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8 Milliarden Menschen: Chancen und Herausforderungen

Nach UN-Schätzungen hat die Weltbevölkerung Mitte November 2022 die runde Zahl von acht Milliarden Menschen überschritten. Das Bevölkerungswachstum hat sich insgesamt abgeschwächt, jedoch mit großen regionalen Unterschieden.

Luftansicht auf eine große Menschenmasse
Geschätzte acht Milliarden Menschen leben mittlerweile auf der Erde.

(Foto: pxhere, CC0)

„Der Meilenstein ist eine Gelegenheit, Vielfalt und Fortschritt zu feiern und dabei die gemeinsame Verantwortung der Menschheit für den Planeten zu berücksichtigen", so UN-Generalsekretär António Guterres zum 15. November, den die Vereinten Nationen als „Tag der 8 Milliarden“ begingen.

Langsam abnehmendes Bevölkerungswachstum

Während es von 2010 bis 2022 zuletzt zwölf Jahre dauerte, in denen die Weltbevölkerung um eine Milliarde anwuchs, wird es nach UN-Schätzungen nun etwa 15 Jahre dauern, bis im Jahr 2037 die neun Milliarden erreicht werden. Die Wachstumsrate der Weltbevölkerung geht also langsam zurück. Um das Jahr 2058 könnten die zehn Milliarden erreicht werden.

Große Verbesserungen in den Bereichen öffentliche Gesundheit, Ernährung, Hygiene und Medizin haben dazu beigetragen, dass die Lebenserwartung der Menschen in vielen Regionen der Welt deutlich gestiegen ist. In Ländern mit Wohlstand, guten Bildungs- und Sozialsystemen und breitem Zugang zu Verhütungsmitteln entscheiden sich die meisten Paare inzwischen, nur wenige Kinder zu bekommen.

Afrika ist jung

Doch in Ländern, in denen viele Menschen in Armut leben, gelten Kinder weiterhin als wichtige Stütze zum Überleben und zur Absicherung im Alter. Die Länder mit den höchsten Geburtenraten sind in der Regel die mit dem niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen. Die meisten davon liegen in Afrika südlich der Sahara.

Die hohen Geburtenraten haben dazu geführt, dass diese Länder heute über eine sehr junge Bevölkerung verfügen. Entsprechend gibt es sehr viele junge Menschen, die bald Familien gründen werden. Daraus entsteht eine Dynamik, die dafür sorgt, dass das Bevölkerungswachstum zunächst auch dann anhalten wird, wenn die durchschnittliche Fruchtbarkeit rasch auf ein sehr viel niedrigeres Niveau sinkt. Aufgrund dieser Wachstumsdynamik dürfte die Weltbevölkerung nach UN-Schätzungen erst in etwa einem halben Jahrhundert zurückgehen.

Altersstruktur als Chance und Herausforderung

Eine junge Bevölkerung bedeutet enorme Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung. Fällt die Fruchtbarkeitsrate, also die durchschnittliche Anzahl der Geburten pro Frau im Laufe eines Lebens, so hilft das den Ländern, eine „demografische Dividende“ zu realisieren. Dies gelingt, wenn der Anteil der Menschen im arbeitsfähigen Alter zunimmt und weniger Menschen, ob alt oder jung, von ihnen abhängig sind.

Doch dazu braucht es dringend weitere Verbesserungen im öffentlichen Gesundheitswesen, bei der Abwasserentsorgung, beim Zugang zu sauberem Trinkwasser und bei der Ernährung. Diese Errungenschaften verringern das Sterberisiko, insbesondere von Müttern und Kindern – eines der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs). Hinzu kommt die Notwendigkeit, den jungen Mädchen wie Jungen durch eine Schul- und Ausbildung gute Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben zu eröffnen, auch in Bezug auf ihre reproduktive Gesundheit und ihre reproduktiven Rechte.

Ein hohes Bevölkerungswachstum bedeutet, dass rasch mehr investiert werden muss, um die Bedürfnisse einer wachsenden Zahl von Menschen zu befriedigen. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, denn sonst droht ein anhaltendes Bevölkerungswachstum das Erreichen der SDGs zu vereiteln.

