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Glasgow soll Fortschritte liefern

Zwei Wochen lang verhandeln Regierungsvertreter im schottischen Glasgow, wie die Ziele des Pariser Abkommens doch noch erreicht werden können. Dabei geht es neben höherer Ambition in der Klimapolitik auch um Fragen zur Auslegung des Abkommens.

Eine Frau steht an einem Redepult mit Mikrofon. Im Hintergrund sieht man das Logo der COP26
Patricia Espinosa, Leiterin des Sekretariats der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, bei der Eröffnung der COP26 in Glasgow.

(Foto: Kiara Worth/flickr/CC BY-NC-SA 2.0/UNFCCC_COP26_31Oct21_OpeningPlenary_KiaraWorth-60)

Die Erwartungen an die diesjährige Weltklimakonferenz sind hoch. Zwei Wochen lang beraten Regierungsvertreterinnen und -vertreter aus über 190 Staaten über eine ambitioniertere globale Klimapolitik. Auch noch offene Detailfragen zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens sollen im schottischen Glasgow geklärt werden. Offen ist bislang, wie etwa die Klimaziele der Länder miteinander vergleichbar werden und unter welchen Bedingungen Länder CO2-Zertifikate handeln können.

In diesem Jahr findet der Klimagipfel unter außergewöhnlichen Umständen statt. Wegen der Covid-19-Pandemie war die Konferenz schon um ein Jahr verschoben worden. Dennoch stellt die Durchführung der Konferenz unter Corona-Bedingungen eine Herausforderung dar. Für die Sicherheit der etwa 28.000 angemeldeten Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollen etwa tägliche Schnelltests sorgen.

Neben eher technischen Fragen geht es auch um politische Fragen, etwa wie die Länder ihre Klimaziele verbessern können, damit es noch gelingt, die Erderwärmung auf höchstens 1,5 Grad zu begrenzen. Derzeit liegen die weltweiten Durchschnittstemperaturen schon über einen Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Es verbleibt also wenig Zeit, um den weltweiten Treibhausgasausstoß so zu begrenzen, dass das 1,5-Grad-Limit nicht überschritten wird. Das Gipfeltreffen in Glasgow gilt deshalb als letzte Chance, das Ruder doch noch herumzuwerfen.

Klimapolitik unter Handlungsdruck

Die Welt stehe beim Klimaschutz an einem „Wendepunkt der Geschichte“, warnte die Leiterin des Sekretariats der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, Patricia Espinosa, zu Beginn des Treffens. „Entweder wir entscheiden uns für eine rasche und umfassende Verringerung der Emissionen, um das Ziel der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5° C zu erreichen – oder wir akzeptieren, dass die Menschheit einer düsteren Zukunft auf diesem Planeten entgegensieht“, sagte Espinosa weiter.

Das Vorhaben der Weltgemeinschaft ist enorm. Die Staaten haben es in den vergangenen Jahren nicht geschafft, ihren Treibhausgasausstoß zu verringern. Die Lücke zwischen den ausgestoßenen CO2-Emissionen und dem 1,5-Grad-Limit verharrt auf hohem Niveau. Bis 2030 müssten die Emissionen um 55 Prozent sinken, geschafft sind gerade mal 7,5 Prozent. Das geht aus dem Emissions Gap Report hervor, den das UN-Umweltprogramm UNEP vor Beginn der Konferenz veröffentlicht hat.

Welt bewegt sich in Richtung eines 2,6-Grad-Pfades

„Der Klimawandel ist nicht länger ein Problem der Zukunft. Er ist ein Problem der Gegenwart“, sagte UNEP-Chefin Inger Andersen. Sie machte deutlich, wie sehr die Zeit drängt. „Wenn wir eine Chance haben wollen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, haben wir acht Jahre Zeit, um die Treibhausgasemissionen fast zu halbieren: acht Jahre, um die Pläne zu machen, die politischen Maßnahmen zu ergreifen, sie umzusetzen und schließlich die Reduktionen zu erreichen. Die Uhr tickt laut.“

