prozent) - tragen im Zeitraum 2022-24 mehr als die Hälfte des UN-Haushalts und zahlen damit mehr als die anderen 189 Mitgliedstaaten zusammen.
Die 29 größten Beitragszahler finanzieren über 90 Prozent des regulären Haushalts. Die 116 Staaten mit den geringsten Beitragssätzen steuern hingegen zusammengenommen weniger als ein Prozent zum Haushalt bei. Im Jahr 2021 zahlten die USA beispielsweise rund 698 Millionen US-Dollar, Deutschland trug knapp 193 Millionen bei, während der Anteil von Somalia, Eritrea und Burundi bei jeweils etwa 31 000 US-Dollar lag.
Wenn die Zahlungsfähigkeit der UN in Gefahr gerät
Die finanzielle Lage der Vereinten Nationen ist beinahe schon chronisch angespannt. Während die Vereinten Nationen zahlreiche und teils sehr kostspielige Verpflichtungen haben, entrichten viele Beitragszahler ihre Zahlungen nicht termingerecht. Zum Ende des Jahres 2020 standen noch 808 Millionen US-Dollar an Beitragszahlungen für den regulären Haushalt aus - etwa 28 Prozent der für dieses Jahr erwarteten Zahlungen. Bei den Friedensmissionen standen Ende 2020 noch 3,184 Milliarden US-Dollar aus, der Großteil aus vorangegangenen Jahren. Das entsprach in etwa der Hälfte der Pflichtbeiträge für 2020.
Diese Rückstände lagen in der Verantwortung nur weniger säumiger Zahler: Im April 2021 schuldeten die USA ca. eine Milliarde US-Dollar für den regulären Haushalt und ca. 1,6 Milliarden US-Dollar für die Friedensmissionen. Brasilien hatte zu diesem Zeitpunkt die zweitgrößten Rückstände: 87 Millionen US-Dollar für den regulären Haushalt und 258 Millionen US-Dollar für Friedensmissionen. Erst die politischen Bemühungen von Präsident Biden führten im Laufe des Jahres 2021 dazu, dass die USA einen großen Teil ihrer ausstehenden Schulden zahlten und damit die Finanzlage der UN deutlich verbesserten.
Allerdings war bereits Anfang 2022 klar, dass diese nicht zu einer langfristigen Umkehr der prekären Finanzierung der UN führen würde. Kommen große Beitragszahler ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nach, können die Vereinten Nationen in einen ernsthaften Liquiditätsengpass geraten, was sich wiederum auf die Arbeit der UN auswirkt: Fehlt es an Geld, kann es passieren, dass die UN laufende Kosten wie Gehälter oder den Unterhalt der Amtssitze nicht mehr begleichen können. Auch müssten eingeplante und benötigte Stellen unbesetzt bleiben. Weitere konkrete Auswirkungen sind, dass wichtige Sitzungen gestrichen werden, notwendige Reisen entfallen, Übersetzungsdienste eingeschränkt werden und so wichtige Themen wie Menschenrechte oder akute Krisensituationen nicht mehr im erforderlichen Ausmaß verhandelt werden können.
Ursache für verspätete oder ausbleibende Zahlungen der Staaten sind nationale Sparprogramme oder Finanzkrisen, oft ist die Zahlungsmoral jedoch an politische Erwägungen gekoppelt. Insbesondere die größten Beitragszahler können mittels verzögerter Zahlungen Druck auf die Vereinten Nationen ausüben und so ihren politischen Interessen Nachdruck verleihen. Zugleich haben die Vereinten Nationen zunächst keine unmittelbare Handhabe, um ausstehende Beitragszahlungen einzufordern - insofern ist der Begriff "Pflichtbeiträge" irreführend. Erst bei ausbleibenden Zahlungen nach zwei Jahren kann betreffenden Staaten nach Artikel 19 der UN-Charta das Stimmrecht in der Generalversammlung entzogen werden. Den Vereinten Nationen bleibt damit nur, an säumige Zahler zu appellieren, ihren zugesagten Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und einen gewissen öffentlichen Druck aufzubauen, indem sie auf die angespannte Finanzsituation und die dafür Verantwortlichen verweist.
Zur Realität des Finanzsystems der Vereinten Nationen gehört allerdings auch, dass die Pflichtbeiträge insgesamt an Bedeutung verlieren: Derzeit umfassen sie bei sinkender Tendenz knapp 20 Prozent der über das gesamte UN-Budget verplanten Mittel. Der weit größere Teil des Budgets wird über freiwillige, meist an konkrete Projekte gebundene Zahlungen bestritten. Das bedeutet aber auch: Die finanzkräftigen Staaten, die hohe freiwillige Beiträge entrichten, erhalten so noch mehr Kontrolle über die Verwendung der Ausgaben. Dieser Trend birgt dabei für die UN die Gefahr, dass sie die eigenständige strategische Planung und damit eine effektive Arbeit der Weltorganisation deutlich erschwert.
