Kooperation von Nutzenmaximierern intelligent gestalten
Die Idee von ständigem Wirtschaftswachstum als Stabilitäts- und Wohlstandsgarant ist für viele EntscheiderInnen in Politik und Gesellschaft zu einer scheinbar unverrückbaren Maxim geworden. Alternativen wurden lange Zeit nur weit ab vom öffentlichen Diskurses geführt oder entfielen gänzlich. Anstatt die Zukunft angesichts der drohenden Klimakatastrophe als Maßstab für politische Leitlinien zu wählen, begnügt man sich damit, den Status quo als Ausgangspunkt des eigenen Denkens und Handelns beizubehalten.
Wie kommt das? Der beständige Weg nach oben hat vor allem in den westlichen Volkswirtschaften (und in den letzten 40 Jahren zunehmend in der chinesischen Volksrepublik) zu einer massiven Mehrung des gesamtwirtschaftlichen Wohlstandes geführt. Historisch gesehen sind die weltweiten sozialen und materiellen Standards auf einem Rekordhoch, nie war der Armutsanteil an der Weltbevölkerung geringer. Liegt es da nicht nahe, Wirtschaftswachstum als Motor für Entwicklung und Fortschritt zu postulieren? Wohl nicht. Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Ressourcenverbrauchs und den damit einhergehenden ökologischen sowie sozialen Konsequenzen scheint es vielmehr unverzichtbar, Alternativen aufzuzeigen.
Mit Blick auf eine nachhaltige Umgestaltung der gegebenen sozioökonomischen Strukturen werden diverse Handlungsoptionen diskutiert. Bedeutend scheinen vor allem jene Ansätze, die Klimaschutz und anhaltendes Wirtschaftswachstum aus ihrer vermeintlichen Rolle Antagonisten-Rolle befreien. Die Entkoppelung von Wachstum und Ressourcenverbrauch klingt vielversprechend, ist doch niemand bereit, bestehende Standards aufzugeben. Hat nicht der Aufschwung in der westlichen Welt neben materiellen Wohlstand auch maßgeblich zur Erschaffung einer rechtsstaatlichen, demokratischen und freiheitlichen Gesellschaftsstruktur beigetragen? Diese beizubehalten kann nur als wünschenswert angesehen werden.
Umgesetzt werden soll das Vorhaben durch Effizienzsteigerungen in den Bereichen Energie, Produktion und Ressourcenverbrauch sowie durch strukturelle Veränderungen hin zur Dienstleistungsgesellschaft. Dass die Veränderung bestehender Verhältnisse Arbeit erfordert, ist selbsterklärend. Doch impliziert dies neben neuen, klimafreundlichen Wachstumsimpulsen auch eine Reduzierung von Treibhausgasen und damit des Klimawandels? Soll das Bruttoinlandsprodukt weiter ansteigen, ist zusätzliche Produktion nötig. Um die hieraus resultierenden Folgen nachvollziehen zu können, muss die Gesamtheit der produzierten Waren und Dienstleistungen in einer Tauschbeziehung zwischen Unternehmen und Haushalten gedacht werden. Vereinfacht gedacht: Bei der Warenproduktion entstehen Kosten (etwa für Lohn und Material), die finanziell entgeltet werden. Das so entstehende Einkommen kann wiederum für den Konsum von Waren aufgewandt werden. Der Prozess wiederholt sich. Soll das so generierte Wachstum klimaneutral sein, dürften sowohl die materiellen Kosten als auch der Konsum keine ökologisch negativen Folgen haben. Das scheint nur möglich, wenn die Waren an keinerlei natürliche Ressourcen gebunden sind - eine eher abwegige Vorstellung. Wachstum und Klimaschutz scheinen sich also nicht vollständig anzunähern.
Doch wie kann der Problematik zunehmender Umweltbelastung dann begegnet werden? Produktivitätsfortschritte zu verhindern, scheint in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung nicht möglich. Wohl aber können sich es staatliche Institutionen zur Aufgabe machen, externe Effekte verstärkt zu internalisieren und durch eine geeignete Steuer- und Subventionspolitik richtungsweisend zu agieren. Kooperation auf internationaler Ebene scheint in diesem Kontext unerlässlich. Wesentlich ist dafür folgender Gedanke: Aus volkswirtschaftlicher Betrachtungsweise würde ein Subjekt dann rational handeln, wenn es in der gegenwärtigen Situation seinen eigenen Nutzen zu maximieren versucht, auch wenn dies oft mit nicht nachhaltigen Verhalten einhergeht. Wenn niemand nachhaltig handelt, trägt jedes anders handelnde Subjekt einen individuellen Nachteil davon, der die positiven Folgen seines Handelns übertrifft. Es braucht demnach eine Struktur, die im Stande ist, destruktive Wettbewerbsverhältnisse zu beseitigen. Als ein in der Theorie gelungenes Konzept kann das Kyoto-Protokoll angesehen werden, nach dem sich die Mitglieder erst mit der Unterzeichnung der jeweils anderen Staaten zur Kooperation verpflichten. Damit wird der Wettbewerb auf eine andere Ebene verlagert. Durch die für alle verbindlichen Umweltauflagen erhält niemand einen überproportionalen Nachteil. Die Vereinten Nationen haben die Möglichkeit, sowohl staatliche als auch zivilgesellschaftliche Akteure zu einer solchen Kooperation anzuregen.