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Welche Beiträge leisten die Mitgliedstaaten?

Bei der Finan­zierung des UN-Systems wird die stark unter­schied­liche Finanz­kraft der Mitglied­staaten - unter welchen sich die reichsten sowie die ärmsten Länder der Welt befinden - berück­sichtigt. Es gilt das Prinzip: Reichere Staaten zahlen mehr, ärmere Staaten zahlen weniger.

UN-Hauptgebäude und Flaggen
UN Photo/Mark Garten

Wege der UN-Finanzierung

Die UN vereinen derzeit 193 Mitglied­staaten, darunter befinden sich sowohl die reichsten als auch die ärmsten Länder der Welt. Bei der Finan­zierung des Systems der Vereinten Nationen wird die stark unter­schiedliche Finanz­kraft der Mitglied­staaten berück­sichtigt. Es gilt das Prinzip: Reichere Staaten zahlen mehr, ärmere Staaten zahlen weniger. Das gilt ins­besondere für die Pflicht­beiträge.

Berechnet werden die Beitrags­sätze der Staaten mit­hilfe eines Beitrags­schlüssels, der alle drei Jahre neu fest­gelegt wird. Dieser Schlüssel orientiert sich insbesondere an der relativen Zahlungs­fähig­keit der Mitglied­staaten, als dessen Maß­stab vor allem die Brutto­national­ein­kommen der Staaten heran­ge­zogen werden. Zudem erhalten Staaten mit hoher Auslands­ver­schuldung und/oder niedrigem Pro-Kopf-Ein­kommen zusätz­liche Nach­lässe auf den Beitrags­satz, die bei den Industrie­ländern zu ent­sprechenden Zu­schlägen auf den Beitrags­satz führen. Der maximale Beitrags­satz (den einzig die USA zahlen) liegt für den ordent­lichen Haus­halt bei 22 Prozent. Der minimale Beitrags­ssatz für die ärmsten oder kleinsten Länder liegt bei 0,001 Prozent.

Der Pflicht­beitrag gilt zunächst nur für den ordent­lichen Haus­halt und - mit prozen­tualen Auf­schlägen für die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicher­heits­rats - für die Friedens­missionen. Die UN-Sonder­organisationen, wie beispiels­weise die Inter­nationale Arbeits­organisationen (ILO), die Er­nährungs- und Land­wirtschafts­organisation der Vereinten Nationen (FAO) oder die Organisation der Vereinten Nationen für Er­ziehung, Wissen­schaft und Kultur (UNESCO), über­nehmen diesen Schlüssel dann entweder für die Be­rechnung ihrer eigenen Pflicht­beiträge oder verwenden eigene Be­rechnungs­grund­lagen.

Ungleiche Verteilung der Pflichtbeiträge

Die Kopplung der Pflicht­beitrags­sätze an die Finanz­kraft der Länder führt dazu, dass wenige Staaten einen großen Teil des ordent­lichen UN-Haus­halts bei­steuern: Allein die vier größten Pflicht­beitrags­zahler - die USA (22 Prozent), China (15,3 Prozent), Japan (8 Prozent) und Deutsch­land (6,1 Prozent) - tragen im Zeitraum 2022-24 mehr als die Hälfte des UN-Haus­halts und zahlen damit mehr als die anderen 189 Mitglied­staaten zusammen.

Die 29 größten Beitrags­zahler finan­zieren über 90 Prozent des regulären Haus­halts. Die 116 Staaten mit den geringsten Beitrags­sätzen steuern hin­gegen zusammengenommen weniger als ein Prozent zum Haushalt bei. Im Jahr 2021 zahlten die USA beispiels­weise rund 698 Millionen US-Dollar, Deutsch­land trug knapp 193 Millionen bei, während der Anteil von Somalia, Eritrea und Burundi bei jeweils etwa 31 000 US-Dollar lag.

Wenn die Zahlungsfähigkeit der UN in Gefahr gerät

Die finanzielle Lage der Vereinten Nationen ist beinahe schon chronisch an­ge­spannt. Während die Vereinten Nationen zahl­reiche und teils sehr kost­spielige Ver­pflichtungen haben, ent­richten viele Beitrags­zahler ihre Zahlungen nicht termin­gerecht. Zum Ende des Jahres 2020 standen noch 808 Millionen US-Dollar an Beitrags­zahlungen für den regulären Haus­halt aus - etwa 28 Prozent der für dieses Jahr er­warteten Zahlungen. Bei den Friedens­missionen standen Ende 2020 noch 3,184 Milliarden US-Dollar aus, der Groß­teil aus voran­ge­gangenen Jahren. Das ent­sprach in etwa der Hälfte der Pflicht­beiträge für 2020.