Hintergrundinformation Die Höhe der Pflichtbeiträge als Indikator für Machtverschiebungen
An der Rangfolge der Beitragszahler im Beitragsschlüssel lässt sich nicht nur ablesen, wer die wichtigsten Geldgeber der Vereinten Nationen sind, sondern auch, wie das Machtgefüge verteilt ist. Im historischen Vergleich lässt sich zudem indirekt ablesen, wie sich die politische Macht global verschiebt. Anders gesagt: Wer viel zahlt, gewinnt an Einfluss - und wer mehr leistet, will eigene politische Interessen durchsetzen. Das prägnanteste Beispiel ist die Volksrepublik China. Das Land hat in den vergangenen zehn Jahren seinen Beitragsanteil fast vervierfacht und Japan als zweitgrößten Geldgeber der UN abgelöst. Mit den steigenden Beiträgen Chinas nimmt auch der Einfluss der Volksrepublik stetig zu. Zugleich kann sich China unter dem Dach der Vereinten Nationen als verantwortungsbewusste künftige Weltmacht präsentieren und darüber hinaus das eigene geostrategische Programm forcieren. Auch nutzt China die gewonnene Macht als zweitgrößter Geldgeber, um den Einfluss auf den Verwaltungs- und Haushaltsausschuss (5. Ausschuss der Generalversammlung) zu erhöhen, was wiederum politische Auswirkungen hat, da der Ausschuss beispielsweise das Budget für den Menschenrechtsschutz kontrolliert.
Wo ein Staat an Einfluss gewinnt, geht an anderer Stelle Einfluss verloren. Parallel zum Aufstieg Chinas bei den Pflichtbeiträgen setzt sich der Abstieg der Staaten der Europäischen Union (EU) fort - der Anteil beträgt aktuell nur noch etwa 24 Prozent am Gesamtanteil der Pflichtbeiträge für 2022-2024 (ein Minus von 4,5 Prozentpunkten im Vergleich zu 2019-2021). Allerdings gehören mehrere EU-Mitgliedstaaten zu den größten Geldgebern von freiwilligen Mitteln im UN-System. Chinas freiwillige Beiträge sind dagegen im Vergleich zum rasanten Anstieg der Pflichtbeiträge nur langsam gestiegen. Da die Pflichtbeiträge lediglich nur rund 20 Prozent der Ausgaben des UN-Systems ausmachen, ist die Höhe der Pflichtbeiträge eines Staates für sich allein genommen nur bedingt aussagekräftig - zumal die Bedeutung der freiwilligen Beiträge im gesamten UN-System weiter zunehmen wird. Zweifellos hat China in den vergangenen Jahren an Einfluss gewonnen. Aussagen über das Gesamtmachtgefüge sind jedoch nur mit Blick sowohl auf die Pflichtbeiträge als auch auf die freiwilligen Beiträge möglich.
Der Aufstieg Chinas zum zweitgrößten Pflichtbeitragszahler ist sicher das wichtigste Beispiel für Machtverschiebungen innerhalb der Vereinten Nationen in jüngerer Zeit.
Hintergrundinformation Die Bedeutung von Spendeneinnahmen
Die wichtigste Einnahmequelle zur Finanzierung des UN-Systems sind die Pflichtbeiträge und freiwilligen Beiträge der Mitgliedstaaten. Parallel spielen auch private Geldgeber eine Rolle bei der Finanzierung des UN-Systems. Im Jahr 2020 betrug das Spendenvolumen allein von Stiftungen, Unternehmen und Privatpersonen mehr als eine Milliarde US-Dollar. Dazu gehören private Stiftungen wie die Rockefeller Stiftung, die 1946 das Grundstück des UN-Hauptquartiers in New York finanzierte, oder die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, die im letzten Jahrzehnt zu einem der größten Geldgeber der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde und insgesamt mehr als 270 Millionen US-Dollar spendete.
Es gibt aber auch chinesische philanthropische Stiftungen oder Stiftungen, die eng mit den Königshäusern einzelner Golf- oder arabischer Staaten verbunden sind, die in den letzten Jahren größere Geldbeträge zum Beispiel im Rahmen der Flüchtlingshilfe oder für den Gesundheitsschutz bereitgestellt haben. Auch die humanitäre Hilfe der UN hat von Anfang an von privaten Spenden profitiert, etwa von kirchlichen oder humanistischen Organisationen. Insbesondere für einzelne Sonderorganisationen, Fonds und Programme der UN, von denen einige nur zu einem geringen Teil aus dem UN-Haushalt finanziert werden, sind Spenden eine wichtige, teils essenzielle Einnahmequelle. Beispielsweise finanzieren Organisationen wie das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) einen wesentlichen Teil ihrer Arbeit durch Spenden von Einzelpersonen oder Unternehmen.
Vermehrt finanzieren auch einige globale Unternehmen aus verschiedenen Branchen einzelne Projekte in den Bereichen, in denen sie selbst wirtschaftlich aktiv sind. So können gerade hinter unternehmerischen Großspenden auch bestimmte wirtschaftliche Interessen stehen. Insbesondere Unternehmensspenden sind oft in eine Marketingstrategie der Firmen eingebettet, da sie – beispielsweise durch Spenden in prestigeträchtige Projekte – ihren Bekanntheitsgrad steigern und das eigene Image verbessern können. Die unternehmerische Projektfinanzierung macht insgesamt allerdings nur einen geringen Teil der UN-Finanzen aus.