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Welche Rolle spielt Deutschland?

Seit dem Bei­tritt in die UN ist das Engage­ment Deutsch­lands stetig ge­wachsen und die UN sind zu einem wichtigen Bestand­teil der deut­schen Außen­politik geworden. Zu­gleich ist Deutsch­land inzwischen der viert­größte Beitrags­zahler für den ordent­lichen UN-Haus­halt.

 

Deutsche Beiträge an das UN-System

Deutsch­land ist seit 1973 Mitglied der 1945 gegründeten Vereinten Nationen. Seit­dem ist das deutsche Engagement stetig gewachsen: Deutsch­land ist heute der viert­größte reguläre Beitrags­zahler für den ordent­lichen UN-Haus­halt. Da die Bundes­republik zudem erhebliche frei­willige Beiträge zu Einzel­programmen der Vereinten Nationen leistet, ist Deutsch­land ins­gesamt gesehen - nach den USA - der zweit­wichtigste Geld­geber der Vereinten Nationen.

Im Jahr 2023 hat Deutsch­land insgesamt ungefähr 5 Milliarden Euro (5,4 Millarden US-Dollar) an die Vereinten Nationen gezahlt, beziehungs­weise über das System der UN in Form von Projekten abgewickelt. Im Rekordjahr 2022 waren es sogar ungefähr 6,3 Milliarden Euro (6,8 Milliarden US-Dollar). Den Verlauf über das letzte Jahrzehnt kann man auf der Grafik weiter unten sehen.

Während der Pflicht­anteil Deutsch­lands am regulären Haushalt von 2013 bis 2023 sogar leicht gesunken ist, stiegen die frei­willigen Beiträge an einzelne UN-Organisationen wie dem Amt des Hohen Flüchtlings­kommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), dem Welt­ernährungs­programm (WFP), dem Kinder­hilfs­werk der Vereinten Nationen (UNICEF) und während der Pandemie auch für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) an. Der Anteil solcher frei­willigen Beiträge am deutschen Gesamt­beitrag lag 2023 bei 84 Prozent.

Der größte Anstieg der letzten Jahre fällt zudem auf zweck­gebundene Beiträge, also auf Gelder, die mit klaren geo­grafischen, thematischen oder projektgebundenen Zielen ver­knüpft sind. Während der Einfluss der Bundes­regierung auf die Verwendung von nicht zweck­gebundenen Mitteln begrenzt ist, können Zahlungen von zweck­gebundenen Mitteln wesent­lich stärker an Bedingungen geknüpft werden. Damit sind derartige Beiträge auch als Teil der deutschen Außen­politik zu betrachten. Sie kommen überwiegend aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und dem Auswärtigen Amt (AA).

Zugenommen hat aber auch nach die Höhe der deutschen freiwilligen Kern­beiträge, die die jeweiligen UN-Orga­nisationen flexibel und nach Bedarf verwenden dürfen. Sie machten 2023 einen Anteil von 9,7 Prozent aller deutschen Beiträge an das UN-System aus.

Deutsche UN-Beiträge sind über die Zeit angestiegen.

Insbesondere seit 2015-16 sind die deutschen Beiträge an das UN-System angestiegen, allerdings nur durch die Erhöhung von freiwilligen Beiträgen. Sie erreichten im Jahr 2022, zum Ende der Pandemie und nach Beginn des russischen Großoffensive, ihren Höhepunkt.

Seit 2023 sinken die freiwilligen Beiträge wieder deutlich. Mit Blick auf die Haushaltslage in Deutschland wird erwartet, dass in den Jahren 2024 und 2025 die Beiträge weiter sinken könnten. Gleichzeitig wird die Wahl Donald Trumps das UN-System vor neue finanzielle Herausforderungen stellen, so dass Länder wie Deutschland oder große Geldgeber wie die EU möglicherweise mit zusätzlichen Mitteln aushelfen müssen.

