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Von Gletschern über Genossenschaften: Internationale Jahre 2025

Gleich vier sehr unterschiedliche Themen stehen dieses Jahr im Fokus der Vereinten Nationen und werden mit zahlreichen Aktivitäten als ‚internationale Jahre‘ begangen. So ist 2025 nicht nur das Jahr der Ge­nossen­schaften, sondern auch der Quanten­wis­sen­schaften und Quan­ten­techno­logien.

Blick auf die Bransfieldstraße in der Antarktis mit Eisschollen, Gletschern und Meer.
Blick auf die Bransfieldstraße in der Antarktis. (UN Photo/Mark Garten)

Sinn und Zweck eines internationalen Jahres ist es, das entsprechende Thema und die damit verbundenen Heraus­forderungen und Chancen weltweit in den Blickpunkt der Öffentlich­keit zu rücken, zum Handeln anzuregen und die internationale Zusammen­arbeit zu stärken. Die Vereinten Nationen rufen damit Regierungen, inter­nationale Organisationen, die Zivil­gesell­schaft und andere Akteurinnen und Akteure auf, Aktivitäten zu den jeweiligen Themen umzusetzen. Das können Infor­mations­kampagnen, Konferenzen oder andere Veran­staltungs­formate sein.

Festgelegt werden internationale Jahre typischerweise in einem formellen UN-Prozess. Die Vorschläge kommen in der Regel von den Mitglied­staaten und werden dann je nach Thema von den entsprechenden relevanten UN-Institutionen oder Komitees geprüft. Schließlich werden die Inhalte und zu erreichenden Ziele in einem Ent­scheidungs­entwurf spezifiziert und der UN-General­versammlung zur Abstimmung vorgelegt. Zu den Themen, die eine Mehrheit finden, werden die internationalen Jahre mit mehr oder weniger Vorlauf offiziell ausgerufen.

Das Themen­spektrum ist breit, angefangen von allgemeinen Kernanliegen der Vereinten Nationen – Frieden, Sicherheit, Menschen­rechte und nach­haltige Entwicklung – über spezifischere Themen aus Bereichen wie Gesundheit und Bildung, Kultur und Identität, Wirtschaft und Armuts­bekäm­pfung, Natur- und Umweltschutz bis hin zu Wissenschaft und Technologie. Für 2025 wurden vier inter­nationale Jahre ausgerufen:

Inter­natio­nales Jahr der Erhaltung der Gletscher (IYGP)

Mit dem Internationalen Jahr der Erhaltung der Gletscher soll weltweit Bewusstsein für die wichtige Rolle von Gletschern, Schnee und Eis im Klimasystem und Wasser­kreislauf geschaffen werden. Die Gletscher der Gebirgs­regionen versorgen Milliarden Menschen mit Süß­wasser. Dass sie immer schneller abschmelzen, hat enorme wirtschaftliche, soziale und ökologische Auswir­kungen. Die Menge und Saisonalität des Wasser­abfluss verändert sich, flussab­wärts der durch Gletscher gespeisten Flüsse ist weniger Wasser verfügbar, land­wirtschaft­liche Erträge gehen zurück und der Anstieg der Meeres­spiegel beschleunigt sich. Um diese und weitere Probleme zu bewältigen und die Gletscher zu erhalten, soll das Gletscher-Jahr den internationalen Austausch bewährter Praktiken und Kenntnisse fördern. Die Regierung der Republik Tadschikistan, einem von der Gletscher­schmelze im Pamir stark betroffenen Land, will vom 29. Mai bis 1. Juni 2025 in der tad­schikischen Hauptstadt Duschanbe eine internationale Konferenz zur Erhaltung der Gletscher ausrichten. 

Inter­natio­nales Jahr des Friedens und des Vertrauens

In einer Zeit enormer geopolitischer Spannungen wird mit der UN-Reso­lution zum inter­nationalen Jahr des Friedens und Vertrauens 2025 die inter­nationale Gemeinschaft dazu aufgerufen, Konflikte durch integrativen Dialog und Verhandlungen zu lösen. Da Frieden ein Haupt­anliegen der Vereinten Nationen ist, soll ein solches inter­natio­nales Jahr des Friedens und des Vertrauens etwa alle fünf Jahre statt­finden. Damit soll eine Kultur des Friedens zwischen den Mitglied­staaten gefördert werden. Koordinierende UN-Institutionen des inter­nationalen Jahres 2025 sind die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissen­schaft und Kultur (UNESCO) und die Hauptabteilung Politische An­ge­legen­heiten und Friedens­konsoli­dierung (Department of Political and Peacebuilding Affairs - DPPA) des UN-Sekretariats. Hauptsponsor der Resolution für 2025 ist Turk­menistan, das dieses Jahr den 30. Jahrestag seiner dauerhaften Neutralität feiert. Als Höhepunkt des Jahres ist im Dezember ein internationales Forum für Frieden und Vertrauen in Aschgabat (Turk­menistan) geplant.

