Wohnraum als Kernthema: die Ergebnisse des WUF12
Mit einer Beteiligung von insgesamt 24 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stellte die 12. Sitzung des WUF (WUF12) schon allein durch ihre Teilnehmerzahl Rekorde auf. Vom 4. bis 8. November hatte das Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen (United Nations Human Settlements Programme; kurz: UN-Habitat) das WUF12 in Kairo einberufen. Unter dem Motto „Alles beginnt zu Hause: Lokale Maßnahmen für nachhaltige Städte und Gemeinden“ konzentrierte sich die Konferenz auf die urbane Lokalisierung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals -SDGs).
Neben Vertreterinnen und Vertretern aus der Wissenschaft, dem privaten Sektor, internationalen Organisationen, Medien und der Zivilgesellschaft kamen auch vier Staatsoberhäupter und 60 Ministerinnen und Minister aus 84 Ländern zusammen.
Neuer World Cities Report
Anacláudia Rossbach, Untergeneralsekretärin und Exekutivdirektorin von UN-Habitat, stellte zu Beginn des Forums den “World Cities Report 2024 - Cities and Climate Action“ vor. Dieser Leitbericht untersucht die entscheidenden Herausforderungen der nachhaltigen Urbanisierung, also die Ausbreitung von städtischen Lebensformen, und analysiert die Auswirkungen des Klimawandels auf Städte und Kommunen.
Dem urbanen Raum kommt eine besondere Bedeutung in der Klimakrise zu; durch den kohlenstoffintensivsten Konsum und die regionalen Erzeugungsstrukturen ist er einer der entscheidendsten Verursacher der Klimakrise. Die Ergebnisse des Berichts unterstreichen, dass städtische Gebiete aber auch häufig an vorderster Front der Klimakrise stehen und zunehmend anfällig für plötzliche Klimaschocks sind. In den großen Städten leben heute Millionen von Menschen; dort konzentrieren sich Vermögenswerte und Kulturdenkmäler, die jedes Jahr anfälliger für die Folgen des Klimawandels werden.
Was der Bericht kritisiert
Der Bericht kritisiert, dass die Auswirkungen des Klimawandels zunehmen, die Umsetzung von Maßnahmen aber zurückbleiben, obwohl steigende wirtschaftliche und ökologische Kosten zukünftig noch gravierender werden. Die Bedrohung durch Hitzewellen, Flut und Unwetter wird immer mehr Menschen betreffen und der Anstieg des Meeresspiegels wird bis 2050 viele Küstenstädte erreichen - mit erheblichen Folgen.
Es gilt, jetzt die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, die Ursachen des Klimawandels durch Dekarbonisierung, die Verminderung des Ausstoßes von kohlenstoffhaltigen Emissionen, zu minimieren und die Städte widerstandsfähiger zu machen, durch Stärkung der Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel.
Der Bericht fordert die richtigen politischen Schritte, Finanzierungen und gesetzlichen Regelungen für einen nachhaltigen energieeffizienten Wohnungsbau. Die Baubranche und die Grundversorgung mit Wasser und Energie sowie die städtische Mobilität bergen ein enormes Potenzial für den Klimaschutz. Die Nutzung städtischer Flächen muss, unter sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten, optimiert werden, um die Eindämmung des Klimawandels und die SDGs zu erreichen.
Wohnraum als ein Kernthema der Dialoge
Die zentrale Dialogreihe begann mit dem Thema „Unsere Zukunft mit Wohnraum“. Rossbach eröffnete die Sitzung und wies darauf hin, dass Wohnraum ein Kernmandat von UN-Habitat sei. Sie betonte, wie dringend die Wohnungskrise angegangen werden müsse. Marie-Josée Houle, die kanadische Bundesbeauftragte für Wohnungswesen (Federal Housing Advocate), bekräftigte diese Aussage: „Das Recht auf Wohnen ist tatsächlich ein Menschenrecht – das grundlegendste von allen – und es ist eng mit allen anderen Rechten verknüpft.“
Der Dialog „Städte und die Klimakrise“ zeigte den Zusammenhang zwischen urbanen Gebieten und Klimaschutzmaßnahmen, während im Dialog „Gemeinsam stärker“ die Bedeutung von Multi-Level-Governance-Ansätzen verdeutlicht wurde. Nationale Regierungsebenen sollen eine bessere Interaktion mit der kommunalen Ebene und umgekehrt pflegen, um eine effizientere und innovativere Ressourcennutzung zu ermöglichen.