Warum Deutschland freiwillig mehr finanzielle Verantwortung übernimmt

Die zunehmende Höhe frei­williger Beiträge Deutsch­lands und davon ins­besondere der zweck­gebundenen Mittel lässt sich einer­seits durch die gewachsene Rolle der Bundes­republik inner­halb des UN-Systems erklären. Anderer­seits hat die durch den Syrien-Krieg ausgelöste Krise zu dem steigenden Anteil frei­williger Zahlungen bei­getragen: Von den durch den Krieg ausgelösten Flucht­bewegungen war und ist Deutsch­land sowohl innen- als auch außen­politisch betroffen. Als Folge hat Deutschland nach den großen Flucht­bewegungen des Jahres 2015 seine frei­willigen Beiträge beispiels­weise an UNHCR, WFP, UNICEF und die Inter­nationale Organisation für Migration (IOM) deutlich erhöht. Neben der Not­hilfe ist ein Ziel vieler dieser Programme, Flucht­bewegungen zu reduzieren, Migration zu kanalisieren und Menschen beim Verbleib in ihren Heimat­ländern zu unter­stützen. Während der Pandemie hatte Deutschland außerdem seine Beiträge an die WHO deutlich erhöht, aber zuletzt auch wieder auf das Vorpandemie-Niveau abgesenkt.

Deutschlands Beiträge verteilen sich ungleich auf das UN-System.

Anhand der Verteilung der Beiträge Deutschlands an das UN-System kann man sehen, dass humanitäre Aufgaben über das Welternährungsprogramm (WFP) und über UNICEF deutlich mehr Mittel bekommen als die friedenssichernde Arbeit der UN in ihren Kernbereichen und mit den Friedensmissionen.

Auch der Themenbereich Flucht und Migration erhielt 2023 in der Summe mehr freiwillige Mittel von Deutschland als die Friedensmissionen, die durch Pflichtbeiträge finanziert sind. Hier zeigt sich, dass Krieg und Vertreibung, fehlende nachhaltige Entwicklung und Umweltzerstörung auch im UN-System kurz- und langfristig teurer sind als vorbeugende Maßnahmen.

Deutsche Akteure in Friedenseinsätzen

Zwar ist Deutsch­land ein wichtiger Geld­geber für UN-Friedens­missionen, bei der personellen Beteiligung nimmt Deutsch­land jedoch traditionell hintere Ränge ein. Welt­weit sind derzeit mehr als 70 000 Personen in 11 Friedens­einsätzen im Einsatz. Für Deutsch­land sind etwa 100 Personen im Einsatz, darunter neben Militär- und Polizei­personal auch zivile Expertinnen und Experten. Sie alle sind Teil von Missionen inter­nationaler Organisationen und setzen die Mandate der UN-Friedens­einsätze um.

Hintergrundinformationen Vorschläge zum künftigen deutschen Finanzengagement

Die Bundes­republik Deutsch­land ist in den letzten Jahren ein sehr großer, aber mit­nichten ein "guter" Geld­geber in einem regel­orientierten Multi­lateralismus geworden. Zwar bleibt zu erwarten, dass Deutsch­land noch ein paar Jahre lang frei­willig so intensiv in das UN-System einzahlen wird, wie es gegen­wärtig der Fall ist. Sollte aber die politische Bedeutung von Flucht und Migration zugunsten anderer Prioritäten plötz­lich an Gewicht verlieren oder sollten die Haushalts­mittel in einem wirtschaft­lichen Abschwung wieder knapper werden, ist das Risiko sehr hoch, dass Deutsch­land seine Mittel ebenso schneller wieder kürzen wird, wie sie inner­halb kurzer Zeit erhöht worden sind. Ins­besondere der große Teil der zweck­gebundenen Beiträge würde dann schneller als erwartet auslaufen.

Wenn es Deutsch­land also ernst damit meint, den Multi­lateralismus auch lang­fristig finanziell stützen zu wollen, ist es jetzt an der Zeit, politisches Kapital dafür einzu­setzen und die Pflicht­beiträge im gesamten UN-System "zeitnah und voll­ständig" entsprechend der jeweiligen Haushalts­ordnung zu zahlen. Darüber hinaus sollte erwogen werden, die Pflicht­beiträge in den Teilen des UN-Systems freiwillig zu erhöhen, die sich an der Beitrags­skala der Vereinten Nationen orientieren. Das bedeutet, auch gegen den Wider­stand einzelner großer Beitrags­zahler für politische Veränderungen in der Finanzierungs­landschaft zu sorgen, statt sich mit zweck­gebundenen frei­willigen Mitteln "frei­zu­kaufen". Dies würde auch eine Verlagerung der Entscheidungs­kompetenzen in die multi­lateralen Gremien der einzelnen UN-Orga­nisationen bedeuten, statt einer nationalen Mikro­steuerung durch zweck­gebundene Mittel.

Quelle (Auszug, geringfügig bearbeitet): Deutschlands Finanzbeiträge zum UN-System zwischen 2008 und 2018 | Hüfner, Patz, VEREINTE NATIONEN 6/2019.