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Was machen eigentlich Entwicklungsbanken?

Ob Windparks in Südafrika, Krankenhäuser in ländlichen Regionen Bangladeschs oder der Ausbau der Trinkwasserversorgung in Indien: Der Weg zur Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) erfordert Investitionen. Entwicklungsbanken können diese Investitionen auf den Weg bringen.

An der Grenze zwischen Brasilien und Paraguay liegt der Staudamm Itaipú, welcher mit der Förderung der Weltbank gebaut wurde. (UN Photo: Evan Schneider)

Doch wie funktionieren Entwicklungsbanken, was unterscheidet sie von normalen Banken und was motiviert Staaten, solche Banken zu betreiben? Im folgenden Artikel wollen wir die Funktionsweise, Kritikpunkte und Beispiele näher beleuchten.

Was sind Entwicklungsbanken?

Entwicklungsbanken sind Banken, die große Kreditsummen für langfristige Entwicklung vergeben. Sie unterscheiden sich durch ihren geografischen Fokus und ihre Ziele. Eine der ältesten Entwicklungsbanken, die Weltbank, wurde 1944 für den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet und ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Sie arbeitet eng mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) zusammen und ist global ausgerichtet. Regionale Entwicklungsbanken wie die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) oder die Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB) konzentrieren sich auf bestimmte Regionen wie Asien oder Lateinamerika. Sind mehrere Staaten Mitglied, spricht man von einer multilateralen Entwicklungsbank. Daneben gibt es nationale Entwicklungsbanken, die nur einem Land gehören, aber weltweit investieren. Dazu gehören beispielsweise die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder die China Development Bank (CDB). Im Idealfall erwirtschaften diese Projekte dann wieder Gewinne, mit denen der Kredit der Entwicklungsbank zurückgezahlt wird. Mit diesem kann die Entwicklungsbank dann neue Projekte finanzieren.

Betrachten wir die multilateralen Entwicklungsbanken genauer: Um entwicklungspolitische Ziele zu erreichen, ist es zunächst vorteilhaft, wenn sich Staaten zusammenschließen. So können sie ihr Engagement besser koordinieren, Kosten teilen und damit effektiver arbeiten. Voraussetzung ist aber auch, dass die Staaten ähnliche Ziele verfolgen, z.B. ob der Schwerpunkt eher auf dem Erhalt der Biodiversität, auf grünen technischen Innovationen oder auf dem Ausbau der konventionellen Infrastruktur liegt. Sind sie sich einig, gründen sie gemeinsam eine Entwicklungsbank, die das von den Staaten bereitgestellte und auf dem Finanzmarkt aufgenommene Geld investiert. Empfänger der Kredite sind Gebietskörperschaften, Staatsbetriebe sowie kleine und mittlere Privatunternehmen, die damit von ihnen vorgeschlagene Projekte umsetzen. Im Idealfall werfen diese Projekte wieder Gewinne ab, mit denen die Entwicklungsbank neue Projekte finanzieren kann.

Welchen Vorteil bieten Entwicklungsbanken?

Unternehmen und Regierungen in Ländern des Südens haben häufig das Problem, dass sie sich nur zu hohen Zinsen Geld leihen können. Grund dafür ist unter anderem das Ausfallrisiko der Gläubiger, da die wirtschaftliche Lage und die politische Stabilität oft angespannt sind. Um die wirtschaftliche Situation zu verbessern, wären jedoch Investitionen notwendig, die aufgrund der hohen Zinsen, die die internationalen Finanzmärkte als Risikoprämie verlangen, sehr teuer sind. Zur Veranschaulichung kann man sich einen Bäcker vorstellen. Dieser muss zunächst einen Kredit aufnehmen, um einen Ofen zu kaufen, bevor er Brot backen und verkaufen kann. Mit den Einnahmen aus dem Brotverkauf kann er dann seinen Kredit zurückzahlen. Bekommt er den Kredit nicht, weil er noch kein laufendes Geschäft hat, ist er in dieser Situation gefangen. Das ist die Situation vieler Länder des Südens auf dem internationalen Finanzmarkt. Wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass jährlich rund 1,5 Billionen Euro - zusätzlich zu den laufenden Investitionen - in den Ländern des Südens ausgegeben werden müssten, um das Wachstumspotenzial auszuschöpfen.

