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Die globale Wasserkrise

Zum UN-Weltwassertag am 22. März richtet sich die Aufmerksamkeit auf ein Element des Lebens, das enorm unter Druck steht: Wasser. Fünf Milliarden Menschen werden bis zum Jahr 2050 zu wenig Trinkwasser haben – wenn nicht stärker gegen die Wasserkrise vorgegangen wird.

Ein Mann sortiert hunderte Wasserflaschen, im Hintergrund sieht man das Meer.
Jede Menge Wasserflaschen des UN-Welternährungsprogramm (WFP), um den Opfern eines Wirbelsturms auf Haiti zu helfen. (UN Photo/Logan Abassi)

Weltweit sind über zwei Milliarden Menschen einem sogenanntem Wasserstress ausgesetzt. Laut der UN-Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und der Unterorganisation UN-Water liegt Wasserstress dann vor, wenn Staaten mehr als ein Viertel der erneuerbaren Wasserressourcen aufbrauchen. Auswertungen des UN-Weltwasserberichts 2021 sowie der aktuellen Analyse der WMO zeigen, dass im Jahr 2018 bereits über 3,6 Milliarden Menschen mindestens einen Monat lang unter einer unzureichenden Wasserversorgung litten. Im Jahr 2020 hatten über 3,4 Milliarden Menschen keinen sicheren Zugang zu Sanitäranlagen.

Während der globale Frischwasserbedarf jährlich um ein Prozent wächst, sinken der WMO zufolge die Wasserspeicher um einen Zentimeter pro Jahr: in Form von oberflächlichem Wasser, Schnee, Eis und Grundwasser. Dem Weltwasserbericht 2021 zufolge wird es bis 2030 ein Wasserdefizit von 40 Prozent geben. Gleichzeitig verschärfen Wetterextreme die Krise. Vor allem in afrikanischen Ländern leiden Menschen unter immer stärkeren Dürren. Zudem ist die Zahl der Hochwasser und Überschwemmungen in den letzten 20 Jahren um 134 Prozent gestiegen. Mit Blick auf den Klimawandel steht die globale Wasserkrise in enger Verbindung zu dessen Folgen, wie etwa dem Meeresspiegelanstieg und Salzwasserintrusionen.

Besseres Wassermanagement für die Einhaltung des SDG 6

WMO und UN-Water sind sich einig: um das selbst erklärte nachhaltige Entwicklungsziel 6 (SDG 6) zu erreichen ­– es besagt, bis zum Jahr 2030 jedem Menschen einen Zugang zu sauberem Wasser und Sanitäreinrichtungen zu ermöglich – müssen die dahingehenden Bemühungen vervierfacht werden. Anderenfalls wird das Ziel, der WMO zufolge von 107 Staaten mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erreicht.

Lediglich 0,5 Prozent des Wassers auf der Erde ist trinkbar. Darum bedarf es laut WMO-Generalsekretär Petteri Taalas dringend eines besseren Wassermanagements. Als konkrete Vorschläge fordert Taalas den flächendeckenden Einsatz und die Verbesserung von Warnsystemen bei Dürren und Überflutungen, sowie einen regelmäßigeren Datenaustausch, um schneller auf Katastrophen reagieren zu können.

Neben dem politischen Ressourcenmanagement werden Lösungen für eine flächendeckende Wasserversorgung auch lokal gesucht. So zum Beispiel über die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Jordanien, und auch in Mexiko, wo in ländlichen Gebieten nach einem Bericht des Spiegels vermehrt die Regenwassernutzung gefördert wird. Im zweitbevölkerungsreichsten Land Indien droht nach Berichten des Sterns und Ergebnissen der nationalen Studie „Nitia Aayog“ eine Grundwasserkrise. Auch hier wird in Teilen auf ein dezentrales „community-management“ gesetzt, so Rajender Singh, der in einem Interview mit der Deutschen Welle durch Errichtungen natürlicher Stauanlagen rund 250.000 ausgetrocknete Brunnen wieder mit Wasser versorgen konnte. Die Analyse der Weltwetterorganisation bescheinigt, dass in weiten Teilen der Sahelzone bereits Millionen von Hektar Land wieder für ökologische Nutzung aufbereitet werden konnten und in Zentralamerika, Südostasien und Europa Investitionen in bessere Frühwarnsysteme den Umgang mit Katastrophen erleichtert.

