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„Zugang zu sauberem Wasser ist die Grundlage für Bildung“: Neven Subotic im Interview

Die Neven Subotic Stiftung ermöglicht Menschen den Zugang zu sauberem Wasser und Sanitäranlagen. Im Interview spricht der ehemalige Profifußballer darüber, wieso die Versorgung mit Trinkwasser eine Grundlage für weitere Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung ist.

Neven Subotic steht an einer Pumpe, mit der er Wasser aus dem Boden pumpt.
Neven Subotic unterstützt mit seiner Stiftung unter anderem den Bau von Brunnen. (Foto: Neven Subotic Stiftung)

Seit 2012 baut die Neven Subotic Stiftung Brunnen und Sanitäranlagen in Gemeinden und Schulen in Ostafrika. Laut der Stiftung haben dadurch bisher rund 170.000 Menschen Zugang zu sauberem Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene erhalten. Mit Ziel 6 "Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen" legt die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung fest, dass der Zugang zu einwandfreiem und bezahlbarem Trinkwasser sowie einer angemessenen und gerechten Sanitärversorgung für alle Menschen bis 2030 verwirklicht werden soll. 

Herr Subotic, Sie haben im Jahr 2012 die Neven Subotic Stiftung gegründet, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Lebensumstände der Menschen zu verbessern, indem sie Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäranlagen schafft. Was war Ihre Motivation, sich auf diese Weise zu engagieren?

Ich wusste, die Welt ist ungerecht, doch ich wusste nicht, wie sehr. Gleichzeitig war ich in den Jahren vor der Gründung zwar lokal engagiert, fand es aber zunehmend ungenügend, dass mein Engagement damit geografisch und sozial sehr limitiert war.

Ich begann, mich zu fragen, wo und für welchen Zweck es wichtig und möglich wäre, sich einzusetzen und recherchierte immer mehr. Meine Motivation war es, mich über Ländergrenzen hinweg, mit gleichem Respekt für jeden Menschen auf der Welt, für die Rechte der Menschen in den ärmsten Regionen einzusetzen.

Wie genau arbeitet die Stiftung?

Wir arbeiten ausschließlich gemeinsam mit lokalen Organisationen, um Wasser- und Sanitäranlagen in Äthiopien, Kenia und Tansania zu errichten. Daran gekoppelt sind Trainings, um die langfristige Funktionsfähigkeit der Einrichtungen sicherzustellen. Dabei sind auch lokale Behörden und Gemeinden Partner vor Ort, um die nötige Kompetenz aufzubauen.

In welchen Ländern ist die Stiftung aktiv? Mit welchen Partnern arbeiten Sie in diesen Ländern zusammen?

Wir sind in Äthiopien, Kenia und Tansania jeweils in einer bestimmten Region beziehungsweise einem Bundesland aktiv; somit liegt der Fokus klar auf Ostafrika als Region. Unsere Partner sind ausschließlich lokale Organisationen, weil wir dazu beitragen möchten, dass diese in zehn Jahre stärker dastehen als jetzt. Seit langer Zeit werden primär international agierende Organisationen gestärkt. Das muss sich zwingend ändern und dazu möchten wir mit unseren Partnern beitragen.

Sauberes Wasser als Grundstein für weitere Menschenrechte

Eines der erklärten Ziele der Stiftung ist es, Menschen ein selbstbestimmtes Leben in Gesundheit und Würde zu ermöglichen. Warum ist dafür der Zugang zu Wasser und Hygiene so wichtig?

Wer täglich nur mit Viren und Bakterien verunreinigtes Wasser zu sich nimmt, der kann nicht gesund werden. Es ist somit die Grundlage für ein Leben in Gesundheit. Wer an den krankheitsschädlichen Folgen des verunreinigten Wassers leidet, der kann beispielsweise nicht zur Schule gehen. Zugang zu sauberem Wasser ist somit Grundlage für Bildung. Wer seine Wasserstelle mit Tieren teilt, die das Trinkwasser verunreinigen, der ist seiner Menschenwürde beraubt worden. Deshalb bedeutet Wasser die Grundlage für Gesundheit, Bildung und Menschenwürde.