Diese Rück­stände lagen in der Verant­wortung nur weniger säumiger Zahler: Im April 2021 schuldeten die USA ca. eine Milliarde US-Dollar für den regulären Haus­halt und ca. 1,6 Milliarden US-Dollar für die Friedens­missionen. Brasilien hatte zu diesem Zeit­punkt die zweit­größten Rück­stände: 87 Millionen US-Dollar für den regulären Haushalt und 258 Millionen US-Dollar für Friedens­missionen. Erst die politischen Bemühungen von Präsident Biden führten im Laufe des Jahres 2021 dazu, dass die USA einen großen Teil ihrer ausstehenden Schulden zahlten und damit die Finanzlage der UN deutlich verbesserten.

Allerdings  war bereits Anfang 2022 klar, dass diese nicht zu einer langfristigen Umkehr der prekären Finanzierung der UN führen würde. Kommen große Beitrags­zahler ihren Zahlungs­ver­pflich­tungen nicht nach, können die Vereinten Nationen in einen ernst­haf­ten Liquiditäts­eng­pass geraten, was sich wiede­rum auf die Arbeit der UN aus­wirkt: Fehlt es an Geld, kann es passieren, dass die UN laufende Kosten wie Ge­hälter oder den Unter­halt der Amts­sitze nicht mehr be­gleichen können. Auch müssten ein­geplante und benötigte Stellen unbesetzt bleiben. Weitere konkrete Aus­wirkungen sind, dass wichtige Sitzungen gestrichen werden, not­wendige Reisen ent­fallen, Über­setzungs­dienste ein­ge­schränkt werden und so wichtige Themen wie Menschen­rechte oder akute Krisen­situationen nicht mehr im erforder­lichen Aus­maß ver­handelt werden können.

Ursache für verspätete oder aus­bleibende Zahlungen der Staaten sind nationale Spar­programme oder Finanz­krisen, oft ist die Zahlungs­moral jedoch an politische Erwä­gungen gekoppelt. Ins­besondere die größten Beitrags­zahler können mittels verzögerter Zahlungen Druck auf die Vereinten Nationen aus­üben und so ihren politischen Interessen Nach­druck ver­leihen. Zugleich haben die Vereinten Nationen zunächst keine un­mittel­bare Hand­habe, um aus­stehende Beitrags­zahlungen ein­zu­fordern - inso­fern ist der Begriff "Pflicht­beiträge" irre­führend. Erst bei aus­bleibenden Zahlungen nach zwei Jahren kann betref­fenden Staaten nach Artikel 19 der UN-Charta das Stimm­recht in der General­ver­sammlung ent­zogen werden. Den Vereinten Nationen bleibt damit nur, an säumige Zahler zu appellieren, ihren zu­gesagten Zahlungs­ver­pflich­tungen nach­zu­kommen und einen gewissen öffent­lichen Druck auf­zu­bauen, indem sie auf die an­ge­spannte Finanz­situation und die dafür Verant­wortlichen verweist.

Zur Realität des Finanz­systems der Vereinten Nationen gehört aller­dings auch, dass die Pflicht­beiträge ins­gesamt an Bedeutung ver­lieren: Der­zeit um­fassen sie bei sinkender Tendenz knapp 20 Prozent der über das gesamte UN-Budget verplanten Mittel. Der weit größere Teil des Budgets wird über frei­willige, meist an konkrete Projekte ge­bundene Zahlungen be­stritten. Das bedeutet aber auch: Die finanz­kräftigen Staaten, die hohe frei­willige Beiträge ent­richten, er­halten so noch mehr Kon­trolle über die Ver­wendung der Aus­gaben. Dieser Trend birgt dabei für die UN die Gefahr, dass sie die eigen­ständige strate­gische Planung und damit eine effek­tive Arbeit der Welt­organisation deut­lich erschwert.

Bei allen Beiträgen handelt es sich um reale, inflationsbereinigte Werte. Die Ausgaben setzen sich aus Pflicht- und freiwilligen Beiträgen zusammen.

Hintergrundinformation Die Höhe der Pflichtbeiträge als Indikator für Machtverschiebungen

An der Rang­folge der Beitrags­zahler im Beitrags­schlüssel lässt sich nicht nur ablesen, wer die wichtigsten Geld­geber der Vereinten Nationen sind, sondern auch, wie das Macht­gefüge verteilt ist. Im histo­rischen Vergleich lässt sich zudem indirekt ablesen, wie sich die politische Macht global verschiebt. Anders gesagt: Wer viel zahlt, gewinnt an Einfluss - und wer mehr leistet, will eigene politische Interessen durchsetzen. Das prägnan­teste Beispiel ist die Volks­republik China. Das Land hat in den vergangenen zehn Jahren seinen Beitrags­anteil fast vervier­facht und Japan als zweit­größten Geld­geber der UN abgelöst. Mit den steigenden Beiträgen Chinas nimmt auch der Einfluss der Volks­republik stetig zu. Zugleich kann sich China unter dem Dach der Vereinten Nationen als verantwortungs­bewusste künftige Welt­macht präsentieren und darüber hinaus das eigene geo­strate­gische Programm forcieren. Auch nutzt China die gewonnene Macht als zweit­größter Geld­geber, um den Einfluss auf den Verwaltungs- und Haushalts­ausschuss (5. Ausschuss der General­versammlung) zu erhöhen, was wiederum politische Auswirkungen hat, da der Aus­schuss beispiels­weise das Budget für den Menschen­rechts­schutz kontrolliert.