Dagegen hat in anderen Ländern, vor allem denen mit höherem Einkommen, die Bevölkerung zu schrumpfen und zu altern begonnen. Laut des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) wird die Bevölkerung in mehr als 60 Ländern bis zum Jahr 2050 voraussichtlich schrumpfen, da die Fruchtbarkeit zurückgeht und in einigen Fällen die Auswanderung zunimmt. Die Alterung der Bevölkerung bringt neue Probleme mit sich, insbesondere für die sozialen Sicherungssysteme. In Ländern mit hohem Einkommen dürfte in den nächsten Jahrzehnten die Bevölkerungsdynamik vor allem durch Migrationsbewegungen bestimmt werden.

Produktion und Verbrauch nachhaltiger gestalten

Das Bevölkerungswachstum ist ein Faktor, der die Auswirkungen der wirtschaftlichen Entwicklung auf die Umwelt verstärkt. Doch noch mehr ist es das steigende Pro-Kopf-Einkommen, das zu nicht nachhaltigen Produktions- und Verbrauchsmustern führt. „Die Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an materiellen Ressourcen und dem höchsten Ausstoß an Treibhausgasemissionen sind tendenziell diejenigen, in denen das Pro-Kopf-Einkommen höher ist, und nicht diejenigen, in denen die Bevölkerung schnell wächst“, stellt die Bevölkerungsabteilung der Vereinten Nationen fest.

Um die Ziele des Pariser Abkommens zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs zu erreichen und gleichzeitig die Ziele und Vorgaben der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen, braucht es eine rasche Abkopplung der Wirtschaftstätigkeit von der derzeit hohen Abhängigkeit von fossilen Energieträgern sowie eine sehr viel effizientere Nutzung von Ressourcen.

Welternährung sichern

Auch die Muster der weltweiten Nahrungsmittelproduktion und des Verbrauchs müssen sich ändern. In den letzten 50 Jahren ist die weltweite Nahrungsmittelproduktion schneller gestiegen als die Bevölkerung. Die rasche Ausweitung der landwirtschaftlichen Produktion war ein großer Erfolg, zugleich aber auch mit hohen Umweltkosten verbunden. Die globale Nahrungsmittelproduktion mit einem hohen Anteil an tierischen Produkten ist für 20 bis 30 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Im gesamten Lebensmittelsystem, einschließlich der Landwirtschaft, der Lagerung, dem Transport, der Verpackung, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Lebensmitteln, sind nachhaltigere Praktiken erforderlich. Es muss gelingen, sowohl die Welternährung zu sichern als auch die biologische Vielfalt zu erhalten und den Klimawandel abzuschwächen.

Der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) bringt die Herausforderungen auf den Punkt: „Wir müssen Modelle des Wirtschaftswachstums und der Entwicklung überdenken, die zu übermäßigem Konsum geführt und Gewalt, Ausbeutung, Umweltzerstörung und Klimawandel begünstigt haben, und wir müssen dafür sorgen, dass die ärmsten Länder – die diese Probleme nicht verursacht haben, aber die Hauptlast ihrer Auswirkungen tragen – über die Mittel verfügen, um die Widerstandsfähigkeit und das Wohlergehen ihrer wachsenden Bevölkerung zu stärken.“

Bevölkerungsentwicklung in der Planung berücksichtigen

Die globale Gemeinschaft steht vor enormen Herausforderungen. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Krisen die Sterblichkeit erhöhen können. In Folge der Pandemie ging die weltweite Lebenserwartung von 73 Jahren (2019) auf 71 Jahre (2021) zurück. Auch der Klimawandel, anhaltende und neue Konflikte und mögliche weitere Pandemien können in Zukunft spürbare Auswirkungen auf die Bevölkerungsentwicklung haben.

In groben Zügen sind Veränderungen der Bevölkerungsgröße und -zusammensetzung jedoch vorhersehbar, da sie von demografischen Prozessen geprägt sind, die sich über Jahrzehnte hinweg entfalten. Eine fundierte Planung unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung kann dazu beitragen, die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung zu beschleunigen. Politische Entscheidungsträgerinnen und -träger sollten aktuelle und künftige Bevölkerungstrends in alle Aspekte der Entwicklungsplanung einbeziehen, empfiehlt die UN-Hauptabteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten (UN DESA) in ihrem Policy Brief „A World of 8 Billion“.

Christina Kamp


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