Momentan steuert die Welt eher auf einen Pfad von 2,7 Grad zu. Selbst die Tatsache, dass etliche Staaten im Vorfeld der Konferenz ihre selbst gesetzten Klimapläne, die sogenannten Nationally Determinded Contribution (NDC), noch überarbeitet haben, hat die Lücke zum 1,5-Grad-Ziel nicht wesentlich schrumpfen lassen. Laut Pariser Klimaabkommen sind alle Vertragsstaaten verpflichtet, ihre Klimaziele alle fünf Jahre zu erhöhen. Dem UNEP-Report zufolge haben das bisher 120 Staaten getan. Aber nur knapp die Hälfte der neuen Klimazusagen trägt dazu bei, die Emissionen zu mindern.

Nur wenig Fortschritt trotz neuer Klimapläne

Die aktualisierten Klimapläne von Australien, Indonesien, Mongolei, Namibia, Sambia und Tansania bringen im Vergleich zum vorherigen Plan keine Verringerung beim Treibhausgasausstoß.  Brasilien und Mexiko haben sogar NDCs vorgelegt, die noch mehr CO2-Ausstoß verursachen als die davor geltende Verpflichtung.

Darüber wird allerdings nicht direkt auf der Klimakonferenz verhandelt, sondern die Länder setzen sich freiwillig immer anspruchsvollere Klimaziele. Wenn diese nicht ausreichen, braucht es einen Mechanismus, der dafür sorgt, dass die Länder nachlegen. Denn mit der Ratifizierung des Vertrags haben die Staaten lediglich versprochen, die Erwärmung bei „deutlich unter zwei Grad“ zu stoppen und „Anstrengungen zu unternehmen“, dass dies schon bei 1,5 Grad gelingt. Wie die Nachbesserung und die Verpflichtung auf das anspruchsvollere Temperaturziel vereinbart werden können, ist aber noch unklar.

Künftige Regeln für CO2-Märkte sind strittig

Auch etliche Umsetzungsfragen des Pariser Klimaabkommens liegen auf dem Verhandlungstisch. So unterscheiden sich die Zeithorizonte bei den Klimaplänen der Länder. Einige Pläne decken den Zeitraum bis 2025 ab, während andere bis 2030 laufen. Damit diese aber vergleichbar werden, müssen sie sich die Staaten auf einen gemeinsamen Zeitrahmen einigen.

Größter Knackpunkt des Treffens könnten die Rahmenbedingungen werden, die definieren, wie Staaten CO2-Zertifikate untereinander handeln können. Einige Länder wollen einen Teil ihres Treibhausgasausstoßes dadurch kompensieren, dass sie Projekte, die den Treibhausgasausstoß senken, in anderen Ländern unterstützen. Dafür braucht es Vereinbarungen, wie solche Projekte unter den beteiligten Ländern jeweils angerechnet werden sollen. Fachleute warnen vor zu schwammigen Formulierungen, sodass die Emissionsminderung am Ende in beiden Ländern angerechnet werden könnte – der Effekt fürs Klima wäre bei einer doppelten Anrechnung verloren.

Zusagen zur Klimafinanzierung noch nicht erreicht

In Glasgow soll die erste globale Bestandsaufnahme beginnen, bei der die Fortschritte zur Erreichung der Paris-Ziele bewertet werden. Zwar wurden allgemeine Rahmenbedingungen dazu schon 2018 festgelegt, aber wie eine solche Bestandsaufnahme organisiert werden kann, ist noch nicht vollständig geklärt.

Nicht Teil der offiziellen Verhandlungen, aber doch entscheidendes Thema für die Konferenz sind die Gelder, die die industrialisierten Länder an die Entwicklungsländer zahlen. Eigentlich hatten die Industrieländer versprochen, ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar für Projekte zur Minderung der Treibhausgase und zur Anpassung an den Klimawandel zu zahlen. Diese Summe ist bislang noch nicht erreicht.

Sandra Kirchner


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