Wo ein Staat an Einfluss gewinnt, geht an anderer Stelle Einfluss verloren. Parallel zum Aufstieg Chinas bei den Pflicht­beiträgen setzt sich der Abstieg der Staaten der Euro­päischen Union (EU) fort - der Anteil beträgt aktuell nur noch etwa 24 Prozent am Gesamt­anteil der Pflicht­beiträge für 2022-2024 (ein Minus von 4,5 Prozent­punkten im Vergleich zu 2019-2021). Allerdings gehören mehrere EU-Mitglied­staaten zu den größten Geld­gebern von frei­willigen Mitteln im UN-System. Chinas freiwillige Beiträge sind dagegen im Vergleich zum rasanten Anstieg der Pflicht­beiträge nur langsam gestiegen. Da die Pflicht­beiträge lediglich nur rund 20 Prozent der Ausgaben des UN-Systems ausmachen, ist die Höhe der Pflicht­beiträge eines Staates für sich allein genommen nur bedingt aussage­kräftig - zumal die Bedeutung der freiwilligen Beiträge im gesamten UN-System weiter zunehmen wird. Zweifel­los hat China in den vergangenen Jahren an Einfluss gewonnen. Aussagen über das Gesamt­macht­gefüge sind jedoch nur mit Blick sowohl auf die Pflicht­beiträge als auch auf die freiwilligen Beiträge möglich.

Der Aufstieg Chinas zum zweit­größten Pflicht­beitrags­zahler ist sicher das wichtigste Beispiel für Macht­verschiebungen innerhalb der Vereinten Nationen in jüngerer Zeit.

Hintergrundinformation Die Bedeutung von Spendeneinnahmen

Die wichtigste Ein­nahme­quelle zur Finan­zierung des UN-Systems sind die Pflicht­beiträge und freiwilligen Beiträge der Mitglied­staaten. Parallel spielen auch private Geld­geber eine Rolle bei der Finan­zierung des UN-Systems. Im Jahr 2020 betrug das Spenden­volumen allein von Stiftungen, Unternehmen und Privat­personen mehr als eine Milliarde US-Dollar. Dazu gehören private Stif­tungen wie die Rocke­feller Stiftung, die 1946 das Grund­stück des UN-Haupt­quartiers in New York finanzierte, oder die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, die im letzten Jahrzehnt zu einem der größten Geld­geber der Welt­gesundheits­organisation (WHO) wurde und insgesamt mehr als 270 Millionen US-Dollar spendete.

Es gibt aber auch chine­sische philan­thropische Stiftungen oder Stiftungen, die eng mit den König­shäusern einzelner Golf- oder arabischer Staaten verbunden sind, die in den letzten Jahren größere Geld­beträge zum Beispiel im Rahmen der Flüchtlings­hilfe oder für den Gesundheits­schutz bereitgestellt haben. Auch die humanitäre Hilfe der UN hat von Anfang an von privaten Spenden profitiert, etwa von kirch­lichen oder humanistischen Orga­nisationen. Insbesondere für einzelne Sonder­organisationen, Fonds und Programme der UN, von denen einige nur zu einem geringen Teil aus dem UN-Haus­halt finanziert werden, sind Spenden eine wichtige, teils essen­zielle Einnahme­quelle. Beispiels­weise finanzieren Organisationen wie das Kinder­hilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) einen wesen­tlichen Teil ihrer Arbeit durch Spenden von Einzel­personen oder Unternehmen.

Vermehrt finanzieren auch einige globale Unternehmen aus verschie­denen Branchen einzelne Projekte in den Bereichen, in denen sie selbst wirtschaftlich aktiv sind. So können gerade hinter unterneh­merischen Groß­spenden auch bestimmte wirtschaft­liche Interessen stehen. Insbesondere Unternehmens­spenden sind oft in eine Marketing­strategie der Firmen eingebettet, da sie – beispiels­weise durch Spenden in prestige­trächtige Projekte – ihren Bekanntheits­grad steigern und das eigene Image verbessern können. Die unternehmerische Projekt­finanzierung macht insgesamt allerdings nur einen geringen Teil der UN-Finanzen aus.