Entwicklungsbanken versuchen, diese Stagnationsspirale zu durchbrechen: Sie können Kredite zu günstigen Zinsen vergeben. Das liegt daran, dass sie am Kapitalmarkt als sehr sicher gelten. Dabei profitieren sie im Euroraum von einer Sonderregelung, die 14 multilaterale Entwicklungsbanken mit Staaten gleichsetzt und ihnen ein Risikogewicht von 0% zuweist.

Ein weiterer Vorteil ist, dass Entwicklungsbanken langfristige Investitionen tätigen können. Normale Geschäftsbanken sind eher an kurz- bis mittelfristigen Gewinnen interessiert, die einen unmittelbaren monetären Nutzen bringen. Wenn aber zum Beispiel in Indien in den Bau von Schulen in ländlichen Gebieten investiert wird, gibt es keinen unmittelbaren Gewinn für die Investoren. Gut ausgebildete Menschen sind aber ein wichtiger Faktor für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Auch der Schutz des Amazonas-Regenwaldes wirft keinen Gewinn ab. Dennoch ist der Erhalt unserer Umwelt die Grundlage für die menschliche Existenz. Entwicklungsbanken schließen diese Lücke: Sie müssen keine kurzfristigen Gewinne erzielen und sich nicht vor privaten Investoren rechtfertigen. Stattdessen können sie sich auf nachhaltige Ziele konzentrieren, die nicht unmittelbar Gewinne abwerfen.

Neben finanzieller Unterstützung bringen multilaterale Entwicklungsbanken auch technische Expertise in die Projekte ein. Sie bieten Fachwissen und Erfahrung in Bereichen wie Projektmanagement, Umweltverträglichkeitsprüfung, Regulierung und Kapazitätsaufbau. Darüber hinaus haben sie durch ihre zahlreichen Niederlassungen und lokalen Mitarbeiter einen starken regionalen Präsenz und damit einen großen Wissenspool aufgebaut. Gleichzeitig fördern sie die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen den Mitgliedsländern der Entwicklungsbanken.

Welche Kritik gibt es an Entwicklungsbanken?

Einer der Hauptkritikpunkte an Entwicklungsbanken betrifft die Umweltauswirkungen ihrer Projekte. Vor allem im letzten Jahrhundert haben sich diese Institutionen auf Infrastrukturprojekte wie Staudämme oder Straßenbau konzentriert, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können. Ein prominentes Beispiel ist der Itaipu-Staudamm am Paraná-Fluss an der Grenze zwischen Brasilien und Paraguay. Obwohl solche Projekte der Verbesserung der Energie- und Wasserversorgung dienen können, können sie auch ökologische Schäden verursachen, wie die Zerstörung von Lebensräumen, die Verschmutzung von Gewässern und die Vertreibung indigener Gemeinschaften. Ein weiterer umstrittener Aspekt ist die Konditionalität von Krediten und Zuschüssen der Entwicklungsbanken. Seit den 1980er Jahren werden Kredite häufig an bestimmte Bedingungen geknüpft, wie den Abbau sozialer Sicherungssysteme oder die Privatisierung von Staatsunternehmen. Diese Auflagen können jedoch zu sozialen Unruhen und politischer Instabilität führen, gleichzeitig ist der positive Effekt von Privatisierungen auf das Wirtschaftswachstum stark umstritten. Kritiker fordern daher eine stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse und Wünsche der lokalen Bevölkerung und einen flexibleren Umgang bei der Vergabe von Finanzmitteln.

Richard Beil, Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.

Dieser Artikel erschien in der Eine-Welt-Presse "Finanzierung nachhaltiger Entwicklung."


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