Gerechte Verteilung des blauen Goldes  

2010 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Recht auf Wasser als Menschenrecht anerkannt. Dennoch ist es kein Geheimnis, dass der häufig als blaues Gold bezeichnete Rohstoff global nicht gerecht verteilt ist. Die Hälfte aller Menschen mit mangelndem Zugang zu sicherem Trinkwasser lebt in afrikanischen Ländern. Nur jeder Vierte der Bevölkerung der Subsahara hat Zugang zu sicherem Trinkwasser, fasst UNESCO den Weltwasserbericht zusammen. Zudem gebe es erhebliche Unterschiede zwischen ländlichen und städtischen Regionen. Wasserknappheit herrscht nach Angaben der WMO überdies im Mittelmeerraum, Nordwestamerika, an der Westküste Südamerikas mit Peru und Chile, im Nahen Osten mit Saudi-Arabien und Iran sowie in weiten Teilen Süd- und Ostasiens.

Die Covid-19 Pandemie hat zudem verdeutlicht, wie wichtig Hygiene für den Schutz vor übertragbaren Krankheiten ist. Überdies begünstigen fehlende Sanitär- und Kläranlagen Krankheiten wie Typhus, Hepatits A und Cholera. Umso wichtiger ist es, dass es Programme wie das water, sanitation and hygiene (WASH) von Unicef gibt, die sich in über 100 Ländern dafür einsetzen, dass Menschen der Zugang zur grundlegenden Hygienepflege gewährleistet wird.

Auch die Geschlechterungleichheit ist ein Problem der Wasserkrise. Laut jüngster Analyse der Weltwetterorganisation ist es häufig die Aufgabe der Frauen und Mädchen, für die Wasserbeschaffung zu sorgen. Als Folge können Sie zum Teil nicht Ihrer (Schul-)Ausbildung nachgehen, oder überhaupt einen Beruf erlernen, sodass sie auch darüber hinaus beeinträchtigt werden.

Wofür wird Wasser genutzt?

Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), ist die Landwirtschaft mit 70 Prozent der größte Wasserverbraucher. Die Industrie verbraucht 20 Prozent und nur bei 10 Prozent liegt der Bedarf der Privathaushalte.

Doch bei der Berücksichtigung des Pro-Kopf-Verbrauchs muss auch das sogenannte „virtuelle Wasser“, also die Menge, die für die bei der Produktion eines Konsumguts aufgewendet wird, mitberücksichtigt werden. Nach einer Studie des WWF verbraucht ein Durchschnittsdeutscher zwar nur 124 Liter pro Tag. Jedoch ist hierin nicht das virtuelle Wasser mitberechnet. Beispielsweise verbraucht die Produktion einer einzigen Tasse Kaffee bereits 140 Liter Wasser.

Wertschätzung als Ausweg aus der Krise

Wieviel wert hat Wasser? So beginnt das Vorwort der UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay zum letztjährigen UN-Wasserbericht. Wasser hat anders als andere Rohstoffe keinen Weltmarktpreis. Einerseits hat es einen unendlich hohen Wert, weil es ohne Wasser kein Leben gäbe, andererseits wird es oft für selbstverständlich genommen und täglich verschwendet, so Azoulay. Weiter führt Sie aus, dass in Teilen der Welt Wasser als Lebewesen anerkannt und wertgeschätzt wird. Zum Beispiel im naturverbundenen Neuseeland, wo seit dem Te Awa Tupua Act aus dem Jahr 2017 der Whanganui River als ein untrennbares Lebewesen von der Quelle bis zum Meer angesehen wird. Auch in Indien wird der Ganges als Lebewesen verehrt, das mit den gleichen Rechten wie Menschen ausgestattet ist.

Auch wenn Wasser in den meisten Industriestaaten wohl nicht als Lebewesen angesehen wird, kommt es auf das Bewusstsein und die Wertschätzung an, die jeder Einzelne in seinen Alltag integrieren kann. Wie in seiner Erklärung zum Weltwassertag vor zwei Jahren, treffen die Worte von UN-Generalsekretär António Guterres auch heute noch zu: „Am Weltwassertag hat jeder eine Rolle zu spielen“.

Alexander Müller


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