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Debatte: Potenzial für (noch) mehr Jugend­beteili­gung bei der UN-Friedens­sicherung

Natalia Jagolski und Jakob Linnebank haben als Jugendbeobachterin und -beobachter das zweitägige UN Peacekeeping Ministerial (PKM) in Berlin begleitet. In ihrem Meinungsbeitrag blicken sie auf diese spannende Erfahrung zurück, halten aber auch fest: Es gibt aus ihrer Sicht noch Verbesserungsbedarf.

Fünf Personen sitzen auf einer Bühne, daneben stehen zwei junge Leute an einem Rednerpult, die Blicke sind zu ihnen gerichtet
Natalia und Jakob bei ihrer Kurzintervention während der Breakout-Session

Als DGVN-Jugendbeobachterin und -beobachter haben wir, Natalia und Jakob, an der Ministerial­konferenz zur UN-Friedens­sicherung (UN Peace­keeping Ministerial – PKM) in Berlin teil­genommen. Vom 13. bis 14. Mai brachte die hochrangige Konferenz Delegationen aus über 130 Staaten zusammen, um über die Zukunft und Reformen von UN-Friedens­missionen zu beraten. Neben großen Podiums­diskussionen und bilateralen Treffen standen konkrete Beiträge, die sogenannten ‚Pledges‘ der Mitgliedstaaten, im Fokus. Zudem wurden in thematischen Breakout-Sessions - kleinere Diskussions­runden zwischen Delegierten sowie Vertreterinnen und -vertretern der Zivil­bevölkerung - spezifische Heraus­forderungen wie der Schutz von vulnerablen Gruppen oder die Rolle von Technologie im Peace­keeping besprochen. 

Als Jugend­beobachterin und -beobachter erhielten wir nicht nur spannende Einblicke hinter die Kulissen einer internationalen Konferenz, sondern konnten auch einen aktiven Beitrag leisten. Junge Menschen sind nicht nur unsere Zukunft, sondern müssen auch heute aktiv in Entscheidungen und politische Prozesse einbezogen werden. Deswegen betonten wir in einer Kurz­intervention, also einer kurzen Rede, während der Breakout-Session ‚Protecting the Vulnerable and Securing Trust‘ die Not­wendig­keit, junge Menschen nicht nur symbolisch zu beteiligen, sondern sie als gleich­gestellte Akteure in die Planung, Durch­führung und Nach­bereitung von UN-Friedens­missionen einzubinden. 

Wie junge Menschen in Friedens­prozessen beteiligt werden

Junge Menschen einzubinden, ist umso wichtiger, da unsere Generation die größte in der Geschichte ist. Bis 2030 werden weltweit fast 60 Prozent der Menschen unter 30 Jahre alt sein. Doch in der politischen Realität spiegelt sich das kaum wider. 

Auf internationaler Ebene existieren bereits Rahmen­werke und Resolutionen, um junge Menschen stärker zu integrieren. So betont zum Beispiel die Agenda Jugend, Frieden, Sicherheit (Youth, Peace and Security Agenda), auch als die UN-Sicherheitsrats­resolution 2250 und ihre Nach­folger bekannt, die Rolle junger Menschen in Friedens­prozessen. Mitglied­staaten werden aufgefordert, junge Menschen auf allen Ebenen von Friedens­prozessen zu integrieren. Auch in der namens­gebenden Studie zum PKM ‚The Future of Peacekeeping: New Models and Related Capabilities‘ wird betont, dass die Jugend bei der Überwindung der zunehmenden Sicherheitsherausforderung und um Friedensmissionen mehr Legitimität zu verleihen, eine größere Rolle spielen muss. Doch nur etwa 12 Prozent aller Friedens­abkommen zwischen 1990 und 2022 erwähnten explizit junge Menschen. Dabei bezeugen Studien, dass inklusive Friedens­prozesse zu einem weitaus stabileren Frieden führen. 