Inter­natio­nales Jahr der Genos­sen­schaften (IYC)

Mit dem Inter­nationalen Jahr der Genossen­schaften wollen die Vereinten Nationen den wichtigen Beitrag von Ge­nossen­schaften zur Umsetzung der Ziele für nach­haltige Entwicklung (Sustainable Development Goals - SDGs) aufzeigen. So zum Beispiel zur Armuts­bekämpfung, der Schaffung von Arbeitsplätzen und für gesellschaftlichen Zusammen­halt. Die Genos­senschafts­idee beinhaltet das Prinzip der ‚Hilfe durch Selbsthilfe‘: das Verfolgen eines wirtschaftlichen Ziels übersteigt die Leistungs­fähigkeit eines einzelnen Menschen, aber die selbstständige Existenz soll gewahrt werden. Das Jahr soll die Stärken genossen­schaftlicher Organisations­formen als alternative Formen der Geschäftstätigkeit hervorheben und die Schaffung geeigneter rechtlicher und politischer Rahmenbedingungen fördern. Gastgeber des IYC ist der Ausschuss für die Förderung des Genossen­schafts­wesens (Committee for the Promotion and Advance­ment of Cooperatives - COPAC), ein internationaler Zusammen­schluss unterschiedlicher öffentlicher und privater Institutionen.

Inter­natio­nales Jahr der Quanten­wissen­schaft und -techno­logie (IYQ)

Das Internationale Jahr der Quantenwissenschaft und -technologie (IYQ) soll das öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung der Quantenwissenschaft, ihrer Anwendungen und Auswirkungen stärken. Anlass dafür ist das 100-jährige Bestehen der Quanten­mechanik, die die Grundlage für ein physika­lisches Verständnis der Natur gelegt hat. Dutzende nationaler wissen­schaftlicher Gesell­schaften haben sich zusammen­gefunden, um das IYQ zu begehen. „Die Quanten­mechanik ist von zentraler Bedeutung für unser Verständnis des Universums – vom Verhalten sub­atomarer Teilchen bis zur Verteilung der Galaxien im Kosmos. Sie berührt in vielen technischen Lösungen unser tägliches Leben“, heißt es bei der Deutschen Physika­lischen Gesellschaft (DPG), die die Federführung für die Umsetzung des IYQ in Deutschland übernommen hat. Unter dem Motto „Quantum2025 – 100 Jahre sind erst der Anfang“ sollen in diesem Jahr verschiedenste Veranstaltungen und Aktivitäten stattfinden, darunter der World Quantum Day am 14. April 2025.

Auswertung inter­natio­naler Jahre

Wie erfolgreich internationale Jahre jeweils waren, wird auf unterschied­lichen Ebenen ausgewertet. So veröffentlichen die Vereinten Nationen mit ihren jeweils feder­führend involvierten Organi­sationen häufig Berichte, in denen sie Veranstaltungen, Maß­nahmen und Erfolge zusammen­fassen, Heraus­forderungen skizzieren und Empfehlungen abgeben. Zum Beispiel hat die Ernährungs- und Land­wirtschafts­organisation (Food and Agriculture Organization - FAO) über das inter­nationale Jahr der Hirse 2023 einen Abschlussbericht herausgegeben. Je nach Thema engagiert sich auch die Zivil­gesellschaft für eine kritische Bewertung. Bei Themen, die langfristige gesell­schaftliche oder politische Verände­rungen erfordern, muss auch der Erfolg über einen längeren Zeitraum hinweg gemessen werden, zum Beispiel anhand der Auswir­kungen internationaler Jahre auf die politische Agenda, der Änderungen in nationalen Ge­setz­gebun­gen oder neuer Kooperationen.

Christina Kamp


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