Inwiefern hängen auch weitere Zielsetzungen der nachhaltigen Entwicklung, etwa die Verbesserung des Zugangs zu Bildung, von sauberem Trinkwasser und Sanitäranlagen ab?

In der Regel sind Frauen oder Mädchen in patriarchalischen Strukturen diejenigen, die für die Wasserbeschaffung verantwortlich sind. Wenn beispielsweise in der Familie das Mädchen Wasser holt, fehlen ihm die Zeit für die Schule. Wenn die Frau oder Mutter das Wasser holt, dann ist häufig die älteste Tochter für den Haushalt und die Betreuung der Kleinkinder verantwortlich und kann somit ebenfalls nicht zur Schule gehen. Diese Effekte sind nicht auf den ersten Blick sichtbar, doch sie verdeutlichen die Abhängigkeiten von erreichbarem sauberem Wasser. Im Schnitt laufen Frauen und Mädchen täglich sechs Kilometer, um an eine Wasserstelle zu gelangen, wobei sie die Hälfte des Weges 20 Liter Wasser auf dem Rücken tragen.

Wie stellen Sie sicher, dass in den Projekten der Stiftung möglichst viele Menschen und insbesondere auch Frauen und Mädchen von Veränderungen profitieren?

Unsere Partner versuchen, in ihren Organisationen Geschlechtergerechtigkeit herzustellen. In Tansania ist eine Frau Präsidentin, wodurch das Land für diesen wichtigen Veränderungsprozess ein prominentes Vorbild hat. In den Projekten wird bewusst darauf geachtet, dass von Anfang an Frauen inkludiert werden: vom ersten Kennenlernen bis zum Management der Wasser- und Sanitäranlagen, welches auch im Regelfall von einem Team geleitet wird, das zur Hälfte aus Frauen besteht. Zudem beinhalten die Schulungen Aufklärung zu Themen wie Menstruation, um Tabus ansprechen und bewältigen zu können. Dies gelingt es zum Beispiel durch getrennte Räume und Anlagen für Mädchen, die es ihnen ermöglichen, ihre Intimsphäre zu schützen.

Wie die "Wasserkrise" aufhalten?

Welche Erwartungen haben Sie an die internationale Politik? Was könnten (bzw. sollten) Ihrer Einschätzung nach die Vereinten Nationen tun, um die globale „Wasserkrise“ endlich zu beenden?

Wir müssen weg von riesigen Organisationen und reinen Projektansätzen und hin zur Stärkung lokaler Akteure und lokal angepasster Systeme.

Das klingt leicht, ist es aber nicht. Doch das sind die Ansätze, die nicht nur sinnvoll, logisch und richtig erscheinen, sondern es auch sind. Wir sind in der Entwicklungszusammenarbeit mit der Devise „ich sage und ich tue” nicht sehr weit gekommen, mittlerweile ist die Entwicklungszusammenarbeit zwischen “ich sage und du tust” und “ich sage, wir tun” angelangt. In der Zukunft sollte es vielmehr heißen “wir sagen, wir tun”, bis endlich das Ziel erreicht ist: “du sagst, du tust”.

Wie kann ich selbst aktiv werden, um zu Veränderungen beizutragen?

Es gibt so viele Möglichkeiten. Das, was jeder machen kann, ist bereits im Bewusstsein der Gesellschaft angelangt. Doch häufig ist das Problem, wie man Engagement in den Alltag und somit in die eigene Realität und Identität integrieren kann. Das ist schwieriger zu beantworten. Umso hilfreicher und wichtiger ist es, sich der Auseinandersetzung damit zu widmen und Lösungen zu formulieren.

Neben der Tatsache, dass Engagement idealerweise etwas Holistisches ist, sollte auch eine Fokussierung stattfinden. Wenn man von einer zur nächsten Krise geht, kann es dazu führen, dass man sich mit nichts wirklich tiefgründig auseinandersetzt. Es ist enorm wichtig, dass man ein oder mehrere Themen findet, sie in ihrer Tiefe versteht und dieses Wissen in die Gesellschaft hineinträgt.


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