Unsere Kurz­inter­vention: Frieden ist ein generationen­übergreifender Prozess

In unserer Kurz­intervention forderten wir die Delegationen daher auf, auch nach der Konferenz die Rolle junger Menschen zu diskutieren und sie inklusiv einzubinden. Frieden ist kein kurz­fristiges Projekt, sondern ein generationen­über­greifender Prozess, der auch nach dem Ende einer Friedens­mission Bestand haben muss. Andernfalls verlieren UN-Friedens­missionen weiter an Vertrauen und Legitimität. 

So wichtig wie die Diskussionen über Finanzierung, der Ausbau von technischen Kapazitäten und die jeweiligen Pledges auch sind, müssen wir leider festhalten, dass Themen wie Jugend­partizipation, inklusivere Friedens­prozesse, und die Klima­krise nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Dabei sind es gerade junge Menschen, die in vielen Regionen die Bevölkerungs­mehrheit stellen und gleichzeitig mit am stärksten unter den langwierigen Folgen von Konflikten und Klima­wandel­folgen leiden. 

Jugend­beteili­gung: Kein ‚Nice-to-have‘, sondern essen­ziell

Wir hätten uns vom PKM also mehr Raum für den Austausch und konkrete Verpflichtungen zur Einbindung junger Perspektiven gewünscht. Wir sollten nicht vergessen, dass die UN gegründet wurden, um Menschen und Menschen­rechte zu schützen. Täglich sehen wir, dass es vorwiegend junge Menschen sind, die in der ersten Reihe stehen, wenn es darum geht, gegen Gewalt und Krieg, und für mehr Frieden und Demokratie zu demonstrieren. Daher müssen unser Engagement ernst genommen und unsere Meinungen und Ideen in Entscheidungs­prozessen einbezogen werden. 

Martine Kessy Ekomo-Soignet, die auf der Konferenz junge Stimmen aus der Zentral­afrikanischen Republik repräsentierte, kritisierte zum Beispiel, dass das PKM keinen Raum für die Perspektiven junger Menschen biete, obwohl junge Menschen eben keine Minderheit, sondern in vielen Ländern die Mehrheit der Bevölkerung stellen. Deswegen forderte sie für zukünftige Konferenzen eigene Side-Events, um junge Menschen zusammen­zubringen. Auch Kholood Khair, Direktorin des Think-tanks Confluence Advisory und sudanesische politische Analystin, stimmte zu und sagte, dass die Beteiligung von Jugendlichen nicht nur ein ‚Nice-to-have‘, sondern essenziell für den Erhalt eines nachhaltigen und inklusiven Friedens sei.

Insbesondere diese Gespräche mit Delegierten, Ministerinnen und Ministern sowie Vertreterinnen und Vertretern von inter­nationalen Organisationen abseits der großen Bühnen sind uns in Erinnerung geblieben. Hier zeigte sich für uns immer wieder aufs Neue, dass hinter Friedens­prozessen auch nur Menschen stehen.

Ein Ausblick 

Frieden wird nicht nur auf Konferenzen verhandelt, sondern entsteht durch das tagtägliche Engagement zahlreicher Menschen, die sich für Schutz, Dialog und Stabilität einsetzen; und junge Menschen gehören ganz klar dazu. Jetzt liegt es an den Delegierten und Ministerinnen und Ministern diese Eindrücke umzusetzen. Wir hoffen, dass unsere Intervention einige dieser Entscheidungs­tragenden dazu inspiriert hat, sich mehr für die Integration junger Menschen in Friedens­prozesse einzusetzen, und, dass unsere Bericht­erstattung junge Menschen ermutigt, sich weiterhin einen Platz am Tisch, wo Entscheidungen über unsere Zukunft gemacht werden, zu erkämpfen. 

Abschließend möchten wir uns noch herzlich bei der DGVN, dem Auswärtigen Amts und dem Bundes­ministerium der Verteidigung bedanken, die uns die Teilnahme am PKM ermöglicht und uns während der Konferenz begleitet haben. 

Natalia Jagolski und Jakob Linnebank, Jugendbeobachterin und -beobachter beim PKM 2025


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