Im Dialog über die Lokalisierung der Finanzierung und der Finanzmittel wurde die Zusammenarbeit der Regierungsebenen auf finanzieller Ebene diskutiert. Städte brauchen mehr finanzielle Unterstützung, um die SDGs zu erreichen. Ein verbessertes Finanzmanagement zur Unterstützung eines nachhaltigen städtischen Wachstums braucht bessere lokale Finanzkapazitäten und neue Finanzierungsquellen.
Der Dialog „Im digitalen Zeitalter den Menschen an die erste Stelle setzen“ wurde die digitale Transformation als Chance für mehr Lebensqualität in Städten und Gemeinden diskutiert und gleichzeitig hinterfragt, wie eine offene, freie, sichere, zugängliche und am Menschen ausgerichtete digitale Zukunft gewährleistet werden kann.
Rund ein Drittel der Weltbevölkerung kann noch nicht online vom technologischen Fortschritt profitieren. Felicia Williams, UX-Direktorin bei Google Play, betonte deshalb, wie wichtig es sei, digitale Kompetenz zu fördern und Menschen die Fähigkeiten zu vermitteln, die sie brauchen, um neue Chancen zu nutzen. In der Diskussion wurde noch die Bedeutung von Datenschutz und Sicherheit für den Aufbau digitaler Systeme unterstrichen.
Der „Cairo Call to Action“
Im Rahmen der Abschlusszeremonie wurde der Cairo Call to Action veröffentlicht, ein Zehn-Punkte-Fahrplan für die nachhaltige Urbanisierung. Der Plan verpflichtet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sich gemeinschaftlich für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu engagieren. Er erkennt die Bedeutung der nachhaltigen Urbanisierung als transformative Kraft für soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz, Wirtschaftswachstum und Wohlstand an.
Der Plan fordert auch die Verankerung einer Multi-Level-Governance für eine sektorübergreifende Koordination, politische Abstimmungen und Umsetzungen. Der Aufruf zum Handeln betont die Notwendigkeit einer systematischen Vertretung lokaler Akteure auf allen Ebenen, einer inklusiven gemeinsamen Nutzung städtischer Räume und Chancen, einer Stadtplanung, die zu besseren Ergebnissen vor Ort führt, und der Bereitstellung von Finanzmitteln für Städte und Gemeinden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verpflichteten sich zudem zur Nutzung, lokaler und bürgernaher Daten für die Entscheidungsfindung, Kultur und Erbe als Aktivposten für die Nachhaltigkeit einzusetzen und Koalitionen und Allianzen zu bilden, um auf lokaler Ebene mehr Wirkung zu durchzusetzen.
Frau Rossbach bekräftigte: „Wir nehmen die Empfehlungen des WUF12 und des Cairo Call to Action zur COP29 nach Baku, um die subnationalen und nationalen Bemühungen zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens und der SDGs sowie zur Umsetzung der Neuen Urbanen Agenda aufeinander abzustimmen“. Ägypten übergab nach Abschluss des WUF12 den Staffelstab offiziell an Aserbaidschan, den nächsten Gastgeber des WUF13, das 2026 stattfinden wird.
Miriam Gerhard, Annemarie Stabel und Erwin Eisenhardt (Arbeitskreis Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit der DGVN)
Der Arbeitskreis Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit der DGVN befasst sich in der Arbeitsgruppe Stadtentwicklung damit, wie die DGVN einen Beitrag dazu leisten kann nachhaltige Stadtentwicklung voran zu bringen. Bei Interesse an einer Mitarbeit finden Sie die Kontaktmöglichkeiten auf der Vorstellungsseite der DGVN-Arbeitskreise.