Globale Gerechtigkeit braucht Mut: Deutschlands Rolle in den UN
Donald Trump ist erneut Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Ein verurteilter Straftäter. Ein Mann, der die größte menschengemachte Katastrophe – die Klimakrise – leugnet. Und ein Mann, der bereits in seiner ersten Amtszeit internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen (UN) und die Weltbank diskreditiert und deren Arbeit behindert hat. Bereits am ersten Tag seiner zweiten Amtszeit setzte er einige seiner Ankündigungen aus dem Wahlkampf um: Er beschloss den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen und der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation – WHO). Inzwischen hat Präsident Trump auch die Mitgliedschaft der USA im UN-Menschenrechtsrat (Human Rights Council) aufgekündigt und die Zahlung aller US-Auslandshilfen eingestellt. Das hat schwerwiegende, globale Auswirkungen, auch für die Finanzierung verschiedener UN-Organisationen.
Trumps „America first“-Weg trifft die Welt in einer Situation, in der sie mit massiven Problemen konfrontiert ist: Kriege, globale Unsicherheit und wachsende soziale Ungleichheit fordern die internationale Gemeinschaft heraus. Deutschlands und Europas Antwort muss sein, die internationalen Institutionen zu stärken. Gerade jetzt müssen wir zeigen, dass wir an der Seite der Länder und Menschen stehen, die am stärksten betroffen sind. Dafür braucht es Einsatz, finanzielle Mittel und Reformen der UN. Nur so können Armut und die Auswirkungen der Klimakatastrophe wirksam bekämpft werden. Für uns Grüne stehen drei zentrale Maßnahmen im Mittelpunkt.
Die UN müssen handlungsfähiger werden
Seit fast 80 Jahren sind die Vereinten Nationen Motor für Frieden und Fortschritt. Doch dieser Motor braucht ein Update, um weiter zu funktionieren. Die Entscheidungsfindung im UN-Sicherheitsrat muss reformiert werden. Zu oft blockieren einzelne Veto-Mächte – allen voran Russland und China – Resolutionen, um eigene Interessen oder die ihrer Verbündeten zu schützen. Zudem sind die Staaten des Globalen Südens im UN-Sicherheitsrat stark unterrepräsentiert. Beides schmälert die Legitimität des Gremiums. Ein erster Schritt: Wir setzen uns für zwei ständige Sitze afrikanischer Staaten im Sicherheitsrat ein. Zudem unterstützen wir die stärkere Nutzung der Resolution 377 A ‚Uniting for Peace‘. Sie ermöglicht es der UN-Generalversammlung auf Antrag, sich mit Themen des UN-Sicherheitsrates zu befassen, wenn dieser blockiert ist, und eigene Resolutionen zu verabschieden. Deutschland und Europa müssen gerade jetzt noch mehr Verantwortung übernehmen. Das bedeutet, unser Engagement innerhalb der UN diplomatisch, finanziell und personell zu verstärken.
Stärkung des internationalen Rechts
Außerdem setzen wir uns für eine Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs (International Criminal Court - ICC) ein. Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen nicht straflos bleiben. Der Internationale Strafgerichtshof muss handlungsfähig bleiben – gegen Widerstände von autoritären Regierungen und Blockaden durch mächtige Staaten.
Als internationale Gemeinschaft tragen wir Verantwortung dafür, dass schwere Menschenrechtsverbrechen nicht straflos bleiben. Deswegen wollen wir die internationale Strafgerichtsbarkeit und das Völkerstrafrecht stärken und ihre Fortentwicklung aktiv vorantreiben. Wir stehen unverbrüchlich hinter dem Internationalen Strafgerichtshof und seinem Auftrag, Verantwortliche für Verbrechen gegen das humanitäre Völkerrecht und das Völkerstrafrecht zur Verantwortung zu ziehen.
Das internationale Finanzsystem muss gerechter werden
Viele der ärmsten Länder sind hoch verschuldet – und gleichzeitig besonders von der Klimakatastrophe betroffen. Überschuldung hindert sie daran, in Bildung, Gesundheitsversorgung und Klimaschutz zu investieren. Ein Großteil ihrer Einnahmen fließt in die Rückzahlung von Schulden und Zinsen. Ohne Schuldenerlasse bleiben sie in dieser Spirale gefangen. Derzeit gibt es jedoch keinen verbindlichen rechtlichen Rahmen für Staatsinsolvenzen. Es kommt also auf den guten Willen der Gläubiger an, ob es einen Schuldenerlass gibt. Während staatliche Gläubiger eher bereit sind, Schulden zu erlassen, weigern sich gewinnorientierte private Gläubiger oft, ihren Teil beizutragen. Das verhindert dringend notwendige Entlastungen und zwingt ärmere Länder dazu, weiterhin einen unverhältnismäßig hohen Preis für ihre Schulden zu zahlen. Wir brauchen ein internationales Staateninsolvenzverfahren, das klare und gerechte Regeln für den Schuldenerlass schafft. Es muss eine Einigung zwischen Schuldnerstaaten und ihren vielfältigen Gläubigern ermöglichen – darunter staatliche Akteure, private Investoren und multilaterale Institutionen.
Auch eine gerechte Besteuerung ist entscheidend für die Bewältigung globaler Krisen. Im Gegensatz zum Handel oder der Währungssysteme, die international einheitlich reguliert werden, gibt es aktuell einen Flickenteppich von mehr als 2.500 bilateralen Steuerabkommen. Das ermöglicht Steuerflucht und -vermeidung, insbesondere durch große multinationale Konzerne. Geld, das in den öffentlichen Kassen fehlt. Hier setzt die UN-Steuerrahmenkonvention an. Im Frühherbst 2024 sind die Terms of References für die Rahmenkonvention verabschiedet worden – Deutschland hat sich auf Geheiß des damaligen Finanzministers bei dieser Abstimmung enthalten. Bis Herbst 2026 wird die Konvention nun verhandelt. Sie soll Lösungen für Probleme wie grenzüberschreitende Steuerhinterziehung und Steuervermeidung liefern, die Besteuerung von Superreichen und großen Vermögen regeln, die internationale Unternehmensbesteuerung reformieren und Umwelt- und Finanztransaktionssteuern etablieren. Es ist äußerst wichtig, dass Deutschland in diesem Prozess eine engagierte und konstruktive Rolle spielt und sich für Transparenz und zivilgesellschaftliche Partizipation im Prozess einsetzt. Am Ende muss eine Konvention mit breitem Geltungsbereich stehen, die Besteuerungsrechte fair an arme und reiche Länder sowie die Steuerlast fair auf arme und reiche Menschen verteilt werden. So würde sie zu einer nachhaltigen globalen Entwicklung beitragen.
Mit Mut in die Zukunft
Die Welt steht vor gewaltigen Herausforderungen: Klimawandel, soziale Ungleichheit und geopolitische Spannungen prägen unsere Zeit. Doch wir haben die Möglichkeit, diese Herausforderungen aktiv anzugehen und unsere Zukunft zu gestalten. Deutschland kann und muss ein verlässlicher Partner innerhalb der UN sein. Das bedeutet: Die UN als Institutionen stärken, ein gerechtes Finanzsystem fördern und für faire Steuerpolitik eintreten. Die internationale Ordnung steht an einer Weggabelung. Folgen wir dem Pfad des Nationalismus und Egoismus – oder entscheiden wir uns für Kooperation und Solidarität? Auch wenn der zweite Weg aktuell steinig erscheint, so ist es doch der richtige und braucht jetzt unser aller geschlossenen und mutigen Willen.
Deborah Düring, außenpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen